Skype: eine Knacknuss für Strafverfolger
Mit der Software Skype kann über das Internet verschlüsselt telefoniert werden - und zwar rund um den Erdball. Diesen Vorteil nutzen immer mehr auch Kriminelle.
Dutzende von Fällen sind der Schweizer Justiz laut Recherchen der Nachrichtenagentur AP allein im Drogenhandel bekannt. Die Firma Skype gibt sich bedeckt.
«Komm, wir skypen», sagt ein mutmasslicher Drogenhändler am Handy, das von den Ermittlern abgehört wird. Worüber die beiden danach gesprochen haben, wissen die Behörden nicht. Situationen wie diese haben die Berner Strafverfolgungsbehörden bereits einige erlebt:
Denn Gespräche von Computer zu Computer mit Skype führen über keinen zentralen Server, in den sie sich einklinken können. Selbst wenn es ihnen gelingen sollte, das Gespräch abzufangen, sind die Daten unbrauchbar: Skype verschlüsselt den Datenverkehr zwischen seinen Anwendern nach höchsten Sicherheitsstandards.
Schwierig zu überwachen
Laut dem Berner Untersuchungsrichter Matthias Stoller führen solche Telefonate meist nach Übersee, oft nach Südamerika. In der Regel gehe es dabei um grössere Geschäfte im Kokainhandel.
Auch die Zürcher Strafverfolgungsbehörden haben nach Auskunft des Leitenden Staatsanwalts Christoph Winkler in laufenden Verfahren im Drogenbereich mit Skype zu tun. «Kriminelle wissen, dass die Behörden Mühe haben, Skype zu überwachen.»
Dass Skype bisher vor allem bei Drogendelikten eine Rolle spielt, steht möglicherweise in Zusammenhang mit der Ermittlungstaktik. Laut Winkler greifen die Behörden dort nicht selten zur Abhörmethode.
Verschiedene Datenbanken
Für den Chef der Arbeitsgruppe Kommunikationsüberwachung (AGKÜ), Bernhard Weder, sind diese Fälle keine Überraschung. Skype sei international ein Problem für die Strafverfolgungsbehörden.
In der AGKÜ haben sich Vertreter der Kantone, des Bundes und führender Telekommunikationsunternehmen zusammengeschlossen. Ziel der Gruppe ist, im Rahmen der Strafverfolgung Möglichkeiten zur Überwachung der Internet-Telefonie zu finden. Bei Skype gestalte sich dies aber besonders schwierig, da die Telefonate über verschiedene Datenbanken laufen, die auf der ganzen Welt verstreut sind.
Wenig kooperativ
Weder geht davon aus, dass die Firma mit Sitz in Luxemburg Möglichkeiten hat, die Telefonate zu entschlüsseln und an die Behörden weiterzuleiten. Skype zeige sich jedoch wenig kooperativ.
Skype dementierte diesen Vorwurf auf Anfrage. Die Firma unternehme alles, um auf gesetzlicher und technischer Ebene mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten, liess sie über eine PR-Agentur ausrichten. Für konkrete Fragen stehe aber kein Ansprechpartner zur Verfügung.
Von einer «nach wie vor schwierigen Zusammenarbeit» spricht auch die Genfer Justiz. Zwar sei bei Skype der gute Wille vorhanden, aber die kommerziellen Interessen würden stärker gewichtet, heisst es.
Die Genfer Behörden haben es pro Jahr mit rund einem Dutzend Fällen zu tun, bei denen Kriminelle sich mit Skype verständigen – auch hier im Betäubungsmittelbereich.
Altbewährtes Abhöhrmittel
Skype macht es den Ermittlern auch deshalb schwer, weil es bisher nicht gelungen ist zu entschlüsseln, wie das Programm im Detail funktioniert. Gemäss Weder zeigt sich die Software gegen jeden Versuch der Erschliessung ihres Aufbaus resistent. «Das Programm ist extrem schlau gemacht.»
So bleibt den Strafverfolgungsbehörden oft nur der Rückgriff auf altbewährte Mittel: Denn gegen Wanzen sind auch Skype-Gespräche nicht gefeit.
swissinfo und Anna Imfeld, AP
Die Software Skype ermöglicht es, gratis Telefongespräche via Internet zu führen. Das Programm wandelt die Gespräche so um, dass sie über das Internet Protocol (IP) übertragen werden können.
Um ein Skype-Gespräch führen zu können, müssen die Teilnehmer die kostenlose Software auf ihrem Computer installiert und sich mit einem Benutzernamen registriert haben. Ausserdem benötigen sie einen Breitband-Anschluss.
Nach Angaben von Skype nutzen weltweit fast 200 Millionen Menschen das Programm. Erfinder von Skype sind die beiden Dänen Niklas Zennström und Janus Friis.
Auch andere Möglichkeiten, unerkannt zu kommunizieren, bereiten den Strafverfolgungsbehörden Kopfzerbrechen. Im Vergleich zu Skype ist gemäss dem Zürcher Staatsanwalt Christian Ochsenbein der anonyme E-Mail-Verkehr das grössere Problem.
Oft würden unter falschem Namen Konten im Ausland eröffnet. Dies erschwere die Kontrolle der elektronischen Post von Verdächtigen erheblich. Die Behörden kämen oft nicht über die Vermutung hinaus, dass solche Konten existieren. Dies betreffe namentlich die Kommunikation über Internet-Dienste, die ein anonymes Surfen ermöglichen, zum Beispiel der in Deutschland registrierte Service JAP.
Gemäss Bernhard Weder von der Arbeitsgruppe Kommunikations-Überwachung kann das Problem der anonymen Kommunikation nur staatsübergreifend angegangen werden, zum Beispiel im Rahmen der Schengen-Verträge.
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