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Russische Regierung interveniert im Fall Sulzer

Der russische Milliardär Vekselberg erhält Unterstützung aus Moskau.

Im Streit beim Industriekonzern Sulzer hat sich die russische Regierung eingeschaltet. Sie setzt sich in einem Brief an Bundesrätin Leuthard für die Interessen des russischen Milliardärs Vekselberg ein.

Der Sulzer-Verwaltungsrat weigert sich bislang aber, Vekselbergs Beteiligung ins Aktienregister einzutragen.

Der Brief des inzwischen abgelösten Wirtschaftsministers German Gref sei beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) eingegangen, sagte Sprecherin Evelyn Kobelt auf Anfrage zu Berichten in der «NZZ am Sonntag» und der «SonntagsZeitung». Gref musste vergangene Woche im Rahmen einer Regierungsumbildung abtreten.

Zum Inhalt von Grefs Schreiben wollte sich Kobelt nicht äussern. Briefe ausländischer Regierungen würden beantwortet, aber nicht öffentlich gemacht, sagte sie. Gemäss den Zeitungsberichten drohte Gref darin mit Massnahmen gegen Schweizer Unternehmen in Russland, sollte Vekselberg nicht bald als Sulzer-Aktionär akzeptiert werden.

Beteiligung heimlich aufgebaut

Der Sulzer-Verwaltungsrat weigert sich bislang aber hartnäckig, Vekselbergs Beteiligung ins Aktienregister einzutragen. Vekselberg hält über die Beteiligungsgesellschaft Everest 21% der Sulzer-Namenaktien sowie Call-Optionen, die zum Erwerb von weiteren 10,4% berechtigen.

Sulzers Weigerung geht auf die undurchsichtigen Vorgänge beim Aufbau der Beteiligung zurück: Im April hatte Everest – damals je zur Hälfte von Vekselberg und der Beteiligungsgesellschaft Victory von Ronny Pecik und Georg Stumpf kontrolliert – von einem Tag auf den anderen einen Anteil von fast einem Drittel an Sulzer erworben.

Die Bankenkommission untersucht

Wie diese Beteiligung aufgebaut werden konnte, ohne das Überschreiten der Schwellen von 5%, 10% und 20% zu kommunizieren, beschäftigt seither die Eidgenössische Bankenkommission (EBK). Die Aufsichtsbehörde untersucht, ob Meldepflichten verletzt wurden.

Am 20. August 2007 – just am Abend vor der Veröffentlichung des Sulzer-Halbjahresabschlusses – erwarb Vekselberg von Pecik und Stumpf deren 50-prozentigen Anteil von Victory an Everest und übernahm somit die alleinige Kontrolle über die Sulzer-Beteiligung. Dies änderte aber nichts an der Weigerung des Unternehmens, das Paket ins Aktienregister einzutragen.

Es fehlten noch «gewisse Informationen von Everest», sagte Sulzer-Chef Ton Büchner bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am 21. August, ohne konkreter zu werden. Gemäss Informationen der «NZZ am Sonntag» und der «SonntagsZeitung» will Sulzer vor einem Entscheid das Ergebnis der EBK-Untersuchung abwarten.

swissinfo und Agenturen

Nach Schweizer Börsenrecht muss der Kauf von 5% oder mehr der Aktien einer kotierten Firma gemeldet werden. Eine Limite von 5% gilt auch für Optionen sowie für alle weiteren Zukäufe, in Schritten von jeweils 5%.
Umgehen kann man diese Meldepflicht bisher mit den Barauszahlungs-Optionen, die nicht meldepflichtig sind. Solche Optionen sind Verträge, die gegen Bargeld oder Aktien umgetauscht werden können.
Um solche Schlupflöcher zu stopfen und für mehr Transparenz zu sorgen, soll das Börsengesetz revidiert werden.
Die EBK plant zudem eine dringliche Revision der Börsenverordnung, um auch Optionen der Meldepflicht zu unterstellen.

Sulzer hat den Gewinn im ersten Halbjahr 2007 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um 26% auf 131,8 Mio. Fr. gesteigert.

Der Betriebsgewinn des Konzerns schnellte um 30,2% auf 177,4 Mio. Fr. Der Umsatz legte um 23,7% auf 1,6 Mrd. Franken zu.

Sulzer erhielt Aufträge im Volumen von 2,1 Mrd. Fr., 28,9% mehr als ein Jahr zuvor.

Alle vier Konzern-Divisionen steigerten ihre Rentabilität deutlich. Sie bauten ihren Betriebsgewinn insgesamt um 45,9% auf 188,3 Mio. Fr. aus, was einer Umsatzrendite von 11,4% entspricht.

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