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Rechtsfall lässt Serono abstürzen

Rechtsprobleme in den USA schicken die Serono-Aktien an der Börse auf rasante Talfahrt. Serono

Der Genfer Biotechnologiekonzern Serono hat am Freitag mit dem vorgelegten Quartalsverlust von 567,7 Mio. Dollar (670 Mio. Fr.) die Börse schockiert.

Ausschlaggebend sind Rückstellungen für einen Rechtsfall im Zusammenhang mit dem Aids-Medikament Serostim von 725 Mio. Dollar.

Ohne Sonderaufwendungen hätte Serono, das Unternehmen von America’s-Cup-Sieger Ernesto Bertarelli, im ersten Quartal 2005 einen Gewinn von 92,7 Mio. Dollar verzeichnet. Das sind knapp 12% weniger als in der Vorjahresperiode, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Analysten hatten im Schnitt etwa 120 Mio. Dollar Gewinn erwartet.

Der Umsatz stieg um 8% auf 601,4 Mio. Dollar. In Lokalwährungen betrug das Wachstum 4,4%. Der operative Verlust von belief sich auf 617,8 Mio. Dollar nach 115,1 Mio. Dollar Gewinn im Vergleichsquartal 2004.

Von Börse abgestraft

Der Taucher von Serono blieb an der Schweizer Börse nicht ohne Folgen: Der Kurs sackte am Freitag im Handelsverlauf zeitweise fast 9% ab und schloss am Abend rund 5,4% niedriger auf 794.50 Franken.

Boss hält an Zielen fest

Unter Ausschluss der aussergewöhnlichen Belastungen kam Serono auf einen Betriebsgewinn von 107,2 Mio. Dollar, 6,9% weniger als im Vorjahresquartal.

“Serono hält an seinen Zielen für laufende Geschäftsjahr fest”, erklärte der Chef des Unternehmens, Ernesto Bertarelli. Für 2005 rechnet Serono mit einem Zuwachs der Produkteverkäufe um 10 bis 15% und einem Reingewinn (ohne Sonderrückstellungen) von 520 bis 540 Mio. Dollar.

Überteuerte Preise für Serostim…

Die Rückstellungen wegen Serostim seien einmalig, sagte Finanzchef Stuart Grant an einer Telefonkonferenz. Die US-Staatsanwaltschaft ermittelt bei dem Medikament, das gegen die Abmagerung bei Aids-Kranken eingesetzt wird, wegen möglicherweise überteuerten Preisen von US-Grosshändlern und gewissen kommerziellen Praktiken.

… und Betrüge?

Apotheken hatten offenbar das verschriebene Medikament nicht wirklich ausgeliefert. Die Rezepte für die Kostenerstattung wurde aber bei den staatlichen Krankenkassen Medicare et Medicaid zur Kostenrückerstattung eingereicht. Anschliessend wurde das Geld zwischen Apotheke und Patient geteilt, lautet der Vorwurf.

Langwierige Untersuchungen

Serono hatte erstmals im Frühling 2002 über die Untersuchungen in den USA berichtet. Die US-Hauptfiliale Serono Inc. hatte 2001 Dokumente über das Medikament Serostim bis ins Jahr 1992 zurück der Staatsanwaltschaft Boston abliefern müssen.

Auch andere Unternehmen wie Pfizer und Abott hätten ähnliche Vorladungen erhalten, sagte Grant. Die Pharmaindustrie sei sehr besorgt.

Umsatzsteigerung wegen Rebif

Serono habe bei den Ermittlungen kooperiert und werde dies auch in Zukunft tun. “Abgesehen von diesem Sonderaufwand entspricht das Resultat des ersten Quartals unseren Zielvorgaben”, erklärte Grant weiter.

Für die Umsatzsteigerung ist vor allem der nach wie vor steigende Absatz des Multiple Sklerose-Medikaments Rebif in den USA verantwortlich. Der Absatz des Serono-Medikaments befindet sich dort auf einem historischen Höchststand.

Auch wenn der Betrag für die Rückstellung als hoch bezeichnet wurde, strafte die Börse die Serono-Aktie ab. Am Morgen verlor der SMI-Titel bis 8,8% und schloss 5,4% schwächer auf 794,5 Fr.. Den Aktionären erklärte Bertarelli, Serono werde möglicherweise noch 2005 ein weiteres Aktienrückkaufprogramm lancieren.

swissinfo und Agenturen

Serono mit Sitz in Genf ist das führende Biotech-Unternehmen Europas.
Der Jahresumsatz 2004 betrug 2,5 Mrd. Dollar.
Serono-Boss Ernesto Bertarelli rechnet für 2005 mit einem Reingewinn von 520 bis 540 Mio. und einem Umsatz von 2,6 Mrd. Dollar.

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