Sieg der Kleinen über grosse Swatch
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ETA, eine Tochter des Uhrenkonzerns Swatch, muss ihre Kunden bis 2010 – vier Jahre länger als geplant - mit Rohwerken für mechanische Uhren beliefern.
Darauf haben sich die ETA und die Wettbewerbskommission (Weko) nach einer zweijährigen Untersuchung geeinigt.
In der Schweizer Uhrenindustrie ist ein Seilziehen beendet, bei dem es auch um Arbeitsplätze geht: Die Swatch-Tochter ETA muss ihre Kunden bis Ende 2008 im bisherigen Umfang mit Rohwerken für mechanische Uhren beliefern. Danach produziert die ETA die Werke während zwei weiteren Jahren noch in reduziertem Umfang.
Darauf haben sich die ETA und die Weko nach einer zweijährigen Untersuchung einvernehmlich geeinigt, wie es in einer Mitteilung der Wettbewerbs-Behörde vom Freitag heisst.
Keine Alternativen in Sicht
Für zahlreiche Uhrenhersteller hätte die Umsetzung der ursprünglich geplanten ETA-Strategie faktisch das Aus bedeutet, da keine alternativen Lieferanten existierten, lautete die Begründung.
Durch die Ausdehnung der Pflicht zur weiteren Belieferung auf die nächsten sechs Jahre hätten andere Unternehmen die Möglichkeit, selber neue Produktionsstätten für Uhren-Rohwerke aufzubauen. Damit soll laut Weko eine von Wettbewerb geprägte Marktsituation gewährleistet werden.
Marktmissbrauch
In ihrer Untersuchung waren die Wettbewerbshüter des Bundes zum Schluss gekommen, dass die ETA bei den in der Schweiz hergestellten mechanischen Rohwerken über eine marktbeherrschende Stellung verfüge. Dies gilt für die Kategorie bis zu einem Preis von 300 Franken pro Rohwerk. Eine solche ist jedoch aufgrund des Kartellgesetzes verboten.
Ursprünglich hatte die ETA die Produktion von Rohwerken sehr viel schneller beenden wollen: Im Juli 2002 hatte das Unternehmen den Kunden erklärt, die Lieferungen ab Januar 2003 zu reduzieren und ab 2006 ganz einzustellen. Stattdessen wollte das Unternehmen nur noch fertig montierte Uhrwerke liefern.
Aufgrund dieser Ankündigung reichten mehrere Kunden aus der Branche bei der Weko Anzeige ein. Die Reduktion und die vollständige Einstellung der Lieferungen sei als unzulässige Verweigerung von Geschäftsbeziehungen und damit als missbräuchlich im Sinne des Kartellgesetzes zu qualifizieren, begründete die Weko.
Herzstück der Uhrenindustrie
Die zur Swatch Group gehörende Uhren- und Uhrwerke-Manufaktur ETA ist ein in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannter Riese. Dabei ist das Grenchner Unternehmen die weltweit grösste Herstellerin mechanischer Uhrwerke und beschäftigt 8000 Mitarbeiter.
ETA gilt als das Herzstück des Swatch-Konzerns und der Schweizer Uhrenindustrie schlechthin. Diese Position konnte sich das Unternehmen erarbeiten, weil einerseits die Fertigung von Rohwerken einen sehr kapitalintensiven Maschinenpark bedingt.
Andererseits haben sich die anderen Hersteller während Jahrzehnten auf die Uhrwerke der ETA verlassen und dafür Milliarden ins Marketing und in Akquisitionen investiert. Die gefährlichen Folgen: Ein krasses Innovationsdefizit und eine übergrosse Abhängigkeit von der Swatch Group.
Experten sagen der Uhrenbranche deshalb einen tief greifenden Strukturwandel voraus. Immerhin haben in jüngster Zeit mit Indtec, Technotime und Swiss Time Technology (STT) drei Unternehmen in der Schweiz begonnen, eigene Uhrwerke zu produzieren.
swissinfo und Agenturen
ETA ist die weltweit grösste Herstellerin mechanischer Uhrwerke und beschäftigt 8000 Mitarbeiter.
ETA gilt als Herzstück der Schweizer Uhrenindustrie.
Fast 80% aller mechanischen Uhren, die das Siegel «Swiss made» tragen, sind mit einem ETA-Werk ausgestattet.
ETA verfügt weltweit über 18 Fabrikationsstätten – 12 in der Schweiz, 2 in Frankreich und 1 Werk in Deutschland.
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