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Swiss geht langsam die Luft aus

Finanziell kommt Swiss seit der Gründung nicht vom Fleck. Keystone

Die Luft für die Schweizer Fluggesellschaft wird dünn: Für 2004 erwartet der Verwaltungsrat – entgegen seine bisherigen Angaben – ein weiteres Defizit.

Eine Arbeitsgruppe soll nun weitere Sparmassnahmen und Einnahmequellen finden.

Derzeit machen den Airlines vor allem die hohen Treibstoffpreise zu schaffen. Dabei leidet die Swiss aber mehr als andere: Sie hatte im ersten Quartal ihre Treibstoff-Absicherung, den so genannten Fuel Hedge, für 20 Mio. Franken verkauft.

Zwar brachte das eine kurzfristige Besserung der Liquidität, erweist sich nun aber als Bumerang.

Für die Swiss hat sich die Veräusserung des ‹Fuel Hedge› nun gerächt, sagt Airline-Spezialist Thorsten Ramm. «Das war aus heutiger Sicht dumm. Die 20 Mio. hat die Swiss nun ohnehin wieder verloren, weil sie auf die Vorteile des Hedge verzichtet hat und nun höhere Kosten bewältigen muss.»

Angespannte Liquiditätslage

Für Ramm beweist dieser Schritt, wie angespannt die Liquiditätslage bei der Swiss allgemein sei, wenn man damals schon auf solche Massnahmen hat zurückgreifen müssen. Denn: «Diese 20 Mio. Franken sind ja auch nicht soviel, um die Liquiditätslage einer Airline entscheidend zu verändern.»

Dass der Ölpreis so exorbitant ansteigt, war laut Ramm damals beim Verkauf zwar nicht voraussehbar. «Klar war aber, dass er nicht sinkt».

Immerhin ist nicht nur der Irak-Krieg für die Preissteigerung verantwortlich. Die starke Nachfrage – vor allem aus China – treibt den Preis ebenso in die Höhe.

Die Swiss kämpft ums Überleben. Und Thorsten Ramm zweifelt an der viel geäusserten Meinung, die Swiss könnte mit Hilfe der deutschen Lufthansa den Turnaround schaffen.

Lufthansa als rettende Landepiste?

«Die Lufthansa wird Bedingungen stellen, und diese werden für die Swiss nicht einfach zu schlucken sein», sagt Ramm. Auch wenn die Lufthansa zwar sehr interessiert ist an der guten Position der Swiss im Schweizer Markt, hat sie andere Pläne.

«Internationale Strecken im grossen Stil in Zürich zu behalten, dürfte dem entgegenlaufen, was die Lufthansa derzeit in München macht. Dort baut sie ihr zweites Drehkreuz neben Frankfurt mit internationalen Verbindungen kräftig aus», erklärt Ramm.

Zürich, Frankfurt und München gleichzeitig werde die Lufhansa kaum betreiben.

Merz sieht keinen Handlungsbedarf

Nach der überraschenden Gewinnwarnung der defizitären Fluggesellschaft Swiss sieht die Schweizer Regierung nach Aussagen von Finanzminister Hans-Rudolf Merz keinen Handlungsbedarf.

«An der Lage hat sich nach der Gewinnwarnung grundsätzlich nichts geändert», sagte Merz am Dienstag. «Die Strategie des Bundesrats bleibt dieselbe: Es liegt in der Kompetenz des Swiss-Verwaltungsrates, geeignete Massnahmen zu treffen und das Überleben auch langfristig zu sichern.»

Auch die Frage einer Allianz bleibe Sache der Swiss. Der Bund ist mit rund 20% mit Abstand der grösste Swiss-Aktionär.

Friss oder stirb

Für die Swiss dürfte es damit langfristig heissen: «Vogel friss oder stirb.» Denn: Nach dem Scheitern der Allianz mit Oneworld und der Entwicklung bei Air France/KLM bleiben nicht mehr viele Optionen übrig.

«Für die Swiss sehe ich kaum noch eine Chance, in Zukunft alleine weiterzumachen», sagt Ramm. Tendenziell wollen immer mehr nationale Fluggesellschaften in Allianzen Unterschlupf finden.

«Aber irgendwann sagen die Allianzen auch: wir haben genug Partner innerhalb Europas. Noch mehr Airlines würde zu kompliziert werden.»

Nationalstolz als Retter in der Not

Also muss die Swiss handeln und sehen, wo sie noch unterkommt. Doch viel Zeit bleibt ihr nicht mehr. Wenn sie jetzt schon nicht das Ziel eines ausgeglichenen Ergebnisses erreicht, wird sie als Partnerin nicht attraktiver, eher im Gegenteil», findet Ramm. Sie wird auch zunehmend Schwierigkeiten haben, Kapital auf dem Markt zu bekommen.

An ein Überleben der Swiss zumindest bis Ende Jahr glaubt Ramm fest: «Da setzte ich auf den Nationalstolz.» Also wieder der Staat als Geldgeber? «Irgendwo muss Geld herkommen. Entweder von einem Partner, der sich auch finanziell engagiert -meinetwegen Lufthansa – oder aber vom Staat.»

swissinfo und Dagmar Zumstein, sda

Am Montag teilte die Airline mit, sie werde dieses Jahr den angestrebten operativen Gewinn nicht erreichen.

Finanzminister Hans-Rudolf Merz sieht keinen Handlungsgbedarf. «Die Strategie des Bundesrates bleibt dieselbe.

Swiss soll dieses Jahr überleben, wie sie dies erreicht, bleibt dem Unternehmen überlassen», sagte Merz.

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