Rindfleisch: Verteiler verdienen, Bauern klagen
Beim Rindfleisch hat die Bruttomarge für Verarbeiter und Verteiler dieses Jahr ihren höchsten Stand seit über elf Jahren erreicht. Die Bauern klagen andererseits über derart tiefe Preise für ihr Rindvieh, dass sie die Produktionskosten nicht mehr decken.
Was die Produzenten längst kritisierten, wurde am Freitag vom Marktbericht des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) bestätigt. Mit einem inflationsbereinigten Indexstand von 107 im Januar und 128 im Juli 2001 (1990/92 = 100) kletterte die Marge auf frischem Rindfleisch auf sein Elfjahreshoch.
Diesen Anstieg findet das BLW umso bemerkenswerter, als die Preiskontrollstelle bereits in der Ausgangsperiode 1990/92 konstatierte, die Marge habe das «handelsübliche Mass um einiges überstiegen».
Auf den Konsumentenfranken gerechnet entfielen nach den BLW-Zahlen beim Rindfleisch anfangs Juli 41 Rappen auf den Landwirt. Einen Monat zuvor waren es noch 43 gewesen. Beim Schweine- und Kalbfleisch war die Entwicklung gegenläufig. Vom für Schwein gezahlten Franken erhielt der Bauer 51 Rappen (Vormonat: 48), für Kalb 50 (48).
Millionenverluste für Produzenten
Jean Girardin, Mitarbeiter bei der Sektion Marktbeobachtung im BLW, schätzt, dass bei den momentanen Margen die Produzenten mehrere zehn Millionen Franken im Jahr verlieren, da die Preissenkungen für Rind nicht den Konsumenten weitergegeben werden. Nach heutiger Sicht seien die Klagen der Bauern berechtigt.
Als Indiz wertet Girardin auch den Gewinnsprung (+ 137%) bei der Grossmetzgerei Bell im ersten Halbjahr.
SBV: Margen unzulässig erhöht
Der Schweizerische Bauernverband (SBV) beklagt in einem Communiqué, trotz sehr tiefer Schlachtviehpreise seien die Fleischpreise unverändert.
Deshalb liegt für ihn der Verdacht nahe, dass die Fleischvermarktung zur Kompensation der Umsatzeinbussen in den beiden BSE-Krisen nach März 1996 und November 2000 ihre Margen über Gebühr erhöhte. Um die Marktverhältnisse zu stabilisieren fordert der SBV Massnahmen.
Preiszerfall Schuld der Bauern
Jean Müller von der Metzger-Treuhand weist den Vorwurf der Bauern zurück. Möglich sei, dass sich verschiedene Metzger für das Jahr 2000 mit seinen hohen Schlachtviehpreisen schadlos hielten, gibt er zu. Im ersten Halbjahr 2000 nämlich seien die Rinderpreise 34,7% über dem allerdings sehr niederen Niveau der Vorjahresperiode gelegen.
Genau der Preisanstieg sei für die aktuelle Situation verantwortlich. Wegen der guten Preise hätten die Bauern ihre Ställe mit Rindern gefüllt.
Bei generell sinkendem allgemeinem Fleischkonsum und besonders deutlich abnehmendem Rindfleischverzehr sei ein Überangebot entstanden. Bei geringerem Umsatz habe der Metzger andererseits gleichbleibende oder sogar steigende Kosten.
swissinfo und Agenturen
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