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Schweiz erteilt Kritik aus Brüssel eine Abfuhr

Staatssekretär Michael Ambühl gibt im Steuerstreit mit der EU keine Handbreite nach. swissinfo.ch

Der Schweizer Staatssekretär Michael Ambühl hat den Standpunkt des Aussenministeriums wiederholt, dass die Schweiz im Steuerstreit mit der EU nicht nachgeben werde.

Die Praxis einiger Kantone, ausländische Unternehmen mit tiefen Steuern anzulocken, würde das Freihandelsabkommen nicht verletzen, so der Spitzendiplomat.

«Unsere Position ist absolut klar: Die kantonalen Steuern stellen keine direkte oder indirekte Bevorteilung des Warenhandels dar. Sie tangieren deshalb das Freihandelsabkommen nicht», sagte Ambühl am Montag gegenüber swissinfo.

Damit folgt der Staatssekretär der Argumentation Micheline Calmy-Reys in der Sonntagspresse. Gegenüber der SonntagsZeitung wies die Schweizer Aussenministerin Äusserungen José Manuel Barrosos über das «diskriminierende Steuersystem» zurück. Gemäss dem portugiesischen Präsidenten der EU-Kommission verstösst die kantonale Steuerpraxis gegen den Binnenmarkt der Union.

«Es besteht kein Zusammenhang zwischen unserem Steuersystem und dem Freihandelsabkommen, wie dies die EU-Kommission behauptet. Aus unserer Sicht besteht absolut kein Raum für eine Diskussion», hatte die Aussenministerin erklärt.

EU-Herausforderung

Brüssel ist der Meinung, dass die Steuervergünstigungen, die einige Kantone ausländischen Unternehmen gewähren, das Freihandelsabkommen verletzten, das die EU und die Schweiz 1972 unterzeichnet hatten.

Micheline Calmy-Rey zeigte sich im Interview überrascht, dass Brüssel für Probleme sorge, dies nur eine Woche nach dem Ja des Schweizer Volkes zum Solidaritätsbeitrag von einer Milliarde Franken an die zehn neuen EU-Mitglieder.

Die bereits lange bestehende Uneinigkeit der beiden Partner in dieser Frage war letzte Woche in Brüssel erneut zu Tage getreten, als Calmy-Rey mit der EU-Aussenkommissarin Benita Ferrero-Waldner zu Gesprächen zusammentraf.

Es wird allgemein erwartet, dass die Meinungsverschiedenheiten auch beim nächsten Treffen des gemischten Ausschusses über das Freihandelsabkommen vom 14. Dezember in Brüssel aufs Tapet kommen werden.

Aussenpolitik

In Genf schlug Ambühl aber auch moderatere Töne an. Die EU sei der wichtigste Partner der Schweiz, und eine nachhaltige Beziehung mit Brüssel sei vorrangig, sagte der Spitzendiplomat.

Die Schweiz, die nicht zur EU gehört, schloss 2000 und 2004 zwei bilaterale Abkommen mit Brüssel ab, welche die gegenseitigen Beziehungen in wichtigen 16 Bereichen regeln.

Ambühl signalisierte, dass die nächsten Verträge die Liberalisierung des Strommarktes, die Schweizer Teilnahmen am Galileo-Satellitenprogramm sowie die Erneuerung der Forschungs- und Medienabkommen betreffen könnten.

Er wies mit Blick auf vier gutgeheissene Vorlagen über die Beziehungen mit der EU darauf hin, dass der bilaterale Weg die «volle Unterstützung» des Schweizer Volkes geniesse.

swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)

1972: Die Schweiz und die EU unterzeichnen ein Freihandelsabkommen.
1992: Bern reicht ein EU-Beitrittsgesuch ein. Im selben Jahr sagt das Stimmvolk Nein zum Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).
2002 tritt das erste bilaterale Abkommen in Kraft, 2004 das zweite.

Die Schweiz kennt ein föderalistisches Steuersystem. Kantone und Gemeinden können die Höhe des Steuerfusses selber festlegen.

Daraus folgt ein Steuerwettbewerb, mit dem Kantone und Gemeinden die besten Steuerzahler anzulocken hoffen.

Einige Kantone zeigen sich vor allem Unternehmen gegenüber sehr grosszügig.

Die EU erachtet diese Steuergeschenke als nicht korrekt. Ein EU-Vertrag verbietet es den Mitgliedern, ausländischen Unternehmen günstigere Steuerbedingungen zu gewähren als den inländischen. Die Schweiz hat dieses Regelwerk aber nicht unterzeichnet.

Trotzdem versucht Brüssel, Druck auf die Schweiz auszuüben, dies mit dem Verweis auf das Freihandelsabkommen von 1972.

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