Steuerwettbewerb zahlt sich aus
Der auf Anfang 2006 im kleinen Zentralschweizer Kanton Obwalden eingeführte rekordtiefe Steuersatz zeigt Wirkung. Firmen ziehen nach Obwalden.
Die Zahl der neu ins Handelsregister eingetragenen Firmen hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt.
Nach Auskunft des Handelsregisteramtes Obwalden trugen sich zwischen Anfang Jahr und dem 20. März 97 Firmen neu in Obwalden ein. In der Vorjahresperiode waren es 39 gewesen. Offenbar animierten die tiefen Steuersätze Firmen auch zum zügeln: In 25 Fällen handelte es sich um eine Sitzverlegung aus einem anderen Kanton, gegenüber 3 in der Vorjahresperiode.
Degressiver Steuersatz
Die Obwaldner Stimmberechtigten hatten am 11. Dezember 2005 mit grossem Mehr ein neues Steuergesetz gutgeheissen, das unter anderem einen degressiven Steuersatz für Einkommen über 300’000 Franken und Vermögen über 5 Mio. Franken vorsieht.
Dieser Entscheid hat den Steuerwettbewerb vor allem in der Zentral- und Ostschweiz neu angefacht. Schon jetzt haben Zug, Schwyz und Nidwalden eine stark unterdurchschnittliche Steuerbelastung.
Im Februar stimmte auch der Schwyzer Souverän einer weiteren Steuersenkung für Vermögen und Kapital zu.
Appenzell-Ausserrhoden zieht nach
Erst am vergangenen Montag segnete auch der Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden eine Gesetzesrevision ab, die eine Begünstigung von hohen Einkommen und Vermögen vorsieht.
In Ausserrhoden zahlen Reiche, Familien und Eigenheimbesitzer in Zukunft weniger Steuern: Der Ausserrhoder Kantonsrat hat dem sogenannten Nationalbankgold-Gesetz mit Steuerdegression für Reiche am vergangenen Montag klar zugestimmt.
Für Topverdiener mit über 8,5 Mio. Franken Einkommen pro Jahr wird die Ausserrhoder Gemeinde Teufen künftig die steuergünstigste Gemeinde der Schweiz sein, wie ein Mitarbeiter des Steueramts sagte.
Zug wird noch günstiger
Weitere Entlastungen plant auch der Kanton Zug: Nebst einem Betreuungsabzug für Kinder soll die wirtschaftliche Doppelbelastung gemildert und die Kapitalsteuer weiter reduziert werden. Die von der Linken mit dem Referendum bedrohte Vorlage steckt noch im Parlament.
Im Januar hatte schon die Bündner Regierung den Entwurf für ein neues Steuergesetz vorgelegt, mit dem unter anderem die Gewinnsteuer für Unternehmen stark gesenkt werden soll. Damit würde der Kanton ins Mittelfeld vorrücken.
Auch Luzern will Steuern senken und damit die Steuerbelastung unter den Schweizer Durchschnitt bringen oder sogar den Anschluss an die Zentralschweizer Steueroasen finden. Entlastungen planen inzwischen auch andere Kantone, darunter Baselland und Aargau.
Kontroverse Steuersenkung
Der Obwaldner Volksentscheid hatte aber nicht nur den Steuerwettbewerb angeheizt, sondern auch die Kontroverse darüber. Der Waadtländer Nationalrat Josef Zisyadis von der linken Partei der Arbeit (PdA) verlegte seinen Wohnsitz nach Obwalden und reichte eine Beschwerde gegen das Steuergesetz ein. Damit will er einen Entscheid des obersten Schweizer Gerichtes, des Bundesgerichtes, über die Zulässigkeit der degressiven Besteuerung erwirken.
Ende letzter Woche äusserte sich bereits der Bundesrat zur Streitfrage. Aus dem Rechtsgleichheitsgebot der Verfassung lasse sich keine bestimmte Methode der Besteuerung ableiten, hielt er fest. Er begrüsste den Steuerwettbewerb unter den Kantonen. Für die Bundessteuer komme ein degressiver Tarif aber nicht in Frage.
Die Schweizer Steueroasen sorgen aber nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Verhältnis zur EU für rote Köpfe.
Verschärft wird der Konflikt durch Projekte, welche die steuerliche Attraktivität der Schweiz insgesamt stärken sollen, etwa die Unternehmenssteuerreform II oder die Vereinfachung der Mehrwertsteuer. Diskutiert werden weiter Modellen wie Flat Rate Tax oder die duale Einkommenssteuer.
swissinfo und Agenturen
Mehrere Innerschweizer Kantone sind seit längerem bekannt als Steueroasen.
Obwalden hat im vergangenen Jahr ein degressives Steuersystem in einer Volksabstimmung angenommen. Ab einem gewissen Einkommen, sinkt der Steuersatz.
Dieses neue System scheint auch den Unternehmen zu gefallen: Immer mehr lassen sich im Halbkanton nieder.
Vor kurzem segnete auch das Kantonsparlament von Appenzell Ausserrhoden eine Gesetzesrevision ab, die hohe Einkommen und Vermögen begünstigt.
Andere Kantone wie Zug, Graubünden und Luzern wollen nachziehen.
Die Europäische Union hingegen betrachtet diese Entwicklung mit Skepsis: Es handle sich um eine Art Subventionierung, welche den freien Wettbewerb beeinträchtige.
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