Streit um kantonale Steuerprivilegien bleibt
Die Schweiz und die EU-Kommission haben im Streit um kantonale Steuerbegünstigungen von Unternehmen keine Einigung gefunden.
Brüssel wertet die Steuergeschenke für Holdings, die in der Schweiz nicht operationell tätig sind, als staatliche Beihilfen.
Einige Kantone der Schweiz gewähren ausländischen Holdings, die in der Schweiz wirtschaftlich nicht aktiv sind, Steuervergünstigungen. Diese Praktiken sind der Europäischen Union (EU) schon lange ein Dorn im Auge.
Brüssel taxiert solche Privilegien nämlich als staatliche Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschten. Konkret werde dadurch das Freihandels-Abkommen, das die Schweiz und die EU 1972 unterzeichnet hatten, verletzt.
An der Tagung des Gemischten Freihandels-Ausschusses vom Donnerstag war der Steuerstreit deshalb eines der Themen. «Die EU hat Erklärungen verlangt, diese werden wir liefern», resümierte Botschafter Bernhard Marfurt, Schweizer Delegationsleiter und Chef der Mission in Brüssel, das Treffen. Er bekräftigte die Schweizer Sichtweise, das Freihandelsabkommen regle ausschliesslich den Handel.
Auf mehreren Seiten lieferte die EU-Kommission Präzisierungen, weshalb sie zum Schluss kommt, dass die Steuerprivilegien, die verschiedene Kantone in der Schweiz Holdings gewähren, den Wettbewerb verzerren würden.
Markt ohne Hindernisse wichtig
«Die Schweiz ist unser enger Nachbar, der durch die Politik des Freihandels stark in unseren Binnenmarkt integriert ist», sagte die EU-Aussenkommissarin, die Österreicherin Benita Waldner-Ferrero, nach dem Treffen.
Es sei aber für beide Seiten wichtig, dass dieser Markt ohne Hindernisse funktionieren könne. Sie verwies darauf, dass die Kontrolle von wettbewerbs-verzerrenden staatlichen Beihilfen «ein wesentlicher Pfeiler der Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft und des Binnenmarktes» sei.
Marfurt wies seinerseits auf das «unterschiedliche Umfeld» dieser Regelungen innerhalb der EU und im Freihandelsabkommen EU-Schweiz hin. Er sprach von einem «Missverständnis bei der Beurteilung der beiden Instrumente» seitens der EU.
Vertrag erlaubt Strafzölle
Anfang kommenden Jahres will die Schweiz ihre Antwort an die Brüsseler Behörde liefern. Falls die EU-Kommission dann der Ansicht ist, sie könne die Vertragsverletzungen belegen und kommt innert dreier Monate keine Einigung zustande, so hat die EU vom Vertrag her das Recht, Schutzmassnahmen zu treffen.
Insbesondere kann sie gemäss dem Abkommen Zollzugeständnisse zurücknehmen. Doch «soweit sind wir noch lange nicht», betonte Marfurt am Donnerstag.
Die Schweiz will nun prüfen, welche unternehmenssteuerlichen Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze kritisiert werden, inwiefern diese staatliche Beihilfen darstellten, wie diese den Wettbewerb verfälschten und in welchem Ausmass sie den Warenverkehr beeinträchtigten.
Schliesslich soll auch abgeklärt werden, welches die Kriterien für die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit von Beihilfen mit dem guten Funktionieren des Abkommens sind.
swissinfo und Agenturen
Artikel 23.iii des Freihandels-Abkommens von 1972 sagt, «jede staatliche Beihilfe, die den Wettbewerb durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige verfälscht oder zu verfälschen droht», sei «mit dem guten Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar».
Das Steuerharmonisierungs-Gesetz ist seit 2001 in Kraft und regelt die kantonalen Steuersysteme.
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