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Schnelle Fussgänger?

Die schnellen Fussgänger auf ihren fahrzeugähnlichen Geräten. Keystone

Rollschuhe und Trottinette sind beliebte Fortbewegungs-Geräte in der Schweiz. Im Sommer erst recht. Nun ist - der Sommer ist da - ein Debatte entbrannt: sind sie Verkehrsmittel oder Spielzeuge? Oder gar was anderes? Das ist nicht unwesentlich, denn der Name bestimmt den Einsatzort.

Artikel 50 der Schweizer Verkehrsregeln-Verordnung führt Trottinette, Rollschuhe, Skateboards etc. als «Spielzeuge» auf. Wenn sie niemanden stören und gefährden, dürfen sie rumfahren. Genau so fahren die Geräte und ihre Halterinnen und Halter denn auch herum.

Gefährden tun sie tatsächlich kaum jemanden. Unfälle sind fast immer Selbstunfälle. Dritte werden wenig gefährdet, lobt die Polizei. Warum also brauchte es eine Arbeitsgruppe des Bundes, die eine neue Verordnung in die Vernehmlassung schickte? Bis zum 10. August können sich interessierte Kreise äussern. Warum ändern, was ja gut geht?

Die Geräte seien keine Spielzeuge mehr, wird gesagt. Tatsächlich gibt es beispielsweise eine «Tour de Suisse» auf Skateboards mit rund 50 Kilometer langen Tagesetappen. Mehr und mehr erwachsene Schweizerinnen und Schweizer kommen mit dem Trottinett zur Arbeit. Auch der Tourismus entdeckt die Geräte.

Nun hat man ihnen die Bezeichnung «fahrzeugähnliche Geräte» gegeben. Wie Michael Rytz (er arbeitet an der Verordnung mit) vom Verkehrsclub der Schweiz, VCS, gegenüber swissinfo sagte, handle es sich bei der neuen Verordnung im eine «Präzisierung».

«Die fahrzeugähnlichen Geräte dürfen im Fussgängerbereich fahren, haben aber keinen Vortritt», sagt Rytz. Auch auf Velowegen dürfe man fahren, sogar auf «verkehrsarmen» Strassen. «Fährt man im Fussgängerbereich, soll man sich wie ein Fussgänger verhalten, auf dem Veloweg wie ein Velofahrer», meint Rytz.

Weitere «Präzisierungen»: wer fahrzeugähnliche Geräte benutzt, muss schulpflichtig sein (sonst nur in Begleitung Erwachsener), muss in der Nacht beleuchtet sein und braucht keine spezielle Haftpflichtversicherung.

Irreführender Ausdruck

«Die Verordnung wird nicht viel an der heutigen Praxis ändern, sagt VCS-Mann Rytz. Anderer Meinung ist der grosse Schweizer Automobilclub, der TCS. Er bedauert in einer Mitteilung die Wahl des Begriffes «fahrzeugähnliche Geräte».

Er sei «irreführend». Denn, so Jean-Martin Kuntschen vom TCS, «man könnte nämlich darunter verstehen, dass den Benutzern dieser Geräte dieselben Rechte zugestanden werden, wie den Benutzern von Fahrzeugen!» Und nun ahnet man, warum sich der grosse TCS um die kleinen Geräte kümmert. Jean-Martin Kuntschen: «Die könnten daraus das Recht ableiten auf allen Strassen zu verkehren!»

Deshalb findet der TCS, die Benutzer dieser fahrzeugähnlichen Geräte seien eigentlich «schnell vorwärts kommende Fussgänger». So müsse man nur Regeln aufstellen, welche sie von den «normal vorwärts kommenden Fussgängern» unterscheidet.

Kurz gesagt: kein Vortritt gegenüber herkömmlichen Fussgängern. Auf Hauptstrassen und Radwegen entlang solcher Strassen wären das Fahren verboten. Kein Vortritt in Tempo-30-Zonen. Beim Überqueren der Strassen dürften Benutzer von fahrzeugähnlichen Geräten an Fussgängerstreifen keinen Vortritt haben.

Ob «fahrzeugähnliche Geräte» oder «schnelle Fussgänger». Alle sorgen sich um deren Gesundheit. Vor allem im Sommerloch. Hoffentlich geniessen die Umsorgten den Sommer. Eine neue Verordnung ist sowieso nicht zu verhindern, denn Ordnung muss sein!

Urs Maurer

Mit der Schweiz verbunden

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