Schweizer Hilfe für überschwemmtes Jakarta
Die Schweiz stellt dringend benötigte Hilfsmittel für die Opfer der Überschwemmungen zu Verfügung, die weiterhin Indonesiens Hauptstadt heimsuchen.
Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey machte diese Zusage während eines Treffens in Jakarta mit ihrem indonesischen Amtskollegen Susilo Bambang Yudhoyono.
«Die Situation verbessert sich zwar generell», sagt Indonesiens Präsident Yudhoyono gegenüber swissinfo. «Doch der Regen ist noch nicht vorüber, und auch der Meeresspiegel steigt. Wir unternehmen alles Mögliche, um den Obdachlosen zu Hilfe zu kommen. Doch wir müssen mit allem rechnen.»
Kaum auf nennenswerte Probleme stösst man im Zentrum der immensen indonesischen Hauptstadt. Dort, wo die grossen Hotels und die luxuriösen Einkaufszentren stehen und wo die Schweizer Delegation, die die Bundespräsidentin begleitet, einquartiert ist.
Vom Rest der Stadt ist ein grosser Teil immer noch ohne Strom und ohne Wasser. Und Mittwoch Abend ergossen sich von neuem starke Gewitterregen über Jakarta.
«Ungefähr alle fünf Jahre kommt es in der Stadt zu Überschwemmungen», sagen zahlreiche Bewohner. Alle sind sich jedoch einig, dass die Fluten der letzten Tage zu den schlimmsten der letzten 30 Jahre zählen.
Schweizer Solidarität: Halbe Million Franken
Ein Besuch bei Präsident Yudhoyono stand zuvorderst auf der Agenda der dreitägigen offiziellen Reise der Delegation in Indonesien. Es handelt sich um die erste Reise eines Schweizer Bundespräsidenten in diesem Land.
An diesem Anlass gab Micheline Calmy-Rey bekannt, eine halbe Million Franken für Soforthilfe für die Opfer zur Verfügung zu stellen.
«Dieses Geld wird für Trinkwasser für Rawa Buaya verwendet», sagte die Bundesrätin vor den Medien, «ein Quartier, das im Osten der Stadt liegt.»
Einige Experten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) befinden sich bereits seit Tagen an Ort, um die Situation einzuschätzen. Auch DEZA-Direktor Walter Fust ist in Jakarta eingetroffen.
Handelsbeziehungen
Das Treffen der beiden Staatsoberhäupter fand im «Palast der Freiheit» statt. Dessen Mauern erzitterten, als während den Feierlichkeiten 21 Kanonenschüsse zu Ehren der Schweizer Delegation abgefeuert wurden.
Bei dem Treffen kamen auch die guten Beziehungen der beiden Länder zur Sprache. Mit 3,5 Mrd. Franken Direktinvestitionen (also nicht indirekte Finanzanlagen in indonesische Aktien und Wertpapiere) im Jahr 2005 steht die Schweiz im internationalen Vergleich an 2. Stelle.
Im Inselstaat sind 75 schweizerische Unternehmen tätig. Sie beschäftigen rund 60’000 Personen.
Calmy-Rey und Yudhoyono bekräftigten beide ihr Interesse am Beginn von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen Indonesien und der EFTA. Der EFTA gehören ausser der Schweiz auch Norwegen, Island und Liechtenstein an.
Doch Konkretes wurde weder präzisiert noch beschlossen.
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Deza
Rechtshilfe-Abkommen
Indonesien brachte auch sein Interesse an einem Vertrag zur rechtlichen Zusammenarbeit mit der Schweiz vor. Micheline Calmy-Rey erwiderte, ein solches Abkommen sei «wünschenswert, aber nicht ausschlaggebend».
Präzisierend fügte die Bundesrätin bei, dass es in der Schweiz seit 1991 ein Gesetz gebe, das erlaubt, schnell auf Rechtshilfe-Anfragen ausländischer Behörden zu antworten.
Indonesischer ex-Präsident Suharto: Mehrere Milliarden
Im Jahr 2001 hatte Jakarta Bern um Hilfe bei der Suche nach einigen Dollarmilliarden angefragt, die der indonesische ex-Präsident Suharto auf Schweizer Banken gelagert haben soll.
Die Schweizer Behörde hatte damals die Mitarbeit zugesagt, wie das analog schon in Nigeria (Abacha-Gelder) und den Philippinen (Marcos-Gelder) der Fall gewesen war. Doch bis heute, hat die Schweiz noch keine der benötigten Dokumentationen erhalten, um ein Verfahren eröffnen zu können.
swissinfo, Marzio Pescia, Jakarta
(Übersetzung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)
Fläche: 1,92 Mio. km2
Bewohner: 222 Mio.
BIP pro Kopf: 1258 Mio. Dollar
Auslandschweizer: 786
Die Eidgenossenschaft anerkennt Indonesien 1949. Von 1971 bis 1997 figuriert das inselreiche Land als eines der Prioritätsländer schweizerischer Entwicklungshilfe, im Umfang von 277 Mio. Franken.
Heute positioniert sich Indonesien als neue Regionalmacht. 2005 wuchsen die Schweizer Exporte um 13,4% auf 324 Mio. Franken.
Doch erinnern die Attentate von 2005 und 2002 in Bali, dass der grösste muslimische Staat der Welt auch von gefährlichen sozialen Spannungen geprägt bleibt.
Die Schweiz engagiert sich in Indonesien heute hauptsächlich in Friedens- und Menschenrechts-Politik. Der Tsunami von 2004 löste eine grosse Solidaritäts-Welle aus.
Die Überschwemmung von zahlreichen Quartieren in der indonesischen Hauptstadt Jakarta (12 Millionen Einwohner) dauert seit über einer Woche an.
Mindestens 340’000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Laut offiziellen Angaben kamen bisher mindestens 50 Menschen ums Leben.
Die entstandenen Schäden belaufen sich auf mehr als 450 Millionen Dollar.
In Indonesien kommt es alljährlich zu zahlreichen Erdrutschen und Überschwemmungen mit Hunderten von Todesopfern. Die Hauptstadt, die zum grössten Teil unter dem Meeresspiegel liegt, wurde 2002 zum letzten Mal überflutet.
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