«Schade um meine getrockneten Crevetten»
Seit dem 1. Juli dürfen Passagiere, die aus Ländern ausserhalb der EU zurückkommen, keine Produkte tierischer Herkunft mitbringen.
Das wissen nicht alle und deshalb müssen die Zöllner jeden Tag «Andenken» im Ausmass von mehreren Dutzend Kilos beschlagnahmen.
«Konfiskate, BVET, 2» (Konfisziert, Bundesamt für Veterinärwesen), steht auf dem Container, an dem die Reisenden mit schweren Koffern und schweren Augendeckeln vorbeigehen. Es ist 07.00 an einem Donnerstag Morgen am Flughafen Zürich-Kloten.
Die Flugzeuge aus Asien reihen sich eines ans andere. Aus ihren Rümpfen strömen Passagiere, von der langen Reise mehr oder weniger deutlich gezeichnet. Den Container beachten die Wenigsten, einige von ihnen werden ihn bald kennen lernen.
Hier verstauen die Zöllner nämlich Würste, Fisch, Fleisch oder Käse, die sie jenen Touristen abnehmen müssen, die sich vor der Abreise ungenügend informiert hatten. Obwohl Plakate und Faltprospekte darauf aufmerksam machen.
Tierseuche-Gefahr
«Sie dürfen weder Fleisch, Eier, Milch, Honig noch andere Produkte tierischer Herkunft aus Gründen der Tierseuchen-Gefahr importieren», warnt die Broschüre, die sich an Passagiere richtet, die aus Ländern ausserhalb der EU in die Schweiz reisen. Das Verbot ist am 1. Juli in Kraft getreten, drei Jahre nach der entsprechenden Reglementierung der EU.
Daniel Tschudin, Vizedirektor des Zollinspektorats Zürich-Kloten, öffnet den Deckel des Containers. Ein spezieller Geruch entweicht den Kehrichtsäcken, die sich darin befinden.
Eine grosse Sagex-Schachtel aus den Arabischen Emiraten befindet sich ebenfalls darin. «Fisch», präzisiert der Zöllner, «nicht sehr viel, insgesamt 10 bis 12 Kilo, die vernichtet werden müssen».
Rekord in Basel
Das Bundesamt für Veterinärwesen BVET, welches für den Vollzug der neuen Bestimmung zuständig ist, beurteilt die Situation weniger positiv. «Die Zöllner müssen noch ziemlich viele Waren konfiszieren», sagt Mediensprecher Franz Geiser. «Aber das war vorauszusehen, für den Anfang.»
Am Flughafen Basel-Mülhausen haben die Zöllner am 25. Juli einen Rekord von 50 Kilos tierischer Esswaren registriert, «erstaunlicherweise aus der Türkei», sagt Franz Geiser.
Erstaunlich deshalb, weil der Import von Frischfleisch aus Ländern ausserhalb der EU schon vorher verboten war.
«Sie murren kaum»
Zürich-Kloten und Genf-Cointrin erheben keine Zahlen der beschlagnahmten Ware. Das Verbot habe sich noch nicht eingespielt, sagt ein Sprecher des Zollinspektorats in Genf. Die Menge der beschlagnahmten Waren habe eindeutig zugenommen seit der Einführung des Verbots, aber um weniger als das Doppelte.
In Genf sind es vor allem Fischprodukte aus Afrika, die im Container landen. «Die Leute murren kaum».
Die Touristen, die an jenem Donnerstag Morgen in Zürich-Kloten um einige Kilo Esswaren erleichtert werden, scheinen dies zu bestätigen. Fast stoisch nimmt ein Thailänder das verordnete Auspacken seiner Koffer hin (inkl. Rechnung für nicht deklarierte Waren) und lässt sich seine 3 Kilogramm Vakuum verpackten Würste konfiszieren.
«Es sind weniger die Touristen, die Lebensmittel aus Asien mit auf den Flug nehmen, als viel mehr Leute mit asiatischer Herkunft, die hier leben und ihre Familien in der Heimat besucht hatten», sagt Daniel Tschudin.
Ähnlich ergeht es einem fünfzigjährigen Zürcher, der seine Schwiegermutter in Bangkok besucht hatte, und der von seinen 2 kg getrockneten Crevetten nur noch die leere Schachtel zurückbekommt. «Das war ein Geschenk», seufzt er, «es hatte mich 3 bis 4 Franken gekostet, anstatt 40 Franken, die ich hier bezahlen müsste….schade!»
swissinfo, Ariane Gigon Bormann, Zürich-Kloten
(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)
Die Landesregierung hat am 08. April 2007 entschieden, die Nahrungsmittel tierischer Herkunft aus dem Gepäck der Reisenden aus Ländern ausserhalb der EU zu verbannen.
Das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) hat die Massnahme aus gesundheitlichen Gründen angestrebt, weil diese Nahrungsmittel Träger tierischer Krankheitserreger sein können.
Einzig professionelle Importeure dürfen diese Waren mit erforderlichen Zertifikaten auch aus Ländern ausserhalb der EU einführen.
Tierische Produkte aus der EU stellen laut BVET kein Risiko mehr dar, weil dort die hygienischen Anforderungen gelten wie in der Schweiz.
Ab Januar 2008 müssen professionelle Jäger und Fischer für die Einfuhr von Wild und Fischprodukten mit strengeren Vorschriften rechnen.
Bis Ende Jahr ist eine Übergangszeit vorgesehen für Mengen unter 50 Kilogramme für den Eigengebrauch.
Der Importeur muss ein im Herkunftsland gültiges Fischerei- bzw. Jagdpatent vorweisen.
Die Einfuhr verbotener Nahrungsmittel durch Einzelne ist bei weitem nicht die grösste Sorge der Flughafen-Zöllner.
Illegale Markenkopien, Drogen oder für den Verkauf bestimmte, zollpflichtige aber nicht deklarierte Waren beschäftigen die Zöllner deutlich mehr.
Auch die Einfuhr von Andenken aus tierischem Material stellt oft ein Problem dar.
Es empfiehlt sich, vor dem Erwerb die Liste des Washingtoner Artenschutzabkommens zu studieren, das rund 30’000 bedrohte Tier- und Pflanzenarten schützt.
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