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Schweizer Wirtschaft kommt auf Touren

Wieder neue Perspektiven für den Konsum? Keystone Archive

Das Bruttoinlandprodukt hat in den ersten drei Monaten 2004 gegenüber dem Vorquartal um 0,4% zugenommen. Im Vorjahres-Vergleich machte das Wachstum 1,5% aus.

Die Schweizer Wirtschaft kommt auf Touren. Auch andere Indikatoren zeigen dies.

Laut Experten blieb die wirtschaftliche Leistung im ersten Quartal 2004 aber hinter den Erwartungen zurück. Die Ökonomen hatten einen Anstieg des Quartal-Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,5 bis 0,7% und 1,6% aufs Jahr erwartet, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) am Freitag mitteilte.

Im Vorjahresvergleich machte das Wachstum 1,5% aus. Diese Zunahme ist im Vergleich mit 2003 die höchste in der Schweiz seit drei Jahren. Als eigentliche Konjunkturlokomotive erwiesen sich in den ersten drei Monaten vor allem die Warenexporte. Aber auch der private Konsum expandierte weiter.

Positive Impulse gingen von den Exporten aus, wie das seco weiter mitteilte. Für das ganze Jahr rechnet das seco weiterhin mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8%.

Generelle Wachstumsschwäche

Für seco-Chefökonom Aymo Brunetti ist die BIP-Zunahme von 0,4% zwar «kein Boom», aber auch keine Enttäuschung. Das Ergebnis entspreche den Erwartungen. Auch in Phasen des Aufschwungs schlage die generelle Wachstumsschwäche der Schweizer Wirtschaft durch.

Die Schweiz profitiere zwar vom Aufschwung in den USA, Asien und Europa, dem wichtigsten Handelspartner. Dies zahle sich aber wegen der Strukturen der Schweizer Wirtschaft, zu denen der seco-Chefökonom die Produktivitäts-Schwäche zählt, nicht so stark aus.

«Das Hauptproblem liegt bei den verkrusteten Strukturen der Schweizer Wirtschaft. Konjunkturelle Gründe spielen dabei keine Rolle», so Brunetti zu swissinfo.

Besser als nichts

Die 0,4%-Zunahme ist für Stéphane Garelli, Professor am Internationalen Institut für Management-Entwicklung in Lausanne (IMD), «besser als nichts». Aber das genüge nicht. «Die Schweiz wird mit diesem 0,4%-Wachstum ihre Probleme nicht lösen», sagt er gegenüber swissinfo.

Garelli sieht ein Problem in der öffentlichen Verschuldung. Vor allem aber bremsten die Strukturen der Schweizer Wirtschaft eine dynamische Entwicklung.

Grösserer Schwung

Für das Lausanner Institut Créa gewinnt die Schweizer Wirtschaft an Schwung. Diese Entwicklung dürfte bis Ende Sommer anhalten, hatte das Institut diese Woche erklärt.

Das Créa-Konjunkturbarometer für das langfristige Wachstum erreichte im zweiten Quartal 2004 die Marke von 100 Punkten. Von zögerlichem Aufschwung könne nicht mehr die Rede sein. Ende Sommer sollte das Konjunkturbarometer gar 102 Punkte erreichen. Die sich abzeichnende Tendenz müsse aber noch bestätigt werden, hiess es weiter.

Auch KOF-Barometer springt nach oben

Auch das Barometer der Konjunktur-Forschungsstelle KOF der ETH Zürich zeigt im Mai nach oben. Die Schweizer Wirtschaft werde anders als zuletzt befürchtet auch in der zweiten Jahreshälfte deutlich an Schwung gewinnen.

Im April war das KOF-Barometer noch mit 0,56 Punkten angegeben worden nach 0,55 im März. Im Mai kletterte der Index auf 0,95 Punkte, wie die KOF bekannt gab. Zugleich hat sie die Werte für April auf 0,85 und für März auf 0,74 nach oben korrigiert.

Das Konjunkturbarometer signalisiert damit im ganzen Jahresverlauf kontinuierlich steigende Wachstumsraten des BIP. Die jüngste Umfrage habe vorübergehende Anzeichen für eine Stagnation in der zweiten Jahreshälfte ausgeräumt, hiess es.

Verbessert hat sich die Lage gemäss der KOF-Umfrage in der Industrie und insbesondere auf dem Bau. So habe sich der Auftragsbestand im Baugewerbe deutlich erhöht.

Aufwärtstrend

Die Industrie befürchte jetzt keine zwischenzeitliche Abschwächung beim Bestellungseingang mehr. Die Aufwärtstendenz halte nun schon seit Mitte des vergangenen Jahres an.

Ölpreisanstieg sollte Aufschwung nicht gefährden

Die Hausse der Erdölpreise stelle zwar ein Konjunkturrisiko dar, sollte den Aufschwung in der Schweiz aber nicht abwürgen. Für die beruhigende Einschätzung führt das seco mehrere Argumente ins Feld.

Selbst ein deutlicher Ölpreisanstieg in der Grössenordnung von zehn Dollar pro Fass löse eine zwar spürbare, aber doch verkraftbare Wachstumsdämpfung von wenigen Zehntels-Prozentpunkten aus. Die Einbusse in der Schweiz dürfte bei diesem Szenario knapp 0,4 Prozentpunkte des BIP ausmachen. Gleichzeitig müsste mit einem Teuerungsanstieg von gegen 0,6 Prozentpunkten gerechnet werden, heisst es im seco.

Entspannung der Beschäftigungslage

Die Beschäftigungslage hat sich in fast allen Grossregionen der Schweiz entspannt. Ausnahme ist die Nordwestschweiz, die einen Rückgang um 1,4% oder 7100 Stellen hinnehmen musste. Grund war die Flaute in der Industrie.

Auch die Genferseeregion musste im ersten Quartal 2004 einen Rückgang (-0,3% oder 1800 Stellen weniger) hinnehmen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Donnerstag mitgeteilt hatte. Das Tessin verlor 300 Stellen (-0,2%). Beide Regionen konnten aber den Abwärtstrend verlangsamen.

Am besten schnitt die Region Mittelland ab mit einem Plus von 0,8% auf 6200 Stellen. Auf dem zweiten Platz lag Zürich mit 4300 (+0,6%) Stellen. Positive Zuwachsraten verzeichneten auch die Ostschweiz mit 3700 Stellen (+0,8%) und die Zentralschweiz mit 2000 Stellen (+0,6%).

swissinfo und Agenturen

Die Schweizer Wirtschaft ist im ersten Quartal 2004 weiter gewachsen. Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) erhöhte sich im Vergleich zum Vorquartal um 0,4%.

Im Vorjahres-Vergleich machte das Wachstum 1,5% aus. Das ist die höchste Zunahme seit drei Jahren.

Die Wachstumsraten waren allerdings etwas geringer, als die meisten Ökonomen erwartet hatten. Als Konjunktur-Lokomotive erwiesen sich in den ersten drei Monaten vor allem die Warenexporte.

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