Serono geht an deutsche Merck
Die Bertarelli-Familie verkauft ihr Biotechnologie-Unternehmen Serono an den deutschen Pharmakonzern Merck. Merck erwirbt 64,5% an Serono.
Wie die Familienholding Bertarelli Biotech am Donnerstag mitteilte, bleibt das Hauptquartier des nun Merck-Serono Biopharmaceuticals heissenden Konzerns in Genf.
Merck bezahlt 1100 Franken pro Serono-Aktie. An Stimmrechten erwirbt der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern damit 75,5%. Das Angebot liege 29% über dem durchschnittlichen Börsenkurs der Aktie in den vergangenen 30 Tagen, teilte die Familienholding weiter mit. Serono erreiche damit einen Wert von 16,1 Mrd. Franken.
Das neue Unternehmen soll den Namen Merck-Serono Biopharmaceuticals tragen und das Hauptquartier in Genf haben. US-Sitz wird Boston. Merck behält seinen Hauptsitz in Darmstadt.
Marken bleiben
Alle Marken von Serono bleiben bestehen. Basierend auf Zahlen von 2005 wird der fusionierte Konzern einen pro-forma-Umsatz von 12,2 Mrd. Franken haben, 5,7 Mrd. davon aus der Biopharma-Sparte.
Mit der Transaktion entstehe ein weltweit tätiger Konzern mit Kompetenzen in Krebstherapie, Behandlung von Erkrankungen des Immunsystems, Entzündungs- und weiteren Krankheiten, erklärte Ernesto Bertarelli in einem Communiqué. Serono werde innerhalb von Merck weiterhin eine führende Rolle in der Biotechnologie einnehmen.
Bertarelli erleichtert, aber auch traurig
Die Vereinbarung mit dem deutschen Pharmakonzern Merck zur Übernahme von Serono ist offenbar innert kurzer Zeit zu Stande gekommen. Die Verhandlungen seien «extrem schnell» abgeschlossen worden, sagte Serono-Chef Bertarelli. Der Deal mache Sinn, zumal sowohl Serono wie auch Merck weiter wachsen müssten, um in globalen Pharmawettbewerb bestehen zu können.
Zusammen wollen Serono und Merck pro Jahr eine Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung investieren. Bertarelli habe dem deutschen Pharmakonzern offeriert, dass er Merck-Serono Biopharmaceuticals so lange zur Verfügung stehen werde, wie dies Merck wünsche.
Persönlich sei er aber auch ein bisschen traurig, weil er längerfristig nicht mehr bei Serono dabei sein werde, sagte Bertarelli weiter. Es sei fast so, wie wenn zwei Hälften in seinem Kopf in einem Konflikt stehen würden: Die rationale Seite wisse, dass der Deal mit Merck eine sehr gute Sache sei sowohl für Serono, wie für die Aktionäre und die Angestellten.
Auf der emotionalen Seite gebe es aber Momente der Traurigkeit, sagte Bertarelli, der zur Gründerfamilie des Genfer Biotechnologie- und Pharmakonzerns Serono gehört.
Überraschender Verkauf
Der Verkauf kommt überraschend: Noch im Juli, bei der Präsentation der Ergebnisse des zweiten Quartals, bekräftigte Serono, durch Übernahmen wachsen zu wollen. Kandidaten würden geprüft, Gespräche liefen.
Im Frühling hatte Serono eine Kehrtwende vollzogen und eine aggressive Übernahme-und Einzellizenzierungs-Strategie ausgerufen. Im April waren Verkaufspläne geplatzt. Die Suche nach einem Käufer war im November 2005 gestartet worden.
Durch eine im April beschlossene Kapitalerhöhung verfügt der Konzern über eine gut gefüllte Kasse; Ende Juni beliefen sich die liquiden Mittel auf 1,8 Mrd. Franken. Serono rechnete dementsprechend mit fast 10 Mrd. Franken, welche für Übernahmen zur Verfügung gestanden hätten. Die strategische Wende sorgte für Kritik.
swissinfo und Agenturen
Merck erwirbt 64,5% an Serono.
Merck bezahlt 1100 Fr. pro Serono-Aktie.
Merck erwirbt damit 75,5% an Stimmrechten.
Gemessen an Mercks Offerte erreicht Serono einen Wert von 16,1 Mrd. Fr.
Der in Genf ansässige Serono-Konzern gilt weltweit als Nr. 3 in der Biotechnologie-Branche. In Europa ist er die Nr. 1.
Die Gruppe ist Leader in der Behandlung von Unfruchtbarkeit und hat starke Positionen in Neurologie, Stoffwechsel und Wachstum.
Serono vertreibt acht biotechnologische Produkte in 90 Ländern.
Das Unternehmen beschäftigt 4900 Personen.
Ab letztem Herbst machten Spekulationen um einen möglichen Verkauf der Gruppe durch den Mehrheits-Aktionär Ernesto Bertarelli die Runde.
Bertarelli ist ebenfalls CEO von Serono. Bekannt ist er als Chef des Schweizer Segel-Teams Alinghi, das 2003 den America’s Cup gewann.
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