Schweizer entdecken ihre Weine wieder
Die Schweizer kommen auf den Geschmack des einheimischen Weines. Eine Mehrheit meint denn auch, dass dieser den Vergleich mit der ausländischen Konkurrenz nicht scheuen müsse.
Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage zeigt auch, dass zwar weniger, aber erlesener getrunken wird.
«In den letzten fünf Jahren hat die Beliebtheit des Schweizer Weins zugenommen und das Preis-Leistungs-Verhältnis wird heute als besser eingeschätzt», freut sich Jürg Bussmann, Direktor des Branchenverbandes Swisswine, im Gespräch mit swissinfo.
Swisswine hat am Donnerstag eine Umfrage veröffentlicht, die zeigt, dass eine Mehrheit der Schweizer Weintrinker überzeugt ist, einheimische Weine müssten den Vergleich mit ausländischen Weinen nicht scheuen.
«Die Ergebnisse sind eine Befriedigung für uns», sagt auch Roland Vergères, Direktor der Walliser Produzenten-Vereinigung Provins gegenüber swissinfo. «1999 haben nur 54 Prozent der Befragten spontan die Schweiz überhaupt als Wein-Produktionsland genannt, heute sind es über 82 Prozent», zitiert er ein weiteres Ergebnis der Umfrage.
Befragt wurden 3041 Personen zwischen 18 und 74 Jahren in der ganzen Schweiz, von denen 75 % regelmässig Wein konsumieren.
Qualität statt Quantität
Trotz der guten Umfrage-Ergebnisse kämpft die Weinbranche um Konsumenten, denn diese trinken weniger und weniger oft.
«Dieser Trend dauert schon seit einigen Jahren an», weiss Vergères. «Früher trank man den Wein gegen den Durst, heute degustiert man ihn eher.» Darum seien jene Produzenten auf dem richtigen Weg, die vermehrt auf Qualität statt auf die Menge setzten.
Bussmann spricht gar von einem beginnenden Strukturwandel. «Die Mehrheit der Schweizer Weinbauern setzt heute auf Qualität, aber noch nicht alle haben die Wichtigkeit erkannt. Immerhin gibt es auf den 15’000 Hektaren Reb-Fläche ungefähr 20’000 Produzenten.»
Die Schweizer Weine müssten den internationalen Vergleich keineswegs scheuen, ist er überzeugt. «Im Bereich von 15 bis 30 Franken pro Flasche können die Schweizer Produzenten absolut mithalten. Den Bereich unter 5 Franken müssen wir allerdings den ausländischen Grossbetrieben überlassen.»
Schweizer Markt als Hauptmarkt
Eines der grössten Probleme für die einheimischen Weinproduzenten ist der Konsum von ausländischem Rotwein – der ausländische Rote wird oft dem inländischen vorgezogen.
Besonders im Restaurant leidet der Schweizer Wein unter einem Hochpreis-Image. Von den unter 30-Jährigen trinken die Hälfte auf Grund des als besser beurteilten Qualitäts-Preis-Verhältnisses eher ausländische Weine.
Vergères wendet allerdings ein: «Im Restaurant gibt es keinen so grossen Preis-Unterschied zwischen in- und ausländischem Wein. Oft ist der Schweizer Wein sogar günstiger.» Der wirtschaftliche Druck in der Gastro-Branche treibe jedoch die Preise nach oben.
Kampagne im In- und Ausland
Swisswine hat eine Inserate-Kampagne lanciert, die Schweizerinnen und Schweizer ab 25 Jahren auf den Geschmack von einheimischen Tropfen bringen soll.
Mit dem Motto «Immer mehr Schweizer entdecken immer mehr Schweizer Weine» sollen eine positive Einstellung der Konsumenten zum einheimischen Wein gefördert und langfristig die Wertschöpfung der Winzer gesteigert werden.
Eine Investition in die Zukunft: «Junge Menschen trinken den Wein, den sie sich leisten können – sie haben weniger Geld als die Älteren», sagt Vergères. «Aber wenn sie den Schweizer Wein einmal entdeckt haben, werden sie mit zunehmender Kaufkraft auch mehr Schweizer Wein kaufen.»
Auch im Ausland soll die Position des Schweizer Weins gestärkt werden – nur rund 2% des Schweizer Weines werden überhaupt exportiert. «Wir wollen unsere Stellung als Nischenplayer stärken», betont Bussmann. Ins Auge gefasst hat er in Europa Deutschland und Belgien. Ausserdem setzen die Schweizer Winzer vermehrt auf Asien und Osteuropa.
Das Hauptaugenmerk bleibt aber aufs Inland gerichtet: «In einem schrumpfenden Markt wollen wir unsere Position verteidigen.»
swissinfo und Agenturen
Am meisten Schweizer Wein wird in der Westschweiz und im Tessin produziert.
Die Schweiz produziert rund 4% des Weines in Europa und etwas weniger als 1% der Weltproduktion.
Die Schweizer Weinproduktion sank von 1,309,613 Hektolitern im Jahre 1999 auf 1,112,400 Hektoliter im Jahre 2002.
In der Schweiz wird ausländischer Rotwein mehr als doppelt so oft getrunken wie inländischer Rotwein.
In den letzten vier Jahren hat sich das Image des Schweizer Weines bei den Konsumenten verbessert.
Eine Studie des Branchenverbandes zeigt, dass 77% der Befragten die Qualität von von Schweizer Wein als gleich gut beurteilen wie den importierten Wein.
Verantwortlich für die guten Ergebnisse sei ein verbessertes Marketing und die Konzentration auf die Qualität.
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