Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweizer Bauern drohen mit Milchlieferstreik

Nach 3 Tagen Milchstreik stünden die Konsumenten vor leeren Regalen. Keystone

Sollte der Milchpreis nicht angehoben werden, drohen bäuerliche Basisorganisationen mit einem europaweiten Milchliefer-Boykott.

Beklagt werden angesichts der «dramatischen Lage» der Milchproduzenten auch die Realitätsferne und Mutlosigkeit der offiziellen Branchenvertreter.

Mehrere Bauernorganisationen haben am Dienstag in Bern einen höheren Milchpreis gefordert. Letztes Kampfmittel sei ein europaweit geführter Milchlieferboykott, hiess es an einer Medienkonferenz.

Vertreter der Neuen Bauernkoordination Schweiz, des Bäuerlichen Zentrums, der Westschweizer Bauerngewerkschaft uniterre und der Bäuerlichen Interessengruppe Marktkampf beklagten sich darüber, dass die offiziellen Vertreter der Branche je länger je mehr von der Realität abrückten und mutlos handelten.

Die «offiziellen» Organisationen SBV und SMP setzten weiterhin auf Verhandlung, Lobbyismus, Goodwill und Aufklärung. Die bäuerliche Basis glaube nicht mehr an den Erfolg dieser Politik. Verhandlungen führten nur zu Preissenkungen und zum Niedergang der schweizerischen Milchwirtschaft.

Dramatische Situation der Milchproduzenten

Denn die Situation der Milchproduzenten in der Schweiz sei tatsächlich dramatisch, sagte Nationalrat Josef Kunz (SVP/LU). Im vergangenen Jahr hätten 1600 Milchwirtschaftsbetriebe die Produktion aufgegeben, was rund 4,6% entspreche.

Dringend nötig sei deshalb eine Wende im Agrarsektor, insbesondere in der Milchproduktion. Die Vertreter forderten einen kostendeckenden Milchpreis von 95 Rappen plus Direktzahlungen, was einem Produktionspreis von 1,11 Franken gleichkäme.

Der Milchpreis sei in den letzten zehn Jahren um 40% gesunken, trotzdem seien die Produkte an der Ladenfront nicht billiger geworden, sagte Martin Haab von der Bäuerlichen Interessengemeinschaft Marktkampf.

Preisdrückerei nicht nur in der Schweiz

Die Preisdrückerei sei aber kein schweizerisches Problem. Deshalb hätten sich Bauernorganisationen in elf europäischen Ländern zusammengeschlossen und ein gemeinsames Vorgehen beschlossen.

Ziel sei, dass jedes Land über einen eigenen Milchpool verfüge, mit dem die Milchproduzenten die Möglichkeiten hätten, die Menge ihrer Milch den Marktverhältnissen anzupassen.

Sollten diese Forderungen der europäischen Milchproduzenten kein Gehör finden, sei man bereit, einen gemeinsamen Milchlieferboykott durchzuführen. «Und dies würden die Konsumenten bereits am dritten Tag spüren», warnte Haab.

Dauerte der Lieferboykott 13,5 Tage wäre der Verlust für die Milchproduzenten gleich hoch wie die Preissenkung in diesem Jahr.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, wurden am Dienstag auf Bauernhöfen in der ganzen Schweiz Fahnen mit dem Aufdruck «Milchstreik JA» gehisst. Die bäuerliche Basis habe es in der Hand, den nötigen Druck aufzubauen, sagte Kunz. Dieser Druck sei unerlässlich, damit die unnötige Vernichtungsstrategie in der EU, aber auch in der Schweiz gestoppt werde.

swissinfo und Agenturen

Die Zahl der Milchproduzenten fiel von 44’360 vom Jahr 1995/96 auf 33’072 in der Periode 2003/04.

Die Zahl der Kühe reduzierte sich im selben Zeitraum von 615’000 auf 587’000.

Eine Kuh produzierte 2000/01 durchschnittlich 4994 kg Milch, 2003/04 waren es 5230 kg.

Im letzten Jahr haben fast 1600 Milchproduzenten die Produktion aufgegeben, das entspricht einem Anteil von 4,6%.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft