Swiss-Kahlschlag: 3000 weitere Stellen weg
Die Fluggesellschaft Swiss streicht weitere 3000 ihrer 9800 Arbeitsplätze. Zusätzlich legt sie 34 Flugzeuge still.
Die Reduktion des Netzwerkes um bis zu 35 Prozent soll auf den Winterflugplan 2003 wirksam werden.
Die Eckwerte des neuen Businessplans sehen vor, dass die Langstreckenflotte von 25 auf 18 Flugzeuge, die Mittelstrecke von 24 auf 21 und die Regionalstrecke von 59 auf 35 Flugzeuge reduziert wird.
Die angebotenen Sitzkilometer werden damit um 35% gekürzt. Die Zahl der bedienten Destinationen werde sich darum an allen Schweizer Standorten von Swiss markant verringern.
Im Cockpit sollen rund 700, in der Kabine 850 und beim Bodenpersonal bis zu 1500 Stellen gestrichen werden. Das Bodenpersonal verliert somit rund 60% seiner Belegschaft.
Zusätzlich zu den 3000 Swiss-Stellen wird der Flottenabbau auch Konsequenzen für die flugnahen Zulieferbetriebe haben. Die Gewerkschaften sprechen von rund 2000 Stellen, die hier wegfallen werden.
Veränderungen des Airline-Marktes
Swiss begründet diesen dritten und radikalsten Einschnitt seit dem Start der Airline vor 15 Monaten mit den tief greifenden Veränderungen des Airline-Marktes.
Swiss will nun als Teil eines neuen Konzepts als erste Linien-Fluggesellschaft auf innereuropäischen Strecken sowohl eine Premium Business Class als auch eine preisgünstige Economy Class anbieten.
Auf die Frage, ob da – vorne Business-Class und hinten Billigflieger – nicht Qualität verloren gehe, die man bei Swiss erwarte, sagte William Meaney, der CCO bei Swiss gegenüber swissinfo: «Es kommt eben darauf an, wie man Qualität definiert. Auf kurzen Strecken versteht der Fluggast darunter vor allem Pünktlichkeit. Daran werden wir arbeiten. Das Sandwich und der Saft sind da weniger ausschlaggebend».
1,6 Mrd. Franken Einsparungen
Die Eckwerte des neuen Businessplans, der Kostensenkungen von 1,6 Milliarden Franken bringen soll, könnten nur umgesetzt werden, wenn Mitarbeiter, Gewerkschaften, Lieferanten, Kreditgeber und Behörden an einem Strick zögen, erklärt die Swiss weiter.
Der Verwaltungsrat will umgehend mit allen Gewerkschaften Verhandlungen über die Gesamtarbeitsverträge (GAV) aufnehmen, und diese bis Mitte Juli abschliessen. Diese Verhandlungen erfolgen auch vor dem Hintergrund des Schiedsgerichtsurteils zu Gunsten der ehemaligen Crossair-Piloten, dessen Umsetzung nach Darstellung der Swiss das Überleben der Airline gefährden würde.
500 Mio. Franken Umsetzungs-Kosten
Swiss braucht zur Gewährleistung der Stabilität während der Umsetzung eines radikalen Abbau-Programms neue Mittel im Umfang von rund 500 Mio. Franken. Laut Swiss-Chef André Dosé rechnet Swiss nicht mit einer Kostenbeteiligung des Bundes.
Ab 2003 will Swiss einen positiven operativen Cash flow erzielen. Die Gesellschaft peilt im kommenden Jahr einen Umsatz von 3,2 Mrd. Franken an. 2005 solle der Umsatz dann auf 3,3 Mrd. Franken steigen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern solle 2004 5 bis 7% des Umsatzes betragen.
Zu spät reagiert?
Oliver Sutton, Chefredaktor des Aviatik-Magazins «Interavia» meint gegenüber Swissinfo, im Nachhinein gesehen könne man immer sagen, dass man früher hätte reagieren sollen. «Ich glaube, das Management war absorbiert durch den Streit zwischen den beiden Piloten-Gewerkschaften, welcher viel Management-Zeit verbraucht hat.»
Die neuen Restrukturierungs-Massnahmen könnten Swiss das Überleben sichern, meint Sutton weiter. «Ich glaube, dass Swiss ohne diese Massnahmen Ende dieses Jahres nicht mehr existieren würde.»
Swiss müsse eine profitable, attraktive Airline werden um eine Partnerschaft eingehen zu können oder von einer grösseren Gesellschaft übernommen zu werden, sagt Sutton weiter. «Aber so lange sie zu viel Kapazität anbiete, wird niemand Aussenstehendes Interesse an Swiss zeigen.»
swissinfo und Agenturen
Die Gesellschaft peilt für 2004 einen Umsatz von 3,2 Mrd. Franken an.
2005 soll der Umsatz dann auf 3,3 Mrd. Franken steigen.
Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) soll 2004 5 bis 7% des Umsatzes betragen.
1. Quartal 2003: 200 Mio. Franken Reinverlust.
Die Swiss fliegt täglich 3 Mio. Franken Verlust ein.
Seit Ende 2002: Abnahme der Liquidität um 343 Mio. Franken.
Per Ende März 2003: Flüssige Mittel und kurzfristige Geldanlagen in der Höhe von 913 Mio. Franken.
Swiss-Start: 31. März 2002.
Aufbau-Kosten: Rund 4,7 Mrd. Franken.
Davon 2 Mrd. von Bund und Kantonen, der Rest kam von Banken und der Wirtschaft.
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