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Schweizer Milchmarkt hart umkämpft

Ein grosser Teil des Schweizer Warenkorbes besteht aus Milchprodukten. Keystone Archive

Der Milchverarbeitungs-Konzern Emmi ist im vergangenen Jahr vorab dank Übernahmen kräftig gewachsen und hat seine Position als Marktführer klar ausgebaut.

Doch der Konkurrenz- und Innovationsdruck ist gross. Denn der Gesamtmarkt stagniert.

Der Expansionskurs von Emmi ist aus den am Donnerstag publizierten Zahlen deutlich abzulesen: Der Umsatz wuchs 2003 um 35 Prozent auf 1,879 Mrd. Franken. Nur 5 Prozentpunkte davon sind auf inneres Wachstum zurückzuführen, der Rest auf Übernahmen.

Der Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) kletterte trotz Integrationskosten um 47 Prozent auf 118 Mio. Franken.

Der Milchverwerter wertet das Jahr als erfolgreich. In einem härter umkämpften Markt mit zunehmendem Margendruck und angespanntem wirtschaftlichen Umfeld habe sich der Konzern behaupten können, schreibt das Unternehmen in seiner Mitteilung.

Emmi erwirtschaft rund einen Viertel des Umsatzes mit «Frischprodukten», einen weiteren Viertel mit «klassischen Molkereiprodukten», und den grössten Umsatzteil mit Käse.

Bis 2005 möchte Emmi an die Börse gehen. Die Milchproduzenten würden dann noch 50% der Aktien halten, und Nestlé Schweiz neu höchstens 5% – als Entschädigung für den Fabrikationsbetrieb in Hirzel («Hirz»-Jogurt).

Hart umkämpfter Inlandmarkt

Was wie eine Standardfloskel daherkommt, ist in der Milchverarbeitungs-Branche harte Realität – auch für die wenigen Grossen.

Die Liquidierung der vormals grössten Milchwirtschafts-Gruppe der Schweiz, Swiss Dairy Food (SDF) vor zwei Jahren machte klar, wie schnell die ganze Branche trotz des Wettbewerbs an den Plafond nationaler Grenzen stösst.

Denn solange der Rohmilchpreis der Schweiz weit über dem EU-Preis liegt (rund 70 Rappen), war der marktwirtschaftliche Export bisher kaum ein Thema gewesen – betriebliche Wettbewerbsfähigkeit hin oder her. Die Markt-Schlachten wurden im Inland geschlagen. Der «Export»-Käse aus Überproduktion wird zu Billigpreisen im Ausland abgesetzt.

Doch Emmi erwirtschaftet schon über 23% seines Umsatzes im Ausland – nicht mit normalen Jogurts, sondern mit innovativen Produkten. Tendenz steigend. 2003 stieg das Auslandgeschäft um 67%. Vorerst werde in Europa nur vertrieben. Jetzt denkt man bei Emmi an die Möglichkeit, auch Teile der Produktion ins Ausland zu verlegen.

Noch bleibt der hiesige Markt gegenüber EU-Herstellern abgeschottet: Französische Danone-Jogurts kann man zwar kaufen, aber deutsche Molkerei-Produkte wie die bayerischen «Müller»-Milchprodukte nicht.

Schweizer lieben Milchprodukte

Der Schweizer Konsument trinkt Rekordmengen an (Schweizer-)Milch und isst viel Milchprodukte. Im Schweizer Detailhandel dominieren die Milchprodukte den gesamten Nahrungsmittel-Warenkorb. Von den insgesamt rund 41 Mrd. Franken Food-Umsatz des Detailhandels (2003) entfallen 3 Mrd. auf Milch und Milchprodukte.

Doch der Markt stagniert. Konventionell verarbeitete Produkte sind meist keine Wachstumsrenner mehr, und so setzen viele Produzenten auf Natur und Umwelt sowie auf Functional Food.

Das Sortiment in den Supermärkten ändert sich ständig. Jogurts gibts inzwischen längst nicht nur stichfest oder mit Früchten, sondern als Trinkjogurt, als Energy- oder als Schönheits-Drinks (Aloe Vera) etc.

Während sportlich, wellness- oder fitnessmässig angereicherte Produkte bessere Absatz-Chancen aufweisen, haben es die medizinisch begründeten Produkte der Functional-Food-Familie beim Konsumenten schwerer, wie Karl Weisskopf, Sprecher der Supermarkt-Kette Coop, gegenüber swissinfo sagt.

Unterschiedliche Strategien der Grossen

Neben der ständigen Suche nach neuen zeitgeistigen Hype-Kreationen steht hinter der Milchverarbeitung produktionsseitig ein agrarpolitisch geprägter Traditionalismus. Der wichtigste Milchverarbeiter, die Emmi AG, gehört zu 70% den Bauern selbst.

Ein weiterer Grossbetrieb, Elsa, ist ein Produktionsbetrieb des Detailhandels-Riesen Migros. Geografisch konzentriert sich die Verarbeitung stark auf Standorte wie Emmen (Emmi) oder Estavayer (Elsa).

Die beiden unterscheiden sich dadurch, dass Emmi ihre Produkte primär als Markenartikel über verschiedene Absatzkanäle wie Coop verkauft, während die Elsa für die Eigenmarken der Migros produziert.

Nestlé ist indirekt über ihre Marken wie Hirz (inzwischen von Emmi hergestellt) auch in der Schweiz präsent, und gilt ebenfalls als Player in der inländischen Milchverarbeitung. Nestlé ist als einziger wirklich global verankert, und iniziiert Lifestyle-Trends namhaft mit (probiotische LC1-Sauermilch). Denn hier liegt ein Potenzial an Wertschöpfung.

Wer soll wie viel profitieren können?

Die traditionellste Verarbeitung – und somit Wertschöpfung – ist aber weiterhin die Verkäsung, der grösste Teil der Rohmilch wird zu verschiedenen Käsearten verarbeitet.

Das geschieht zum Beispiel entweder in Emmen industriell, oder in einer kleinen Molkerei. Um die bei der Milchverarbeitung entstehende Wertschöpfung, also den Wertzuwachs pro Kilogramm verarbeiteter Rohmilch, streiten sich die zentralisierten Giganten mit den dezentralen Randregionen, in denen die meiste Rohmilch anfällt.

Dieser Wertzuwachs ist für die Rentabilität der Grossverarbeiter und auch für die Regionalpolitik relevant.

Denn die Milchwirtschaft ist für viele Randregionen immer noch der wichtigste Wirtschaftszweig. Laut einer Studie der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL) vermag die direkt in der Region verarbeitete Milch die Wertschöpfung pro Kilogramm bis zum Doppelten zu vergrössern.

Mit anderen Worten: 40 Mio. kg verarbeitete Milch entsprechen rund 30 Mio. Franken zusätzlicher regionaler Wertschöpfung – das sichert bis 300 Arbeitsplätze und verhindert Abwanderung.

swissinfo, Alexander Künzle

Umsatz 2003: 1,879 Mrd. Fr. (+ 35%)
Betriebsgewinn 2003 vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen: 118 Mio. Fr. (+47%)

Während der Bund die Rohmilchproduktion der Bauern aus agrarpolitischen Gründen unterstützt, herrscht in der industriellen Milchverarbeitung weitgehend modernster Verdrängungs-Kapitalismus.

Wenige Giganten stehen vielen kleinen Molkereien gegenüber.

Die Liquidierung der vormals grössten Milchwirtschafts-Gruppe der Schweiz, Swiss Dairy Food (SDF) vor zwei Jahren machte klar, wie schnell die ganze Branche trotz des Wettbewerbs an den Plafond nationaler Grenzen stösst.

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