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Rosige Zukunft für den Schweizer Film

Hebt die Schweizer Filmindustrie ab? Szene aus Vitus, dem erfolgreichsten Film 2005. pardo.ch

Die Qualität der Schweizer Filme ist besser als je zuvor, sagen Experten. Bester Beweis: Der Schweizer Film "Das Fräulein" gewann den Goldenen Leoparden in Locarno.

Diese Steigerung der Qualität führte dazu, dass der Anteil von Schweizer Filmen auf dem nationalen Markt im ersten Quartal 2006 nie da gewesene 16% erreichte. Ganze 6% mehr als 2005.

«Im Moment erfreut sich der Schweizer Film im Inland grosser Beliebtheit. Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass er im Ausland ebenso wahrgenommen wird», sagt Micha Schiwow, Direktor von Swiss Films, dem Verband der Schweizer Film-Produzenten und –Produzentinnen.

«Das ist nicht einfach, da in der Schweiz erfolgreiche Filme mit den Auslandmärkten nicht abgestimmt werden.»

Von den vier Schweizer Filmen, welche im Inland mehr als 100’00 Eintritte verzeichneten (Vitus, Mein Name ist Eugen, Grounding und Handyman), sei nur Vitus im Ausland ein Erfolg geworden.

Nadia Dresti, Verantwortliche für die Filmindustrie, glaubt auch, dass der Schweizer Film «gesünder ist als je zuvor».

«Wir hatten Jahre, in denen das Schweizer Kino kommerziell kaum vorhanden war.» Aber in diesem Jahr hätten alle über den Wettbewerbsfilm und Gewinner des Leoparden «Das Fräulein» von Andrea Staka gesprochen, sagt Dresti gegenüber swissinfo.

«Auch ich sandte einen Agenten, um ihn anzuschauen. Nicht weil es ein Schweizer Film ist, sondern weil es ein guter Film ist.»

Pioniere

Es gibt diverse Erklärungen, warum der Schweizer Film nur langsam kommerziell erfolgreicher wird. Etliche denken, dass die mehrsprachige Schweiz eine reiche kulturelle Vielfalt hinterlässt. Andere sehen gerade darin einen stark segmentierten Markt. Ein Film wie «Mein Name ist Eugen» interessiert die Welschen möglicherweise weniger.

«Das Sprachenproblem ist kein Nachteil», sagt Schiwow. «Ich denke, wir sind in Europa Pioniere, weil wir in der Schweiz gewohnt sind, Filme mit Untertiteln zu schauen.»

«Hier in Locarno werden die Filme in unterschiedlichen Sprachen gezeigt, mit verschiedenen Untertiteln und das wird absolut akzeptiert.» Schiwow denkt, dass dies ein «Traum» sein könne. Auch für das übrige Europa, wo das sicher zur Zeit nicht der Fall sei.

«In Frankreich ist es beispielsweise unvorstellbar, einen Film mit englischen Untertiteln zu zeigen. In Deutschland werden englische Untertitel akzeptiert, nicht aber französische.

Dresti denkt aber, dass Untertitel die Chancen eines Films nicht mindern. «Ich würde nicht sagen, dass es eine Frage der Sprache ist, eher des Stils und des Inhaltes», sagt sie und verweist auf den deutschen Film «Good Bye Lenin», der 2004 zum weltweiten Erfolg wurde.

Integration

An einer Pressekonferenz am Freitag wurde Aki Kaurismäki – dem die diesjährige Retrospektive in Locarno gewidmet ist – von seinem finnischen Freund und Regisseur Peter von Bagh scherzhaft gefragt, wie er sich ausserhalb der EU fühle.

Kaurismäki antwortet: «Ich bin glücklich ausserhalb dieser Mini-Bar zu sein.» Dieser Ausspruch wird wohl nicht als grosse geopolitische Weitsicht in die Annalen eingehen, zeigt aber das Problem, das viele hier als negativen Punkt für die Schweizer Filmindustrie betrachten.

Seit dem 1. April können Schweizer Filmemacher am Medienprogramm der EU teilnehmen, das darauf hinzielt, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen audiovisuellen Industrie zu stärken. Unterstützt werden Entwicklung, Vertrieb und Promotion.

«Der Vorteil an diesem Programm teilzunehmen,» so Schiwow, «besteht darin, dass wir uns besser mit andern Ländern verlinken und vernetzen können. So wird die Zahl der Co-Produktionen zunehmen. Bis anhin war es nie besonders attraktiv, einen Film zusammen mit der Schweiz zu machen, weil hier niemand durch das europäische Förderprogramm unterstützt wurde.»

«Andererseits, wenn es um Vertrieb oder Marketing geht, dann frage ich mich schon, ob unsere Filme stark oder populär genug sind, um von der finanziellen Unterstützung zu profitieren.»

Laut Schiwow müssen die Filme in acht europäischen Ländern zur gleichen Zeit laufen, damit sie in den Genuss des Medien-Förderprogramms kommen. «Keiner unserer Filme tut das. Vitus lief weltweit in 15 Ländern, die Hälfte davon in Europa – aber nicht zur selben Zeit.»

swissinfo, Thomas Stephens in Locarno
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

2005 kamen aus der Schweiz 16 abendfüllende Spielfilme, 34 Dokumentarfilme und 209 Kurzfilme (davon 40 Animationsfilme).

In die 323 Schweizer Kinos (537 Leinwände) kamen im vergangenen Jahr 383 Filme. Davon 49 aus der Schweiz, 99 aus den USA und 172 aus Europa. Der Schweizer Marktanteil beträgt 6,58%.

14,9 Mio. Eintrittskarten wurden verkauft (durchschnittlich 2 pro Einwohner), was Einnahmen von 314,3 Mio. Franken brachte.

Zwischen 1995 und 2004 brachten es zwei Drittel der Schweizer Filme in Locarno auf bis 5000 Zuschauer. Ein Drittel sogar auf weniger als 1500. Auf der Piazza Grande in Locarno finden 8000 Leute Platz.

Das Internationale Filmfestival in Locarno wurde 1946 gegründet. Es findet immer im August statt und wird von rund 90’000 Personen und rund 4000 Profis besucht. Die wichtigste Auszeichnung ist der Goldene Leopard.

Die Schweizer Filmförderung auf allen Stufen hängt vom Kredit ab, den das Parlament bewilligt. Von 2004 – 2007 beträgt er rund 23 Mio. Franken.

Der Hauptanteil, nämlich 12 – 15 Mio. Franken, werden direkt durch die Sektion Film des Bundesamtes für Kultur gesprochen.

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