Schweiz investiert zu wenig in Bildungsforschung
Die Bildungsforschung in der Schweiz ist zu wenig stark in internationalen Netzwerken eingebunden. Das kritisiert ein OECD-Expertenbericht.
Im Vergleich zu anderen Ländern seien die Ausgaben der Schweiz für Bildungsforschung und -entwicklung ausserdem zu gering.
Als «nicht optimal» bezeichnet der am Dienstag veröffentlichte Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im weiteren eine ungenügende Behandlung bestimmter Forschungsbereiche in der Schweiz: Systemforschung, Effektivitäts- und Effizienzanalysen.
Der OECD-Bericht geht auf eine Initiative der Schweizerischen Koordinationskonferenz Bildungsforschung (CORECHED) zurück, ein gemeinsames Organ von Bund und Kantonen. Ausländische Experten begutachteten im Verlauf des Jahres 2006 das schweizerische Forschungssystem im Bereich der Bildungswissenschaften.
Aus ihrer Sicht gibt es in der Schweiz einen zu hohen Anteil an nicht-empirischer Forschung im Vergleich zu empirischer Forschung. Kritisiert wird schliesslich der «relativ geringe Impakt» der Forschungsergebnisse auf Politik und Verwaltung.
Die Gründe
Die Gründe für die im Bericht festgestellten Mängel liegen laut den Experten zum einen in der Fragmentierung des Forschungssystems. Dies sei einerseits begründet durch das föderale System und andererseits durch die unterschiedliche Auftragslage der Institutionen, welche Forschung betreiben.
Ein Grund sei aber auch, dass es keine von den Bildungsbehörden und Bildungsforschenden gemeinsam festgesetzte «Forschungs-Agenda» gebe, die sich an den wichtigsten und aktuellsten Fragestellungen im Bildungsbereich ausrichte. Die Finanzierungsmechanismen seien wenig wettbewerbsfördernd und forderten kaum Rechenschaft ein.
Vor diesem Hintergrund empfehlen die Experten mehr Wettbewerb bei der Forschungsvergabe und Mechanismen zur Rechenschaftslegung. Weiter empfehlen sie die Einrichtung von institutionalisierten Abläufen für das Festlegen nationaler Forschungsprioritäten zwischen den Bildungsbehörden und der Bildungsforschung.
Auch Lob
Der Bericht anerkennt verschiedene Entwicklungen jüngeren Datums in der Schweiz als positiv: Dazu gehören die verbesserte Abstimmung der Forschungstätigkeiten unter Institutionen und Hochschulen sowie eine – in den letzten Jahren beobachtbare – stärkere Ausrichtung an empirischer Forschung.
Als «innovativ und zukunftsweisend» bezeichnet werden Massnahmen wie das Projekt Bildungsmonitoring von Bund und Kantonen sowie die verstärkte Harmonisierung bei der obligatorischen Bildung (HarmoS). Auch die Schwerpunktsetzung bei der Berufsbildungsforschung erhält gute Noten.
Auswertung notwendig
Der komplexe Befund der OECD-Experten müsse für die Schweiz nun ausgewertet werden, schreibt die CORECHED. Sie wird Anfang Oktober 2007 zusammen mit der OECD in der Schweiz eine internationale Tagung zur Bildungsforschung und -entwicklung durchführen.
Daran werden auch diejenigen Länder teilnehmen, die sich bereits einem gleichen OECD-Examen unterzogen: Neuseeland, England, Mexiko und Dänemark. Erste Hinweise lassen gemäss der CORECHED darauf schliessen, dass sich diese Länder mit ähnlichen Problemen konfrontiert sehen wie die Schweiz.
swissinfo und Agenturen
In der föderalistischen Schweiz unterstehen die öffentlichen Schulen der Hoheit der Kantone. Das Schweizer Bildungssystem ist damit von Kanton zu Kanton unterschiedlich geregelt.
In den letzten Jahren hat sich der Trend zur Harmonisierung der obligatorischen Schule allerdings verstärkt: Die Kantone haben dazu das interkantonale Projekt HarmoS lanciert. Dabei sollen zum Beispiel Beginn und Dauer der Schule vereinheitlicht werden.
Am 21. Mai 2006 haben Volk und Kantone die neuen Verfassungsartikel zur Bildung angenommen. Die Kantone behalten ihre Souveränität im Ausbildungsbereich, müssen jedoch prinzipielle Bildungs-Parameter vereinheitlichen.
Die geänderten Bildungsartikel in der Verfassung geben dem Bund nun neue Kompetenzen in der Bildung. Der Sektor soll jedoch in der Kompetenz der Kantone bleiben.
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