Schweizer Vorschlag zur Kaffeepreis-Stabilisierung
Der Kaffeepreis ist so niedrig wie seit einem Jahrhundert nicht mehr. Die ohnehin armen Produzenten-Länder erleiden massive Verluste.
Zur Unterstützung dieser Länder hat ein Schweizer die Idee einer Kaffee-Importsteuer lanciert.
Innerhalb der letzten drei Jahre ist der Kaffeepreis um 50% gesunken. Die Krise gefährdet die Lebensgrundlage von weltweit 125 Millionen Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien. Jetzt möchte der Schweizer Kaffeehandels-Spezialist Walter Zwald die Krise in den Griff kriegen – mit einer Importsteuer.
Seit Januar 2000 ist der von der Internationalen Kaffeorganisation (ICO) in London ermittelte gewogene Mischpreis aus den beiden Hauptsorten Robusta und Arabica um etwa die Hälfte auf nur noch etwa 0,4 Dollar je Pfund abgestürzt. Heute, im Februar 2003, liegt er nicht viel höher.
Laut der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) war der Kaffepreis im Jahr 2002 mit 350 Dollar pro Tonne auf dem Tiefpunkt angelangt; heute liegt er bei 950 Dollar. Wenn sich der Kaffeepreis auf dem Niveau von 1998 stabilisiert hätte, wären nach einer Schätzung der UNO-Organisation während der Periode 1999-2002 19 Mrd. Dollar mehr in die Kassen der Produzentenländer geflossen.
Dramatische Einbussen
In Uganda lebt ein Viertel der Bevölkerung von der Kaffee-Produktion. Das Land verlor letztes Jahr 30% seiner Einnahmen aus dem Kaffee-Export. Ebenso Äthiopien, das über die Hälfte seiner Export-Einnahmen mit dem Verkauf von Kaffee erwirtschaftet.
In Mittelamerika sind die Einnahmen aus dem Kaffee-Export laut der britischen Hilfsorganisation Oxfam um 44%, nämlich von 2,3 auf 1,3 Mrd. Franken, gesunken.
Nicht gesunken für alle diese Produzenten-Länder sind die Kosten für Importwaren aus den Industriestaaten. Mit anderen Worten: Die Kaffee-Ernte in den Drittwelt-Ländern ist in Industriegütern gemessen immer weniger wert.
Kaffee-Unterstützungsfonds
Der Schweizer Kaffeehandel-Konsulent Walter Zwald schlägt einen Weltunterstützungsfonds für die Kaffee-Produzenten vor. Gespiesen werden soll dieser Fonds von den Kaffee-Importeuren, und zwar durch eine Steuer von einem Dollar auf 50 Kilo Kaffee. Umgerechnet auf den jährlichen Kaffee-Konsum von rund 4,2 Mio. Tonnen würde eine solche Importsteuer 84 Mio. Dollar pro Jahr einbringen.
Nach der Idee von Zwald sollte die Hälfte dieser Gelder für Projekte zur Rationalisierung der Kaffeeplantagen in den Produzentenländern verwendet werden sowie zur Verhinderung von Überproduktion, zur Verbesserung der Kaffeebohnen-Qualität und für soziale Projekte.
Die andere Hälfte des Fonds sollte gemäss Zwald zu Marken-Promotionszwecken in Europa und den USA sowie in Ländern mit wachsendem Kaffee-Konsum dienen.
Preiszerfall stoppen
Der Vorschlag des Schweizer Konsulenten erfolgte an einem Treffen der UNCTAD und des Internationalen Instituts für nachhaltige Entwicklung (Kanada), an dem die Kaffee-Produzentenländer, die Kaffee-Industriellen (Importeure, Röster und Detailhändler) sowie internationale Institutionen teilnahmen.
An der Konferenz wurden verschiedene Vorschläge zum Stopp des Preiszerfalls erörtert. Derzeit wird der Kaffeemarkt überschwemmt mit einer Überproduktion von rund 540 Mio. Kilo aus traditionellen, aber auch aus neuen Produzentenländern wie Vietnam. Das asiatische Land entwickelte sich in den letzten Jahren zum zweitgrössten Kaffeelieferanten hinter Brasilien.
Den ganzen Kaffeehandel erfassen
Die grössten Verlierer sind laut Walter Zwald jene 25 Millionen Kleinproduzenten in Afrika und Lateinamerika, die 70% der Kaffee-Weltmarktproduktion liefern. Mit seiner Idee will der Schweizer Konsulent mehr bewirken als zum Beispiel die Stiftung Max Havelaar mit ihrer Initiative für einen gerechten Handel.
Bei den Max Havelaar-Produkten zahlt der Konsument einen Aufpreis, der den Kleinbauern zugute kommt. Allerdings umfasst das Volumen der Havelaar-Produkte lediglich 3% des Marktes.
Andreas Leisinger, Produkte-Verantwortlicher für Kaffee bei der Max Havelaar-Stiftung Schweiz, begrüsst Aktivitäten, die Kaffee-Kleinbauern in der Dritten Welt unterstützen.
«Wir gehen aber davon aus, dass diese Abgabe heruntergerechnet auf das Kilo nur zwei Cents (0,02 Dollar) beträgt, was die wirklich grossen Probleme nicht lösen kann», sagt Leisinger gegenüber swissinfo. Insbesondere wenn man wisse, dass die Produktionskosten im Moment etwa 25 bis 30 Cents pro Pfund höher seien als der Weltmarktpreis.
Kritik an der Höhe des Beitrags
Für die Max Havelaar-Stiftung müsste jedenfalls im Fall einer solchen Importsteuer transparent aufgezeigt werden, «wie dieser sehr, sehr kleine Beitrag im Süden dann eingesetzt wird zur direkten Verbesserung der Lebensbedingungen von Kaffeebauern».
Mit dem Unterstützungsfonds will Kaffeehandel-Konsulent Walter Zwald den gesamten Kaffeehandel erfassen und die Last der Steuer einzig und allein den Importeuren aufbürden.
Allerdings: An der Konferenz hat sich noch niemand direkt zu dem Schweizer Vorschlag geäussert. Alles hänge von den Importeuren ab, sie würden zur Kasse gebeten, erklärte Zwald.
swissinfo, Jean-Michel Berthoud
Innerhalb der drei letzten Jahre sank der Kaffeepreis um 50%
1996 waren noch 1,95 Mrd. Dollar durch den Kaffee-Export nach Mittelamerika geflossen, 2002 waren es noch knapp 900 Mio.
Seit Januar 2000 ist der Mischpreis aus den beiden Hauptsorten Robusta und Arabica um etwa die Hälfte auf nur noch etwa 0,4 Dollar je Pfund abgestürzt. Heute, im Februar 2003, ist er nicht viel höher
Nestlé kauft 12% der Kaffee-Welternte auf
Neben den kleinen mittelamerikanischen Ländern sind Mexiko, Brasilien, Kolumbien, Indonesien, Elfenbeinküste, Uganda und neuerdings Vietnam die wichtigsten Kaffee-Exportländer. Mit einem Marktanteil von 30% ist Brasilien der wichtigste Lieferant am Weltmarkt, Vietnam ist der zweitgrösste Kaffee-Produzent.
Noch 1997 war der Rohkaffee-Preis so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dann verursachten Vietnams Verzehnfachung der Produktion und Brasiliens Erholung von den Missernten Mitte der 90er Jahre ein riesiges Überangebot. Der Preis fiel fast sechs Jahre lang. Heute ist er so niedrig wie seit einem Jahrhundert nicht mehr.
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