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Steuerstreit: Parteien stärken Bundesrat den Rücken

Treffen Regierung/Parteien in noblem patrizischem Ambiente. Keystone

Im Steuerstreit mit Brüssel tragen die Parteien die Stossrichtung der Regierung im Allgemeinen mit. Dies sagte SVP-Präsident Ueli Maurer im Anschluss an die Von-Wattenwyl-Gespräche.

Die Spitzen der vier Bundesratsparteien und eine Delegation der Landesregierung haben sich am Freitag zu ihrer vierteljährlichen Aussprache getroffen.

Die Hauptstrategien des Bundesrats in Bezug auf die EU und allfällige Freihandelsabkommen werden von den Bundesratsparteien weitgehend begrüsst. An den Gesprächen im Von Wattenwyl-Haus wurde auch der Steuerstreit mit der EU ausführlich dargestellt, wie SVP-Präsident Ueli Maurer sagte.

Die Gespräche seien für eine Auslegeordnung genutzt worden, eine materielle Diskussion habe nicht stattgefunden, stellte Maurer vor den Medien fest.

Im Steuerstreit mit der EU wolle die SP rascher voran schreiten, da sie einen Missstand orte, während für die SVP bekanntlich schon ein Dialog zu weit gehe. Die Differenzen seien insgesamt nicht weltbewegend.

Eckpfeiler im Standortwettbewerb

Finanzminister Hans-Rudolf Merz formulierte die Interessen der Schweiz in der Steuerdiskussion: Die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs im Standort Schweiz, die Wahrung der Steuersouveränität und der konsequente bilaterale Weg.

Auch dürfen laut Merz weder die Unternehmenssteuerreform II noch der Neue Finanzausgleich (NFA) gefährdet werden, wie Bundesratssprecher Oswald Sigg sagte.

Brüssel ein Dorn im Auge

Für die EU-Kommission stehen die Steuerprivilegien, die gewisse Schweizer Kantone ausländischen Unternehmen gewähren, im Widerspruch zum Freihandelsabkommen von 1972 zwischen der Schweiz und der EU.

Die Schweiz vertritt dagegen die Haltung, die Steuervergünstigung einiger Kantone für Auslandgeschäfte von Holdings, Verwaltungsgesellschaften und gemischten Gesellschaften falle nicht unter das Freihandelsabkommen.

Freihandel forcieren

Grundsätzlich einig war man sich laut Maurer auch über die Bedeutung des Freihandels für den Standort Schweiz, zu dem Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard referierte. Priorität hätten die multilateralen Verträge mit der WTO beziehungsweise der Abschluss der Doha-Runde.

Ungeachtet dessen sollen auch bilaterale Verträge gesucht werden. Von Interesse sind dabei vor allem die so genannten aufstrebenden BRIC-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China. Nicht prioritär wird dabei ein allfälliges Freihandelsabkommen mit den USA betrachtet, wobei vor allem die FDP das Projekt wieder an die Hand nehmen will, wie Maurer erinnerte.

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey sprach laut Sigg zum Europa-Dossier, wo der Bundesrat nach der Klausur am vergangenen Mittwoch eine Priorisierung beschlossen hatte.

Es geht dabei darum, die bestehenden bilateralen Abkommen möglichst effizient mit allen Mitgliedstaaten umzusetzen und die guten Beziehungen zur Europäischen Union zu wahren.

swissinfo und Agenturen

Im September 2005 beanstandet die EU-Kommission in einem Brief die Steuerpraktiken in den Kantonen Zug und Schwyz.

Im Juli 2006 verschärft Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Ton: Die Steuerpraxis einiger Kantone verstosse gegen die Regeln des EU-Binnenmarktes.

Im November 2006, nach der Zustimmung des Schweizer Volkes zur Kohäsionsmilliarde für die neuen EU-Staaten, droht der Generaldirektor für Aussenbeziehungen der EU, die Kommission werde ein Dokument an alle EU-Staaten verschicken, das die Schweiz auffordert, sich den EU-Regeln anzupassen.

Im März 2007 wirft Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey der EU schlechten Stil und inakzeptable Forderungen im Steuerstreit vor.

Ende April 2007 kündigt Finanzminister Hans-Rudolf Merz eine Reform der Unternehmensbesteuerung an, mit dem Ziel, die Gewinnsteuern zu senken.

Am 24. April 2007 einigen sich die Fachdiplomaten der EU auf ein Verhandlungsmandat für die EU-Kommission, das der Ministerrat am 14. Mai offiziell verabschiedet.

Das Beatrice von-Wattenwyl-Haus ist ein Patrizierhaus im Herzen der Berner Altstadt, dessen Baugeschichte bis auf das Jahr 1446 zurückgeht.

Das Haus diente zahlreichen Generationen der Familien Frisching und von Wattenwyl als Wohnsitz.

Im Jahr 1934 vermachte Emanuel von Wattenwyl das Gebäude im Namen seiner 1929 verstorbenen Gattin Beatrice der Schweizerischen Eidgenossenschaft.

Das Haus wird seither vom Bundesrat zum Empfang von Gästen, aber auch für politische Gespräche genutzt, wie für die Von-Wattenwyl-Gespräche des Bundesrates mit den Bundesratsparteien im Vorfeld jeder Session des Schweizer Parlaments.

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