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Schweiz stimmt für Reform des IWF

Auf Mission in Singapur: (v.l.n.r.) SNB-Präsident Jean-Pierre Roth, Wirtschaftsministerin Doris Leuthard, Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Keystone

Die Schweiz hat den ersten Schritt einer Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) unterstützt, der Schwellenländern mehr Einfluss zugesteht.

Doch was die Grössen-Kriterien betrifft, bleibt die Haltung der Schweiz gegenüber den Vorschlägen des IWF-Chefs und Ländern wie den USA kritisch.

Die Mitglieder der Weltbank haben der Korruption am Montag den entschlossenen Kampf angesagt. Die Finanzierung von Entwicklungsprojekten soll in den schlimmsten Fällen ausgesetzt werden, wenn die Regierung eines Landes nicht genug tut, um das Versickern von Geldern zu stoppen.

Parallel dazu läutete der Internationale Währungsfonds (IWF) auf der gemeinsamen Jahrestagung mit der Weltbank in Singapur die umfangreichsten Reform seiner 60-jährigen Geschichte ein.

Die ersten vier Schwellenländer erhielten mehr Stimmrechte in der Organisation, in der aber nach wie vor die reichsten Länder das meiste Sagen haben.

IWF-Quote

Die IWF-Quote (Stimme) ist massgebend für den Einfluss eines Landes im Fonds. Bis Herbst 2008 soll die Quotenverteilung entsprechend dem tatsächlichen wirtschaftlichen Gewicht der einzelnen Länder umfassend neu geordnet werden (Neuverteilung der Stimmrechte).

Einige Vorstellungen von IWF-Chef Rodrigo de Rato dazu sind heftig umstritten. Weithin einig sind sich die Mitglieder aber über die grundsätzliche Notwendigkeit einer Reform.

Denn die Gewichte der Länder im Fonds entsprechen nicht mehr den wirtschaftlichen Kräfteverhältnissen in der Welt. Daher sollen in einem ersten Schritt die besonders stark untervertretenen Länder China, Südkorea, Mexiko und die Türkei eine Aufbesserung ihrer Quote erhalten. Dieser Etappe stimmt die Schweiz laut Finanzminister Hans-Rudolf Merz zu.

Schweiz unterstützt Reform

Die Schweiz steht grundsätzlich hinter der Idee, den aufstrebenden Volkswirtschaften (Schwellenländern) im IWF mehr Macht zuzugestehen.

Dabei würde die Schweiz zu den Verlierern gehören: In der ersten Phase schrumpft die Quote der Schweiz um 0,03 Prozentpunkte, wie der Leiter der Schweizer Delegation sagte, der auch Bundesrätin Doris Leuthard und Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth angehören.

Zweiter Reformschritt: Quotenformel ändern

In einem zweiten Reformschritt soll dann die komplizierte Formel zur Berechnung de Quote selbst geändert werden, um das wirtschaftliche Gewicht der IWF-Mitglieder besser zu berücksichtigen. In die Formel gehen verschiedene Grössen-Kriterien ein, darunter die Währungsreserven eines Landes oder das Bruttoinlandprodukt (BIP).

Bei der Neuberechnung sollte neben dem Bruttoinlandprodukt angesichts der massiv gestiegenen Kapitalströme auch die internationale Investmentposition der Mitgliedsländer berücksichtigt werden, sagte Merz.

Grosse Finanzplätze als Verlierer?

Dieser Reformschritt könnte laut Merz heikel sein. Daher sollen die Kriterien hinterfragt werden. «Sonst stünden die grossen Finanzplätze als Verlierer da», sagte Merz. «Das Volumen unseres Finanzplatzes ist bedeutend. Wir haben rund 3500 Mrd. Dollar», sagte Merz vor den Medien in Singapur.

Um ihre Position zu verteidigen, sucht die Schweiz Unterstützung von Schweden, Belgien und den Niederlanden. Zusammen mit diesen Ländern hätte die Schweiz eine Sperrminorität. Merz machte deutlich, dass man nicht bereit sei, auf das Vetorecht zu verzichten.

Auch geht die Schweiz damit auf Distanz zu den USA, die gerne das BIP als wichtigstes Kriterium sähen. Als grösste Volkswirtschaft der Welt könnten die USA so ihre Dominanz im IWF besser absichern.

Die europäischen Länder dagegen wollen Handelsverflechtungen und die Offenheit der Finanzmärkte zusätzlich zum BIP stärker berücksichtigen. Der IWF will die neue Formel bis 2008 finden, was als sehr ambitiöses Ziel gilt.

swissinfo und Agenturen

Die Tagung des IWF und der Weltbank findet vom 17. bis 20. September in Singapur statt.
Die Schweizer Delegation wird von Finanzminister Hans-Rudolf Merz angeführt.
Weiter sind Wirtschaftsministerin Doris Leuthard und Nationalbank-Präsident Jean-Pierre Roth dabei.

Der IWF wurde 1945 mit der Weltbank als Sonderorganisation der Vereinten Nationen in Bretton Woods (USA) gegründet. Die Organisation hat ihren Sitz in Washington.

Der IWF ist eine der mächtigsten Finanzorganisationen der Welt. Er überwacht die Finanzsysteme, um bei vorübergehenden Zahlungsbilanz-Schwierigkeiten von Regierungen oder im Fall von drohendem Staatsbankrott einzugreifen. Die Weltbank gewährt Kredite, technische Hilfe und Beratung.

Der IWF zählt 184 Mitgliedsländer, deren Kapitaleinlagen (Quoten) sich nach der Stärke ihrer Volkswirtschaft richten. Die Quote bestimmt auch das Mitspracherecht.

Die USA sind mit 17% der mit Abstand grösste Anteilseigner vor Japan (6,1%) und Deutschland (6%). Die Schweiz hält einen Stimmenanteil von 1,6%.

Die Schweiz ist dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank nach einer Volksabstimmung 1992 beigetreten.

Sie sitzt in beiden Organisationen in den Leitungsgremien und führt die so genannte Gruppe Helvetistan mit Aserbeidschan, Polen, Kirgisistan, Serbien, Montenegro, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.

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