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Schweizer Hühner gackern wieder in Freiheit

Hinaus, hinaus: Schweizer Hühner drängen an die frische Luft. Keystone

Seit Freitag kann das Geflügel in der Schweiz wieder die Freiheit geniessen: Die Stallhaltepflicht als Schutz gegen die Vogelgrippe ist wieder aufgehoben.

Die Umsetzung des Freilandverbots wertet das verantwortliche Bundesamt in einer ersten Bilanz als Erfolg.

Vor allem die Hobby-Züchter sahen sich am vergangenen 25. Oktober vor grosse Probleme gestellt: Ab diesem Datum verfügte die Schweizer Regierung die Stallhaltepflicht für sämtliches Geflügel. Grund war die Angst vor einer Einschleppung der Vogelgrippe durch Zugvögel, die in der Schweiz Zwischenstation machen oder überwintern.

Das bedeutete einen teils beträchtlichen zusätzlichen Aufwand, auch finanzieller Natur: Die Geflügelhalter mussten Verschläge errichten, um ihre Tiere vor dem möglichen Kontakt mit infizierten «Gästen» zu schützen.

Ab Freitag können die Züchter ihre Hühner, Enten, Gänse und Truten aus den Verschlägen wieder in die Freiheit entlassen, die in den meisten Fällen eine Halbfreiheit ist.

Kreative Lösungen gefunden

Die Verantwortlichen des zuständigen Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) haben eine positive erste Bilanz der Stallpflicht gezogen. Es seien keine nennenswerten Probleme aufgetaucht, weder mit professionellen Hühnerzüchtern noch mit den zahlreicheren Hobbyhaltern, sagte Sprecher Marcel Falk vom BVET gegenüber swissinfo.

«Sie haben sehr gut mit uns zusammengearbeitet und sehr kreative Lösungen gefunden, um ihre Tiere vor der Aussenwelt anzuschirmen», lobte Falk. Schliesslich sei die Massnahme auch in deren Interesse gelegen.

Es sei im Oktober sehr wichtig gewesen, die Massnahme einzuführen, fuhr er fort. Damit sei Konsumenten und Züchtern versichert worden, dass die Schweiz alles zum Schutz des einheimischen Geflügels vor der Vogelgrippe getan habe.

Jetzt könne die Massnahme aufgehoben werden, weil die Gefahr einer Einschleppung durch Zugvögel aus Russland nicht mehr gross sei, denn die meisten von ihnen seien in Westeuropa angekommen.

Wie Falk weiter sagte, haben die 800 untersuchten Kotproben von Zugvögeln keine Spuren des Vogelgrippe-Virus H5N1 enthalten.

Enten und Gänse anspruchsvoller

Insgesamt waren rund 18’000 Profi-Geflügelhalter und 40’000 bis 50’000 Hobbyhalter von den Massnahmen betroffen. «Normalerweise sind unsere Tiere nicht eingesperrt», sagte Martin Wyss, Präsident des Schweizerischen Rassegeflügelzucht-Verbandes. Die Hühner würden normalerweise nur zum Übernachten, Legen und zur Wasseraufnahme in den Stall kommen.

Von Hackereien im Zusammenhang mit geringen Platzverhältnissen in den Ställen habe er keine Kenntnis. Den Mitgliedern des Verbandes sei aber vor der Durchsetzung der Stallhaltepflicht empfohlen worden, ihre Bestände zu kontrollieren und überzählige Tiere zu schlachten.

Verglichen mit Enten und Gänsen sei die Umsetzung bei den Hühnern aber relativ problemlos gewesen. So brauchten Enten und Gänse Wasser. Er selbst habe glücklicherweise zwei Volieren und habe diese spatzensicher gemacht. Diese Möglichkeit habe aber nicht jeder. Manch ein Züchter habe wohl auch daran gedacht, alle Tiere zu töten und mit der Zucht aufzuhören.

Kein zusätzlicher Stress für Tiere

Laut der schweizerischen Nutztierschutz-Organisation kagfreiland galt das Freilandverbot für rund 1,5 Millionen Tiere. Nach anfänglichen Problemen hätten die Tiere das Leben in Stall und Aussenklimabereich mehr oder weniger gut überstanden.

Das Verbot habe den Geflügelbauern aber mehr Aufwand und Kosten beschert. So habe mehr gemistet, eingestreut und beobachtet werden müssen. Auch der Stroh- und Futterverbrauch sei gestiegen. In den Bioläden sei der Absatz von kagfreiland-Eiern und kagfreiland-Geflügelfleisch aber nicht zurückgegangen.

Freiheit nicht auf ewig

Wie lange das Geflügel seine Freiheit geniessen kann, ist noch unklar. Bereits im März beginnt der Rückflug der Zugvögel aus Afrika. Das BVET bleibt laut Aussagen der Sprecherin wachsam und will das Risiko einer Einschleppung mit der Frühlingsmigration neu beurteilen.

Ein erneutes Freilandverbot im Frühling wäre laut Wyss tragisch. Dann seien die Zuchtstämme zusammengestellt und ein Einsperren wäre noch schlimmer.

swissinfo, Urs Geiser und Agenturen

Der Stallzwang für Schweizer Geflügel galt ab dem vergangenen 25. Oktober. Er wird am Freitag ab Mitternacht wieder aufgehoben, abgestimmt mit dem Ausland, das ähnliche Massnahmen verfügt hatte.
In 800 Kotproben von Zugvögeln aus dem Osten fanden Experten keine Anzeichen des Vogelgrippe-Virus H5N1.
Die Vogelgrippe hat bisher rund 140 Personen befallen, alle in Asien. 70 davon starben seit der Entdeckung des Virus 2003.

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