Resignierter Aktionärssupport für UBS-Spitze
Die UBS-Aktionäre haben, mehr resigniert als verärgert, ihre neue Führungs-Spitze abgesegnet - trotz erneuten Milliardenverlusten und Massenabbau an Stellen. Ein gewisser Sarkasmus lag über der Stimmung an der Generalversammlung.
An der – für einmal – ordentlichen Generalversammlung der UBS herrschte Massenbetrieb vor. Rund 5000 Aktionärinnen und Aktionäre fanden sich am Mittwoch vormittag in Zürich-Oerlikon im Hallenstadion ein.
Sie alle kamen, um den neuen «Patron» Oswald Grübel zu sehen. Grübel, der ehemalige Aufräumer bei Credit Suisse, hat vorderhand seinem Rentnerdasein entsagt, um die UBS wieder auf Vordermann zu bringen – so zumindest begründeten viele Aktionäre ihre Präsenz.
Denn eigentlich waren sie davon überzeugt, trotz ihrem Stimmrecht überhaupt keinen Einfluss auf das Geschehen bei der UBS ausüben zu können.
Wie immer war eine lange Liste an Rednern angesagt. Hätten alle nur während der erlaubten fünf Minuten gesprochen, «hätte dies sieben bis acht Stunden Debatte ergeben», wie der scheidende VR-Präsident und GV-Vorsitzende Peter Kurer ausrechnete.
Vertrauen in den neuen Chef
«Es sind immer dieselben, die kommen und hoffen, mit immer denselben Reden vielleicht doch noch vom Fernsehen übertragen zu werden», sagte Jacques Tinguely aus Freiburg gegenüber swissinfo. Er verliess den Ort des Geschehens noch vor den Wahlen, weil er fand, der Anlass sei schlecht organisiert.
Wie bei vielen anderen Aktionären kam auch bei ihm eine gewisse Resignation auf. Zwar vertraut er dem neuen Chef Oswald Grübel. Er hat auch keine Einwände gegen die Kader-Entlöhnungen. «Falls sie ihre Arbeit gut machen, sollen sie doch verdienen, soviel sie wollen – finde ich.»
Mit dieser Meinung blieb der Freiburger aber relativ allein. Denn die Entlöhnung, die Boni, sind ein «immer sensibler Punkt», sagte Peter Kurer. So hat die Lohnfrage die Redner mehr beschäftigt als die Entlassungen, die kurz vor der Eröffnung der GV bekannt geworden waren. Denn die Redner hatten ihre Ansprachen ja vorbereitet.
Kein oberer Plafond
Wie die Jahresrechnung wurde auch das neue Entlöhnungs-System akzeptiert, wenn auch nur in Form einer Konsultativbefragung, und trotz vieler Kritiken. Der Verwaltungsrat hatte ein System vorgeschlagen, das sowohl Bonus wie Malus vorsieht, und Partizipation in Aktienform – aber ohne Angabe eines oberen Plafonds.
Dieses Manko hat dann auch die Ethos-Stiftung bewogen, das neue System nicht zu akzeptieren.
Viele Aktionäre ärgerten sich ob der «Abhängigkeit vom Geld» der ausgedienten UBS-Führungsrige, die ja eigentlich das «Debakel» verbrochen habe – ein Vorwurf, der immer wieder zu hören war.
Ein Teil der Redner schien gar ähnlich grossen Ärger gegenüber der gerade abgewählten Führungsrige zu empfinden wie vor einem Jahr, als sie sich über Marcel Ospel und Marcel Rohner ärgerten.
Doch die Resignation verdrängte auch diese Gefühle. Interventionen mit viel Emotionen, begleitet von Applaus oder Pfiffen, gab es praktisch keine mehr. «Die Krise ist global, was können wir dagegen tun?», fragt sich eine aus Lausanne angereiste Aktionärin.
Sie sei, so verrät sie hinter den Kulissen des Hallenstadions, eigentlich «der Ambiance wegen» gekommen:
«Die Jahre, als man Kommissionen von 100’000 Franken pro unterschriebenen Vertrag erwarten konnte, sind ein für alle mal vorbei», sagt sie.
«Unsozialste Bank der Schweiz»
Die Abkürzung UBS hat sich als dankbare Quelle sprachlicher Inspirationen erwiesen: «Versuchen Sie, es nicht zu sein – UBS, die ‹Unsozialste Bank von Switzerland'», reimte ein Neunzigjähriger zusammen.
Grübel trug zwar zweifelsohne zum Vertrauen von zahlreichen Aktionären bei, was aber noch keinen Enthusisasmus aufkommen liess. «Neue Besen kehren besser, aber nur die Alten wissen, wo in den Ecken der Dreck lagert», liess sich ein Churer Aktionär vernehmen.
Er beklagte sich, an der GV um eine Flasche Mineralwasche quasi gebettelt haben zu müssen – während die Boni ohne Wimperzucken^verteilt würden.
Was Kaspar Villiger betrifft, gestand ihm der Bündner Aktionär seine Kompetenzen problemlos zu: «Aber er ist älter als ich», sagte der selbst nicht mehr ganz Junge. Und – sich an den Kopf tippend: «ich weiss, dass es da oben immer weniger wird, obschon man es nicht zugeben will».
Grübel als Geisel?
Ein weiterer Aktionär, auch er ein älteres Semester wie die allermeisten im Saal, zieht die Schultern hoch: «Wir können nur hoffen, dass es besser wird. Grübel wird die Welt nicht ändern, aber das Vertrauen muss er behalten.»
Ein weiterer Aktionär rief den neuen UBS-CEO gar zur Vorsicht auf: «In Frankreich werden neuerdings die Direktoren von Unternehmen von ihren Mitarbeitern als Geisel genommen. Seien Sie deshalb vorsichtig, Herr Grübel!»
swissinfo, Ariane Gigon, Zürich
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander Künzle)
Schwerpunkt des Abbaus von weltweit 8700 Stellen wird in den USA und der Schweiz liegen.
Dies, weil die UBS in diesen beiden Ländern am meisten Personal beschäftigt.
Betroffen sind vor allem Jobs im so genannten Mid- und Back-Office, also in unterstützenden Funktionen und weniger bei Positionen mit direktem Kundenkontakt.
Rund 80% des Abbaus von 2500 Stellen in der Schweiz betreffen den Bereich Wealth Management & Swiss Bank.
Innerhalb der Schweiz liegt der Schwerpunkt des Abbaus in Zürich, wo rund 16’000 der insgesamt noch 25’800 Schweizer Angestellten beschäftigt sind.
Die Wiedergewinnung des verlorenen Vertrauens sei die wichtigste Aufgabe der UBS, sagte der frühere Finanzminister und neue UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger: «Dass der Kunde und nicht der Bonus im Zentrum steht, muss uns allen wieder in Fleisch und Blut übergehen.»
Villiger brach sodann eine Lanze für das Offshore-Banking. Der durch den Druck vieler Regierungen auf die Schweiz erweckte Eindruck, es handle sich dabei um etwas Verwerfliches, treffe nicht zu.
«Ich behaupte, dass die Schweiz heute einer der saubersten Finanzplätze überhaupt ist», sagte Villiger zur Kontroverse um das Bankgeheimnis. Es sei aber ebenso legitim, wenn andere Länder die Steuervermeidung bekämpfen wollten.
Villiger ging auch auf den Zielkonflikt der staatlich gestützten Grossbank ein und sagte, die Steuerzahler hätten ein Recht darauf, dass mit ihrem Geld haushälterisch umgegangen werde. Aber die Bank müsse gleichzeitig in einem marktwirtschaftlichen Umfeld konkurrenzfähig bleiben.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch