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Schweiz dämpft WTO-Erwartungen

Wirtschaftsminister Deiss (vorne) und Chefunterhändler Wasescha in Genf. Keystone

Bis zur Ministerkonferenz in Hongkong sind nach Ansicht des Schweizer Wirtschaftsministers Deiss noch viele Hindernisse zu überwinden.

Rund 20 Minister haben sich am Dienstagabend am Sitz der Welthandels-Organisation WTO in Genf zu einer Krisensitzung getroffen.

Am Treffen der wichtigsten Handelsmächte, an dem auch der Schweizer Wirtschaftsminister Joseph Deiss teilnahm, sollte die herrschende Blockade in den WTO-Verhandlungen überwunden werden.

Doch die Verhandlungen der WTO über eine Liberalisierung des Welthandels stecken in einer Sackgasse.

Vertreter der EU, der USA sowie der Schwellenländer sagten in Genf übereinstimmend, dass man mit Blick auf die Ministertagung im Dezember in Hongkong nicht weiter gekommen sei.

WTO-Diplomaten sind deshalb skeptisch, ob es in Hongkong nun zu einer Einigung kommen wird und die so genannte Doha-Handelsrunde wie geplant abgeschlossen werden kann.

Realistisch bleiben

«Wir wollen die Ziele der Doha-Handelsrunde nicht tiefer ansetzen. Aber wir müssen realistisch bleiben. Es gibt nicht nur Differenzen im Dossier Landwirtschaft sondern auch im Dossier Handel», sagte Joseph Deiss.

Auch der Schweizer WTO-Chefunterhändler Luzius Wasescha dämpft die Erwartungen für die Miniesterkonferenz in Hongkong.

«Die Positionen unter den Mitgliedstaaten liegen noch weit auseinander. In Hongkong werden wir nicht überall Einigung erzielen können», sagte er gegenüber swissinfo.

Man müsse jetzt mal Hongkong abwarten. «Aber auch in der Handelpolitik sind schon Wunder geschehen.»

Subventionen und Zölle

Die Schweiz ist zusammen mit den USA, Japan und der EU unter starkem Druck der Entwicklungsländer. Sie wollen, dass die Industrieländer ihre Subventionen an die Landwirtschaft abbauen und die Importzölle für die Landwirtschaftsprodukte aus den Entwicklungsländern streichen.

Wirtschaftsminister Deiss sagt dazu, dass es schwierig sei im Dossier Landwirtschaft bis Hongkong Bewegung zu erzielen.

Die G10-Gruppe der Nettoimporteure von Landwirtschaftsprodukten, die Schweiz hat diese Gruppe ins Leben gerufen, beharrt auf Flexibilität und Ausnahmen, da wo die sogenannten «empfindlichen Produkte» tangiert werden.

Wasescha weist auf die grossen Landwirtschafts-Exporteure hin und gibt ihnen die Schuld an der «Blockade».

Doch an den Gesprächen in Genf wurde der Dialog, der auf einen Konsens angelegt war, immer mehr zu einer «Schlacht» um Argumente. Der australische Chefunterhändler beschuldigte die Schweiz, Norwegen und Japan gar als die grössten Protektionisten auf dem Gebiet der Landwirtschaft.

Was wiederum zeige, wie weit Australiens Ansichten von der eigentlichen Substanz entfernt sei, sagt Wasescha. Doch könne es bei der Doha-Runde nur zu einer Einigung kommen, wenn alle Flexibilität zeigten. «Bei 148 Mitgliedsstaaten gibt es rund 120 unterschiedliche Landwirtschafts-Systeme.»

Innenpolitik bestimmt WTO-Gespräche

Der Publizist Beat Kappeler sagte gegenüber swissinfo, es liege nicht drin, dass die Schweiz in diesem Stadium das Handtuch werfe.

«Die Innenpolitik bestimmt im Moment die Position der Schweiz bei den WTO-Gesprächen», so Kappeler, aber sie könne es sich nicht leisten, ihr Veto einzulegen.

Zudem sei die Position der Schweiz nicht sehr glaubwürdig, da sie in der Vergangenheit zu den grössten Verfechterinnnen des freien Handels gehört habe.

Gemäss Kappeler hat die protektionistische Haltung der Schweiz in der Landwirtschaftspoltik, deren Wert er auf bloss 0,5% des Inlandproduktes schätzt, der Freihandels-Glaubwürdigkeit des Landes in der WTO geschadet.

Doch WTO-Chefunterhändler Wasescha verteidigt die Schweizer Position. Solange die grossen Landwirtschaftsexporteure die Diskussion monopolisierten und nur davon sprächen, könne auch die Schweiz nichts anderes tun, als sich auf dieses Thema konzentrieren.

«Wir sind Verfechter der Idee eines freien Handels und wir kämpfen um faire Bedingungen. Aber so wie die Dinge jetzt laufen, ist das alles andere als fair», sagte Wasescha.

swissinfo

Die im November 2001 begonnene Doha-Handels-Gesprächs-Runde innerhalb der World Trade Organisation (WTO)wurde immer wieder verlängert, da man sich über die Landwirtschafts-Subventionen nicht einigen konnte.

Die nächste Schlüsselrunde wird die Minister-Koferenz sein, die vom 13. bis 18. Dezember in Hongkong stattfindet.

WTO-Generaldirektor Lamy spricht von der «letzten Chance» die Doha-Welthandels-Runde erfolgreich abzuschliessen.

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