Swiss-Deal: Keine Begeisterung in der Presse
Zur Übernahme der nationalen Fluggesellschaft Swiss durch die deutsche Lufthansa ist in den Zeitungen wenig Enthusiasmus auszumachen.
Für die angeschlagene Swiss habe keine Alternative bestanden, sind sich die Kommentare einig. An Kritik für in der Vergangenheit begangene Fehler mangelt es nicht.
«Kranich ist in Zürich gelandet», betitelt die «Aargauer Zeitung» vornehm und zurückhaltend die Swiss-Übernahme durch die Lufthansa. Weniger vornehm die dazu gehörende Karikatur, auf der ein deutscher Bauer die Swiss-Ente am Hals packt und sich fragt: «Mästen oder Schlachten?»
Ganz in diesem Sinn der Titel der «Berner Zeitung»: Über der Zeichnung, auf der ein riesiger Lufthansa-Raubvogel einen kleinen Schweizer im gierigen Maul trägt und dieser mit einem schüchternen «Grüezi» die Hand ausstreckt, schreibt sie: «Kranich frisst Swiss».
«Swiss n’est plus suisse», bringt es die Lausanner «24heures» auf den Punkt.
«Machen wir uns nichts vor», stösst der «Tages Anzeiger» ins selbe Horn: «Wir erleben einen traurigen Moment der Schweizer Wirtschaftsgeschichte. Unser Land beendet das Kapitel Zivilluftfahrt.»
Für das Ende der Swiss sind für den «Tagi» verschiedene Faktoren verantwortlich: «Das Ende des Kapitels haben Manager und Verwaltungsräte zu verantworten, die in reinem Umsatz- und Akquisitionsdenken Möglichkeiten und Grenzen ihrer Unternehmen völlig falsch einschätzten.»
Weiter meint der «Tagi»-Chefredaktor: «Zusätzlich verschlechterte die Ablehnung des EWR durch das Volk die Rahmenbedingungen für die Zivilluftfahrt. Deshalb tragen wir selbst Mitverantwortung für den steten Sinkflug.»
Steuermillionen zurück
Der «Blick» möchte die Steuermillionen zurück. Schliesslich habe der Bundesrat vor drei Jahren versprochen, der Verkauf der Swiss komme nicht in Frage.
Und Swiss-CEO André Dosé sei verantwortlich dafür, dass «die Airline viel zu gross und viel zu kompliziert an den Start ging».
Das bittere Frage des Boulevard-Blattes: «Was dürfen Spitzenpolitiker und Wirtschaftskapitäne eigentlich alles ungestraft versprechen – und auf unsere Kosten dann nicht halten?»
«Kein Landesunglück»
Für die «Neue Luzerner Zeitung» ist das alles «kein Landesunglück». Noch sei es erst wenige Jahre her, als die obersten Chefs der Swissair mit ihrer ‹Hunter-Strategie› zum Feldzug durch Europa ansetzten.
Aber «jetzt wird das Nachfolgeprodukt Swiss vergleichsweise kleinlaut (..) verscherbelt? Oder zumindest in einem Anflug von Hektik verhökert»?
Der Kommentator der «Basler Zeitung» sieht’s positiver: «Der patriotische Nebel verzieht sich.» Die Richtung stimme und die Aussichten seien auch nicht schlecht: «Sie sind schön für die Kunden, akzeptabel für das Personal und gut für unseren Wirtschaftsstandort.»
Zerstörtes Vertrauen
Für die Freiburger Zeitung «La Liberté» ist das Vertrauen in die ehemalige nationale Fluggesellschaft endgültig zerstört: «Nach der Aufgabe von Cointrin auf Kosten des ‹grossen Zürich›, nach dem Kauf durch die Deutschen trotz der drei Milliarden, die von den ‹Wirtschaftsbaronen› rausgenommen wurden, gibt es nur einen Kommentar: Endlich sind wir sie los.»
Keine Wiederholung
Die «Neue Zürcher Zeitung» meint dagegen: «Über verschüttete Milch zu Jammern, hilft der Schweiz nicht weiter.»
Die Politik müsse sich jedoch fragen, ob der Schweiz nicht in weiteren liberalisierten Dienstleistungs-Branchen ähnliches Ungemach drohe: «Was mit Swissair und Swiss geschehen ist, darf sich mit der Post, der Swisscom oder den SBB nicht wiederholen.»
Laut dem Berner «Bund» löst dieser Deal keine nationale Gefühlswallung aus: «Eine klare Mehrheit der Bevölkerung dürfte darüber gleich denken wie der Bundesrat: Weg mit der Swiss, notfalls gratis.»
swissinfo, Etienne Strebel
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