Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Schweizer Börse auf Tauchkurs

Beunruhigte Anleger beobachten die Börsenentwicklung. Ex-press

Im Sog der weltweiten Abkühlung hat auch der Schweizer Aktienmarkt am Freitag markant an Terrain eingebüsst. Der Swiss Market Index erreichte zeitweise den tiefsten Stand dieses Jahres.

Nachdem Befürchtungen rund um die US-Immobilienkrise die New Yorker Börse weiter haben einbrechen lassen, stand die Zürcher Börse im Minus. Hohe Nervosität herrschte auch an anderen Börsenplätzen.

Die Angst vor der Ausweitung der US-Kreditkrise hat am Freitag auch an der Schweizer Börse weitere Verluste ausgelöst.

Vorübergehend sanken die kurse sogar auf ein Jahrestief. Später erholten sich einige Aktien des Blue Chip-Index SMI wieder.

Vor allem Finanzwerte standen unter starkem Druck. Auch Sektoren mit eher defensivem Charakter konnten sich dem Abschwung nicht entziehen. Händler sprachen von grösseren Übertreibungen.

Der SMI unterschritt die bisherige Tiefstmarke aus der vergangenen Woche und sank bis auf den tiefsten Stand seit März.

Kurz vor Schluss notierte der SMI noch um 2,26% tiefer.

Der breiter gefasste SPI-Index lag um 2,43% tiefer, notierte aber über dem Jahrestief.

Notenbanken mit Milliardensummen

Händler sagten, positiv sei, dass die Notenbanken erkannt hätten, dass es ein Problem gibt und dass sie dieses bekämpfen wollten. Daher pumpten sie zur Beruhigung der tief verunsicherten Anleger kurz vor dem Wochenende rund um den Globus Milliardensummen in das Bankensystem.

Sie wollen damit einem starken Anstieg der Zinssätze am Geldmarkt entgegentreten, der eine Versorgung der Finanzinstitute mit frischem Geld erheblich verteuern würde.

Doch die Wirkung hielt sich in Grenzen, wie die starken Kurseinbussen zeigten. “Die Krise wird uns noch einige Zeit beschäftigen”, sagte ein Händler.

Finanzbranche “in Sippenhaft”

Banken und Versicherungen litten am stärksten. “Die Branche ist in Sippenhaft genommen. Die Leute befürchten weitere Hiobsbotschaften aus dem Bereich der Problemkredite”, sagte ein Händler.

Die Aktien der Grossbanken Credit Suisse und UBS büssten 2,6 respektive 3,8% ein. Julius Bär und Vontobel brachen um über 5% ein.

Die Versicherungen Zurich, Baloise und Swiss Life verloren zwischen 2,5 und 4%.

Aber auch Titel, die zuvor stark gestiegen seien, gerieten zunehmend in den Abwärtssog. Dabei erwähnten Händler etwa ABB, Sulzer, Georg Fischer und Meyer Burger.

Derivate verstärken Trend

Derivate spielten in dem volatilen Markt noch eine den Trend verstärkende Rolle. “Aktien kann man jetzt in die Schwäche kaufen, wenn man von der Geschichte der Firma überzeugt ist. Aber bei Optionen hat man, wenn es wieder nach oben geht, die Volatilität gegen sich”, sagte ein Händler.

Die Derivate-Spirale, die den Aktien längere Zeit Auftrieb verliehen hatte, drehe sich nun nach unten.

Gute Ergebnisse würden derzeit keine Beachtung finden. So sackten die Aktien des Personaldienstleisters Adecco trotz eines ansprechenden Quartalsergebnisses und einer guten Margenentwicklung gegen 5% ab.

swissinfo und Agenturen

Hintergrund der Immobilienkrise in den USA sind zahlreiche Hypothekarkredite (Mortgages) mit schwächerer Bonität.

Nachdem im Konjunkturhoch der letzten Jahre sehr grosszügig Hypotheken vergeben wurden, merken gewisse US-Hypothekarinstitute nun, dass sie zu viele Gelder – sogenannte faule Kredite – an Hauskäufer mit schwacher Finanzkraft ausgeliehen haben.

Gleichzeitig sind im überhitzten Immobilienmarkt die Preise enorm gestiegen.

Insgesamt hat sich damit die Zusammensetzung der Kredite bei den Hypobanken verschlechtert. Dies führt zu Panikreaktionen. So werden dann beispielsweise gar keine Hauskredite mehr gewährt. Dies verschlimmert die Situation zusätzlich.

Nervös werden auch die Börsenanleger, sie beginnen zu verkaufen, zuweilen panisch – die gesamte Banken-Branche kann ins Wanken geraten.

Die Verkaufslawine bringt die Aktienpreise auch anderer Branchen zum Absturz, denn es werden nicht nur die Aktien selbst verkauft, sondern auch Fonds, Optionen und weitere Derivate, die daran hängen.

Die Folge sind Liquiditäts-Engpässe, die Anlegern, Banken und Unternehmen zu schaffen machen. Also öffnen die Notenbanken den Geldhahn, damit dieses Schmiermittel der Wirtschaft wieder genügend vorhanden ist.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft