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Schweizer Konjunkturerholung bleibt fragil

Der Schweizer Wirtschaftsmotor kommt immer mehr ins Stottern. swissinfo.ch

Jetzt nehmen auch Ökonomen des Bundes ihre Prognosen für das Wirtschafts-Wachstum im laufenden Jahr von 1,5% auf 0,9% zurück.

Zahlreiche Banken und Forschungsinstitute hatten ihre Erwartungen angesichts der schwachen Konjunktur in der EU, dem wichtigsten Exportmarkt der Schweiz, schon früher gesenkt.

Das Staatsekretariat für Wirtschaft (seco) rechnet mit einer deutlichen Abflachung des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr. Es rechnet für 2005 gerade noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,9%.

Noch vor zwei Monaten hat das seco eine Expansionsrate von 1,5% vorhergesagt. Schuld an der weiteren Eintrübung ist nicht zuletzt die schleppende Konjunktur in Europa, dem wichtigsten Schweizer Exportmarkt, heisst es in einer Mitteilung.

«Das Hauptproblem der schweizerischen Volkswirtschaft ist der grundsätzlich tiefe Wachstumstrend, der konjunkturunabhängig ist», sagt seco-Chefökonom Aymo Brunetti,

Unter dieser Voraussetzung hätten tiefe Wachstumsraten im Ausland unmittelbar starke Auswirkungen auf die Schweiz.

Belebung ab Herbst?

Eine Belebung im Euro-Raum dürfte kaum vor dem Herbst einsetzen, schreibt das seco. Insbesondere in den grossen Ländern wie Deutschland und Italien präsentiere sich die Lage wenig erfreulich.

Dennoch erwarten die Experten des Bundes gegen Ende Jahr eine durch den Export getragene konjunkturelle Besserung in der Schweiz.

Somit kann erst im kommenden Jahr mit einer Belebung gerechnet werden. Die Bundesökonomen gehen für 2006 neu von einem BIP-Wachstum von 1,5% aus, nachdem sie im April noch 1,8% vorhergesagt haben. Dennoch bleiben Risiken, insbesondere die anhaltend hohen Erdölpreise, wie das seco einräumt.

Laut Brunetti genügt es jedoch nicht, wenn die Schweiz nur auf Impulse aus dem Ausland warte: «Wir brauchen auch eine echte Wachstumspolitik, um das tiefe Trendwachstum zu überwinden.»

Weitere Reformen seien im Inland nötig. So soll der Wettbewerb auf dem Binnenmarkt gefördert sowie das Wachstum der Staatsquote eingedämmt werden,

Beschäftigung geht zurück

Angesichts des düsteren Ausblicks dürfte auch eine grundlegende Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt noch länger auf sich warten lassen. Für 2005 wird deshalb mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,8% (April-Prognose: 3,7%) gerechnet. Nächstes Jahr dürfte die Quote leicht auf 3,6% (3,4%) Prozent sinken.

Den geringfügigen Rückgang der um saisonale Effekte bereinigten Arbeitslosenzahl seit Anfang Jahr erklärt sich das seco vor allem mit einem verstärkten Rückzug vom Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung nehme im laufenden Jahr weiter ab und dürfte erst 2006 wieder leicht steigen.

Privatkonsum bleibt schwach

Die hohe Arbeitslosigkeit bremst auch den Konsum – eine wichtige Stütze der Konjunktur. Die privaten Konsumausgaben sollen nur um 0,8% im laufenden und um 1,2% im kommenden Jahr steigen.

Und auch von der öffentlichen Hand sind keine Impulse zu erwarten. Die Staatsausgaben sollen 2005 um 0,7% steigen und werden 2006 voraussichtlich stagnieren.

Hoffnungsschimmer tiefe Zinsen und Frankenkurs

Bei den Bau- und Ausrüstungsinvestitionen dürfte die Erholung anhalten. Die nach wie vor sehr tiefen Zinsen in der Schweiz sollten die Investitionstätigkeit weiter unterstützen. Das seco geht für die nächste Zeit nicht von einer starken Erhöhung der Zinsen aus.

Einen Lichtblick erkennen die Konjunkturexperten immerhin beim Franken-Kurs. Mit der Erholung des Dollars an den Devisenmärkten habe auch der Franken an Wert verloren – bei annähernd stabilem Kurs zum Euro. Das dürfte die Exportwirtschaft stützen.

Reihum Anpassungen nach unten

Mit seiner düsteren Wirtschaftsbeurteilung steht das seco nicht allein da. Auch Grossbanken und Forschungsinstitute haben ihre Erwartungen nach unten revidiert. Zuletzt hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre BIP-Prognose für 2005 von 1,5 auf 1,0% zurückgenommen.

Am optimistischsten geben sich derzeit die Grossbank UBS und die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, die für 2005 ein Wachstum von 1,6% prognostizieren. Die Experten von BAK Basel Economics sagen ein BIP-Wachstum von 1,4% voraus, und die Credit Suisse erwartet 1,2%.

swissinfo und Agenturen

Die Nationalbank hat bereits vor zwei Wochen ihre Prognose auf 1% gesenkt.

Andere sind weniger optimistisch als das seco. Die Bank Julius Bär rechnet mit einem Wachstum von lediglich 0,7%.

Der Wirtschaftsexperte Bernard Lambert von Pictet & Cie ist der Ansicht, dass ein jährlicher Anstieg um 0,9% bereits als optimistisch zu werten sei.

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