Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Rückkehr zur Normalität im südlichen Manhattan

Schweizer Grossunternehmen mit Präsenz in New York waren von den Anschlägen meist nur indirekt betroffen. Einzig die Credit Suisse Group (CSG) und Temenos bezogen neue Büros.

Die vor Jahresfrist vorhergesagte allgemeine Abwanderung aus New York ist ausgeblieben.

Die direkten Auswirkungen der Anschläge auf das Wirtschaftsgefüge im südlichen Manhattan sind gravierend. Laut Angaben des Amtes des New Yorker Bürgermeisters wurden bei den Attentaten eine Fläche von 1,9 Mio. Quadratmeter Büro- und Arbeitsraum vernichtet.

Dies entspricht einer Fläche von über 9000 Tennisplätzen. 1,2 Mio. Quadratmeter wurden allein in den sechs Gebäuden des WTC-Komplexes zerstört.

Nur 11 Prozent der Firmen weggezogen

Nach einer Studie der Interessenvereinigung «Downtown Alliance» meldeten 68 Prozent der Unternehmen der betroffenen Gegend herbe Verluste. 30 Prozent der Firmen mussten Mitarbeiter entlassen. Dadurch stieg der Anteil freier, kommerziell nutzbarer Fläche trotz der enormen Vernichtung von Büroraum von 6,1 Prozent auf 14,1 Prozent.

Der befürchtete Exodus traf aber gemäss Studie nicht ein. Nur 11 Prozent der Unternehmen seien aus Downtown weggezogen. Viele Organisationen hätten sich als höchst widerstandsfähig erwiesen.

Eine Umfrage unter den in New York ansässigen Schweizer Grossunternehmen zeigt, dass sie räumlich meist nur am Rande von den Attentaten betroffen waren. Dies deshalb, weil sie Downtown Manhattan bereits in früheren Jahren Richtung Midtown Manhattan verlassen hatten oder im Begriff waren, es zu tun.

CSG mit Glück im Unglück

Als letzte zog die Credit Suisse Group (CSG) um. Der geplante Wechsel in neue Büros an der Madison und Park Avenue in Midtown war weit gediehen, als der Süden Manhattan in der Wolke aus Schutt und Staub verschwand.

Die Credit Suisse First Boston (CSFB) musste am 11. September 2001 rund 800 Angestellte aus einem Bürogebäude in unmittelbarer Nähe der Twin Towers evakuieren. Vorübergehend wurden sie in der CSFB-Zentrale in Midtown untergebracht.

Doch schon bald nach den Attentaten waren die neuen Büros in Midtown bezugsbereit. «Den neuen Geschäftsräumen musste glücklicherweise nur noch der letzte Schliff verpasst werden, bevor sie bezogen werden konnten», erklärte CSG-Sprecher Paul Rimmer.

Die andere Schweizer Grossbank, die UBS, war bereits früher umgezogen. Ihre wichtigsten Büros befinden sich an der Park Avenue im Bereich der 49. und 52. Strasse. Auch die 2000 neu akquirierte PaineWebber war mit ihren Angestellten bereits in Midtown ansässig.

Ein Grossteil der Bürofläche der Investmentbank UBS Warburg wurde schon Mitte der 90-er Jahre aus New York ausgelagert. Damit folgte die Bank einem seit Jahren beobachteten Trend: Grosse Einheiten der Finanzindustrie sowie gewerblich-industrielle Produktionsstätten verlassen immer häufiger die Stadtmitte.

Trend weg von der Stadtmitte

Der UBS Warburg-Tradingfloor – mit fast 10’000 Quadratmetern der grösste der Welt – befindet sich seit 1997 in Stamford im Bundesstaat Connecticut.

Am härtesten traf es unter den Schweizer Firmen die Banksoftware- Spezialistin Temenos. Die Unternehmung mit Hauptsitz Genf beschäftigte in den Twin Towers 58 Personen, die alle rechtzeitig evakuiert werden konnten. In der Zwischenzeit seien neue Büroräumlichkeiten bezogen worden, heisst es bei Temenos.

Der befürchtete Exodus aus Downtown wurde von den Behörden aktiv bekämpft. Die Stadt und der Staat New York unternahmen verschiedene Anstrengungen, in die Umgebung weggezogene Unternehmen wieder nach New York City zurück zu holen.

Wiederaufbauprogramm

700 Mio. Dollar stehen aus der Bundeskasse für «wirtschaftlichen und belebenden Wiederaufbau» zur Verfügung. Weitere 700 Mio. Dollar vergeben die Stadt und der Staat als wirtschaftlichen Anreiz an bedürftige Unternehmen in Downtown.

Auch privater Wohnraum nahe Ground Zero wird subventioniert. Die «Lower Manhattan Development Corporation» (LMDC) stellte 300 Mio. Dollar für insgesamt 50’000 betroffene Wohnungen zur Verfügung. Betroffene Mieter oder Eigentümer, die «downtown» bleiben, erhalten durchschnittlich 1200 Dollar monatlich.

Die Bemühungen der Behörden zeigen nun auch Wirkung. So konnte im März 2002 die Rückkehr des Finanzriesen Merrill Lynch in die Gegend um Ground Zero gefeiert werden.

swissinfo und Thomas Zimmermann (sda)

keyfacts

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft