Saia-Burgess: Mit Inseraten gegen Japaner
Gegen eine unfreundliche Übernahme durch die japanische Sumida ergreift der Auto- und Industriezulieferer Saia-Burgess die Flucht nach vorne.
In einem ganzseitigen Zeitungsinserat kritisiert die Konzernspitze den «obskuren Angriff». Sumida unterbreitete ihr Übernahme-Angebot am 22. Juli.
Zudem strich die Spitze des Zuliefer-Unternehmens aus Murten, Kanton Freiburg, seinen bewährten Schweizer Charakter hervor. Immer mehr Schweizer Gesellschaften gerieten ins Visier ausländischer Spekulanten, die nur aufs schnelle Geld aus seien und keine langfristigen Investitionen planten, schrieb Saia-Burgess in einem mit «Pas comme ça!» übertitelten Inserat in der Westschweizer Wirtschaftszeitung «L’Agefi».
«So nicht!», wird die Überschrift in den am Wochenende in der Deutschschweizer Presse geschalteten Inseraten lauten. Am 1. August 2005 strecke der japanische Sumida-Konzern seine Hand mit einem feindlichen Kaufangebot nach Saia-Burgess aus.
«Werden unsere Schweizer Unternehmen in naher Zukunft vom Ausland aus geleitet?» fragte die Saia-Burgess, die multinational operiert, ihren Sitz aber in Murten hat.
Sie nannte nochmals die Argumente, die nach Meinung der Konzernspitze gegen eine Übernahme durch Sumida sprechen, und räumte ein, dass das letzte Wort die Aktionäre haben.
Sumida hatte ihre Übernahmeofferte am 22. Juli unterbreitet.
Offerte «ohne industrielle Logik»
Sumida bietet 950 Franken pro Aktie und verspricht, sich nicht in die Führung von Saia-Burgess einzumischen. Doch das Murtener Unternehmen lehnt die Übernahmeofferte ab, denn die Avancen der Japaner seien obskur, wenig glaubhaft und entbehrten einer industriellen Logik, wie es in dem Inserat heisst.
Die Argumentation des 1989 aus der Fusion der Schweizer SAIA mit der britischen Burgess hervorgegangenen Elektronikunternehmen entspricht ziemlich genau derjenigen von Leica-Geosystems, deren Verwaltungsrat diese Woche erst nach einer Aufbesserung des Preises um 15% auf eine Übernahmeangebot einstieg.
Gespräche auch mit anderen Käufern
Auch Saia-Burgess führt Gespräche mit potentiellen anderen Käufern, wie Konzernsprecherin Valeria Poretti-Rezzonico sagte. Namen wollte sie aber nicht nennen.
Der Kampf um den Schrittmotoren-Hersteller zieht sich zurzeit in die Länge. Die Angebotsfrist von Sumida verschiebt sich wohl um mindestens zehn Tage, da zunächst ein juristischer Streit um die von den Japanern verlangte Unternehmensprüfung («due diligence») entschieden werden muss.
Die Karenzfrist beträgt üblicherweise zehn Börsentage. Gemäss Übernahmekommission wird sie nun verlängert, bis die Verfügung der Eidgenössischen Börsenkommission (EBK) beziehungsweise ein allfälliger Entscheid des Bundesgerichts in Kraft getreten ist.
Anleger schützen
Diese Verlängerung erfolge im Interesse der Anleger, unterstreicht die Kommission. Diese müssten Klarheit über die Gesetzmässigkeit der Angebotsbedingungen haben.
Die von Sumida angekündigte Angebotsfrist vom 5. August bis 1. September 2005 muss unter diesen Umständen verschoben werden. Nach Angaben von Saia-Burgess verzögert sich die Angebotsfrist «auf unbestimmte Zeit.»
Neuer Fahrplan
Der Verwaltungsrat von Saia-Burgess beschloss unterdessen, die auf 30. August angekündigte ausserordentliche Generalversammlung zu verschieben. Ein neuer Termin werde «nach Massgabe des laufenden Verfahrens» festgelegt, teilte das Unternehmen mit.
Bei der Übernahmekommission wurde zudem ein Gesuch um Fristerstreckung für die Publikation des Verwaltungsberichts eingereicht. Nach dem bisherigen Zeitplan hätte der Bericht bis spätestens 11. August veröffentlicht werden müssen.
Fairer Preis
Im Übernahmekampf um die Murtener Saia-Burgess hat die japanische Sumida am Mittwoch versucht, die Wogen zu glätten und den Verzicht auf die Einmischung ins Management der Firma angekündigt.
Die Führungsspitze des Murtener Unternehmens um Konzernchef Daniel Hirschi und Verwaltungsratspräsident Richard Flury hatte die Übernahmeofferte in Höhe von 950 Franken bisher als zu tief abgelehnt.
Die vor einer Woche formell aufgelegte Offerte wurde von Sumida-Chef Shigeyuki Yawata am Mittwoch weiterhin als fairer Preis bezeichnet. Unter dem Titel Prinzipien der Partnerschaft versuchte er aber, Bedenken in Bezug auf die Übernahme zu beseitigen.
swissinfo und Agenturen
Saia-Burgess wurde 1920 gegründet.
Nettogewinn 2004: 26,3 Mio Franken.
Umsatz 2004: 568,4 Mio. Franken.
Ende 2004 beschäftigte Saia Burgess 3630 Personen, davon 600 in Murten.
1998 wurde das Unternehmen an der Schweizer Börse kotiert.
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