Skyguide sucht aus Turbulenzen heraus
Skyguide steht am Mittwoch unter besonderer Beobachtung: Die Schweizer Flugsicherungs-Leitstelle präsentiert ihre Zahlen für das Jahr 2005.
2002 war Skyguide am Flugzeug-Zusammenstoss von Überlingen mit verantwortlich. Zwei Jahre später war der damals verantwortliche Fluglotse ermordet worden.
Nach dem Zusammenstoss zweier Flugzeuge über dem Bodensee vor vier Jahren hatten Diskussionen um die Sicherheit des Skyguide-Dispositivs eingesetzt. Später sah sich Unternehmen seitens des Besitzers, des Bundes, mit grossen Sparforderungen konfrontiert.
Die jüngsten schlechten Nachrichten: Im März verwehrte der Bund grünes Licht für das neue Kontrollzentrum für den oberen Luftraum in Genf.
Grund: Mangelnde Sicherheit. 44 Skyguide-Mitarbeitende, die bereits in die Calvinstadt umgezogen waren, müssen vorderhand wieder zurück nach Zürich. Auf Kosten des Unternehmens.
Anfang April schliesslich deckte das Schweizer Büro für Flugunfall-Untersuchung das Unternehmen mit beissender Kritik ein. Ursache war ein 20-minütiger Computer-Absturz im Zürcher Kontrollzentrum im Jahr 2003.
Auftrieb?
Die Jahreszahlen, die das Unternehmen am Mittwoch präsentiert, sollen den dunklen Horizont jetzt ein wenig aufhellen. Skyguide hofft auf eine Verbesserung gegenüber 2004, als der Umsatz um 6,4% auf über 365 Mio. Franken angestiegen war. Dies dank einer Zunahmen des Luftverkehrs.
Der Gewinn hingegen war 2004 auf 11,2 Mio. Franken eingebrochen, nach 14,8 Millionen im Jahr 2003.
Experten ihrerseits erhoffen sich von den Jahreszahlen Aufschluss über die vom Bund verordnete Sparkur. Diese sieht bis Ende 2007 Kürzungen von 15 Mio. Franken vor.
Gründungs-Euphorie verflogen
Bei der Gründung 2001 war Skyguide als beispielhafte Fusion der zivilen und militärischen Luftraum-Überwachung gefeiert worden. Dann kam der 1. Juli 2002: Ein russisches Passagierflugzeug kollidierte im Nachthimmel über dem süddeutschen Überlingen mit einer Luftfracht-Maschine. Die traurige Bilanz waren 71 Opfer.
Der Luftraum über dem Bodensee-Gebiet wird gemäss internationaler Vereinbarung von der Schweizer Flugsicherung überwacht. Skyguide gab eine Teilschuld an der Tragödie zu und leistete an die Hinterbliebenen Zahlungen in der Höhe von bis zu 150’000 Dollar.
Ein unabhängiger Bericht über die Kollision von Überlingen und eine Reihe weiterer Vorfälle kamen zum Schluss, dass die Standards punkto Sicherheit im Schweizer Luftraum gesunken waren.
Racheakt
Die Zahlungen von Skyguide konnten im Februar 2004 einen russischen Vater nicht davon abhalten, den erlittenen Verlust von Frau und Kindern mit der Ermordung des Fluglotsen zu sühnen, der in der Unfallnacht im Einsatz gestanden war.
Für die Tat wurde der Mann im letzten Oktober zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.
swissinfo, Matthew Allen
Skyguide-Zahlen 2004:
Nettogewinn 11,2 Mio. Franken (2003: 14,8 Mio.)
Umsatz: 365,4 Mio. (2003: 343,3 Mio.)
1326 Mitarbeitende.
Anzahl Flugüberwachungen: 1’104’716.
1931 beauftragte die Schweizer Regierung die Radio Schweiz AG mit der Luftraum-Überwachung.
1988 benannte sich das Unternehmen in Swisscontrol um.
2001 entstand aus der Fusion der zivilen und militärischen Luftraum-Überwachung die Skyguide.
Skyguide ist kein gewinnorientiertes Unternehmen. 99% der Aktien sind in der Hand des Bundes.
Firmensitz ist Genf. 2008 soll ein neues Überwachungs-Zentrum in Zürich in Betrieb genommen werden.
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