Swiss fliegt unter deutschem Kranich weiter
Die Lufthansa zahlt für die Übernahme maximal 460 Mio. Franken und will die Airline als eigenständige Marke weiterführen.
In der Schweiz hält sich die Freude in Grenzen. Möglich gemacht haben den Deal die Grossaktionäre mit dem Bund an der Spitze.
Swiss-Verwaltungsratspräsident Pieter Bouw, Konzernchef Christoph Franz und der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa, Wolfgang Mayrhuber, unterzeichneten am Dienstagabend den zwischen den beiden Airlines ausgehandelten Integrationsvertrag.
«Aus dem Nebeneinander oder sogar Gegeneinander soll ein Miteinander werden», sagte Mayrhuber. Die Schweiz habe eine grosse, wegweisende Entscheidung getroffen. Franz lobte: «Die Schweiz braucht die Swiss, und die Swiss braucht die Schweizer.»
Damit ist die Swiss nur gerade drei Jahre nach der Gründung verkauft worden. Der Bund, der Kanton Zürich und weitere Grossaktionäre stehen hinter der Transaktion.
Kaupfreis hängt vom Erfolg ab
Die Grossaktionäre, die gut 86% an Swiss halten, bekommen für ihre Aktien einen so genannten Besserungsschein, der an eine positive Entwicklung der Lufthansa-Aktie gekoppelt ist.
Sollte der Kurs gegenüber einem Vergleichsindex um 50% steigen, beträgt die maximale Auszahlung rund 390 Mio. Franken. Sollte sich die Lufthansa-Aktie schlechter entwickeln als dieser Index, gehen die Grossaktionäre leer aus.
Den Kleinaktionären soll im Mai ein Angebot unterbreitet werden. Lufthansa will sie mit 70 Mio. Franken entschädigen.
Grosse Eigenständigkeit
Swiss soll weitgehend eigenständig bleiben: mit Geschäftsleitung und Sitz in der Schweiz, mit eigener Flotte und Crew. Die Lufthansa will die Swiss-Langstreckenflotte sogar um zwei Maschinen erweitern. Es wird mit jährlichen Einsparungen von rund 250 Mio. Franken ab 2007 gerechnet.
Zur Sicherung der Luftverkehrs-Infrastruktur wird für zehn Jahre eine unabhängige Stiftung nach Schweizer Recht gegründet. Diese soll einen Verwaltungsrats-Sitz bei Lufthansa und zwei bei Swiss haben.
Schrittweise Integration
Die Integration der Swiss in den Lufthansa-Konzern erfolgt wegen des Kartellrechts und zur Sicherung der Start- und Landerechte in mehreren Schritten. Die Aktien der Swiss werden von einer neu gegründeten Schweizer Stiftung namens AirTrust gehalten.
Lufthansa ist an AirTrust zunächst mit 11% beteiligt. Nach Zustimmung der Wettbewerbsbehörden wird der Anteil auf 49%, nach Sicherung der Flugrechte auf 100% erhöht.
Alleingang zu riskant
Nach Ansicht des Bundesrates schafft der Zusammenschluss die günstigsten Voraussetzungen für die langfristige Anbindung der Schweiz an den interkontinentalen Luftverkehr und die Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze.
Alternativen wie ein Alleingang von Swiss wären zu riskant gewesen. Die Airline brauche weiteres Eigenkapital von bis zu 600 Mio. Franken. Mangels Bundesgeld wären diese Mittel nur schwer zu beschaffen.
Wenig Begeisterung bei den Parteien
Swiss machte deutlich, dass die Restrukturierung trotz Übernahme weitergeführt werde. Dies kostet bis zu tausend Arbeitsplätze.
Dass die Fluggesellschaften keine Arbeitsplatzgarantien abgeben wollten, nahmen die Gewerkschaften zähneknirschend zur Kenntnis.
In den sauren Apfel beissen auch die Regierungs-Parteien: Sozialdemokraten, Freisinnige und Christdemokraten gaben sich zufrieden, wenn auch ohne Begeisterung.
Einzig die Schweizerische Volkspartei sprach von einer Kapitulationserklärung der Politik. Die Swiss werde verschenkt.
swissinfo und Agenturen
Drei Jahre nach dem Start wird die Swiss von der Lufthansa übernommen.
Der Deal wurde am Dienstag unter den erwarteten Bedingungen besiegelt.
Auf politischer Ebene ist Berlin bereit, mit Bern nach Lösungen im Fluglärmstreit zu suchen.
Das Ende der eigenständigen Airline wurde in der Schweiz nüchtern zur Kenntnis genommen.
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