Schweizer Züge für Touristen auf der richtigen Spur?
Die Tickets für Schweizer Eisenbahnen werden teils massiv teurer. swissinfo.ch hat hingeschaut, wer im Eisenbahnland tiefer in den Geldbeutel greifen muss. Gäste aus dem Ausland kommen fast ungeschoren davon.
Im Dezember werden die Preise für Zugbillette im Schnitt 5,9% teurer. Dasselbe gilt auch für Fahrten mit dem Postauto.
Touristen aber können beruhigt sein: Die Preise für Mehrtagespässe, gerade für Feriengäste gedacht, bleiben gleich, wie Daniele Pallecchi von den Schweizerischen Bundesbahnen gegenüber swissinfo.ch sagt.
Er verneint auch, dass Bahnfahren in der Schweiz generell teurer sei als im Ausland. «Internationale Vergleiche zeigen, dass die Schweizer Ticketpreise im europäischen Schnitt liegen», so Pallecchi.
Zudem sei Touristen bewusst, dass die Schweiz kein Tiefpreisland sei. «Dennoch arbeiten wir mit den Tourismusganisationen zusammen, um attraktive Pakete anbieten zu können.»
Engländer in der Schweiz verwöhnt
Gerade Zugreisende aus Grossbritannien dürften ob der hiesigen Billettpreise überrascht sein, zahlen sie doch in ihrer Heimat im Durchhschnitt doppelt so viel, wie eine Studie zeigte.
Zwar drückt der hohe Frankenkurs zur Zeit zusätzlich auf die Preise. Doch die Wahl des «richtigen», das heisst auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittenen Passes zahlt sich aus.
Wie immer bedeutet Wahl aber auch Qual. Die ausländischen Gäste können aus nicht weniger als fünf Optionen auswählen (für Details: Link von Schweiz Tourismus).
Das Beste ist immer noch, sich über die einzelnen Angebote genau zu informieren. Dabei sollten Touristen auch das Halbtax-Abonnement prüfen, das 2,2 Mio. Schweizerinnen und Schweizern besitzen.
Gerade, wer das Land öfter besucht, länger bleibt oder viele Sehenswürdigkeiten besuchen will, könnte damit am besten fahren. Das Abo, das für ein Jahr 150 Franken kostet, verbilligt Reisen mit fast sämtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln um – wie es der Name sagt – die Hälfte.
Auf den richtigen Mix kommts an
Daniella Bär von Schweiz Tourismus glaubt nicht, dass das Angebot für Touristen verwirrend sei. «Ob Rentner, Studenten, Familien, wir müssen einen Mittelweg mit einem guten Mix finden. Bieten wir zu wenige Optionen an, würden die Kunden enttäuscht sein», sagt sie.
Ausgezeichneter Ruf
Nicht nur bei Mark Smith geniessen Schweizer Eisenbahnen einen hervorragenden Ruf. «Schweizer Züge haben bei Reisenden aus Grossbritannien, aber auch aus anderen Ländern ein sehr hohes Ansehen. Dies wegen der Pünktlichkeit, Sauberkeit, des dichten Fahrplans und der grossen Streckennetzes und der schönen Landschaft», lobt der Fachmann in Sachen Bahnreisen.
Smith betreibt seit 2001 unter dem Pseudonym «The Man in Seat 61» eine Internetseite, um Touristen das internationale Reisen per Eisenbahn zu vereinfachen.
Bahnreisen seien praktischer, günstiger, schneller und komfortabler als die meisten Menschen denken würden, lautet das Credo von Mark Smith,
Diesen Ball nimmt Daniella Bär von Schweiz Tourismus gern auf. «Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist auf sehr hohem Niveau. Die Fahrpläne sind nicht nur sehr zuverlässig – Schweizer Züge sind punkto Pünktlichkeit stets führend – sondern auch durchdacht.»
Besuche ein Gast ein Tal, das er per Bahn und Bus erreiche, seien die Anschlüsse aufeinander abgestimmt, hebt Bär hervor. Wartezeiten von mehr als zehn Minuten seien die Ausnahme.
Kein Paradies für Zugfahrende
Dies alles macht aber die Schweiz dennoch nicht zu einem Schlaraffenland für Zugreisende. Smith vermisst insbesondere Günstigangebote, die im Voraus gebucht werden könnten. Ebenso verbilligte Billetts ausserhalb der Touristensaison, wie es sie in England, Deutschland, Frankreich und Spanien gibt.
Er erinnert sich an zwei Freunde, mit denen er einmal Zermatt besucht habe. «Sie sind mit einem Mietwagen zurück zum Flughafen Genf gefahren, es war billiger», so der Zugfan.
In einem solchen Fall wäre das so genannte Swiss Transfer Ticket eine gute Alternative gewesen. Ein Retourbillett zweiter Klasse ab der Schweizer Grenze oder von einem der Schweizer Flughäfen zu einer Sehenswürdigkeit kostet für Erwachsene 127 Franken.
«Einfach kaufen und auf den Zug aufspringen», lautet nach Smith der grösste Vorteil dieser Option.
«Very expensive»
Schön und gut, aber was denken die Touristen selber, welche die Schweiz per Bahn erkunden. Im Zug nach Interlaken im Berner Oberland sitzt Alvin Goh. Der Gast aus Singapur hat für seinen Flexi Pass, der vier Tage gültig ist, 230 Franken bezahlt.
«Das ist, ehrlich gesagt, teuer. Aber die Dinge sind teuer in der Schweiz. Ich will die Viertageskarte so gut ausnützen wie möglich», hat sich der Mann aus Fernost vorgenommen. Er freut sich auf die Fahrten in Panoramawagen durch die Alpenlandschaft.
Wären die Preise tiefer, würden noch mehr Menschen die Schweiz besuchen, glaubt er. «Müsste ich das Preisniveau in der Schweiz auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten, gäbe ich ihr eine 9.» Wohlgemerkt: Aus seiner Sicht wäre die 1 top, nicht die 10.
Thomas Stephens, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Renat Künzi)
Schweizerinnen und Schweizer fuhren 2422 Kilometer im Zug. Die Zahl gilt für das Jahr 2008. Gegenüber dem Vorjahr sind das 300 km mehr.
Die Japaner kamen auf 2010 km, die drittplazierten Franzosen auf 1377 km. Schlusslicht waren 2008 die Litauer mit 112 km.
Auf den Geleisen der Schweizerischen Bundesbahnen verkehren pro Tag 9000 Züge.
An den Hauptknotenpunkten kommen täglich 1000 Züge an oder fahren ab.
Die Hauptverbindungen, beispielweise von Ost und West, werden von 500 Zügen befahren.
Laut den SBB betreiben sie das dichteste Zugnetz Europas.
19 von 20 Zügen kommen mit weniger als vier Minuten Verspätung am Zielort an.
Im ersten Halbjahr 2010meldeten die SBB mit 132, 8 Mio. Franken knapp einen Drittel mehr Gewinn als in der Vorjahresperiode.
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