Swiss stellt verunsicherte Piloten frei
Die Swiss suspendiert 52 ihrer 72 Saab-Piloten. Zukunftsängste beeinträchtigten die Sicherheit im Cockpit, sagen die Piloten.
Die Piloten haben sich in einem Brief an das Management gewandt. Dieses hat den Dialog angeboten, aber gleichzeitig ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Swiss hat am Montag 52 der 72 Saab-2000-Piloten ab sofort vorübergehend vom Dienst suspendiert. Dies, nachdem die Piloten die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat in einem offenen Brief auf Sicherheitsprobleme aufmerksam gemacht haben, die im Zusammenhang mit ihrer Zukunft stünden.
Nach einer genauen Analyse habe sich Swiss entschlossen, die Flugtauglichkeit derjenigen Piloten überprüfen zu lassen, die den Brief unterschrieben haben. Dies teilte die Fluggesellschaft am Montagabend mit. Swiss werde alles daran setzen, die Auswirkungen auf den Flugbetrieb so gering als möglich zu halten.
Wenn die Überprüfung erfolgreich ausfalle, würden die Piloten wieder in den Flugdienst integriert. Gleichzeitig leitet Swiss gegen die betroffenen Piloten ein Disziplinarverfahren ein. Eine Delegation der Geschäftsleitung wird zudem mit den betroffenen Piloten den Dialog fortsetzen.
Nach der Suspendierung wurden am Dienstag sechs Flugverbindungen ab dem EuroAirport Basel-Mülhausen annulliert. Betroffen waren nach Auskunft der Airline weniger als 100 Passagiere.
«Hilfeschrei ans Management»
Es habe sich um einen «Hilfeschrei ans Management» gehandelt, sagte Martin Gutknecht von der Gewerkschaft Swiss Pilots. Die Ex-Crossair-Piloten wüssten immer noch nicht, wie es in Basel weitergehen werde. Solche Zukunftsängste wirkten sehr belastend. Gestresste Piloten seien ein Sicherheitsrisiko.
Im Normalfall seien keine Probleme im Flugbetrieb zu erwarten. Bei einem Notfall, wie etwa einem Triebwerksbrand, könnten die Piloten unter Umständen aber nicht mehr adäquat reagieren.
Swiss fliegt ab Basel bis Oktober noch mit einer Flotte von sieben Saab 2000 und beschäftigt dafür 72 Piloten. In Zürich und Genf werden keine Saab 2000-Flugzeuge eingesetzt.
Sicherheit gewährleistet
Gemäss Jean-Claude Donzel, Sprecher von Swiss, ist der Hintergrund des Briefes die Ankündigung im Januar, mit den Saab-Flugzeugen ab dem 30. Oktober nicht mehr ab Basel zu fliegen.
Die Saab-Piloten seien nun der Meinung, diese Unsicherheit über ihre Zukunft führe zu einer Stresssituation, welche sich auf die Arbeit auswirken könnte. Damit sei die Sicherheit im Cockpit nicht mehr gewährleistet.
Swiss habe nun reagiert. Noch am Dienstag werde man sich mit den Piloten treffen. Solange blieben die Piloten vom Dienst suspendiert. «Wir betonen aber, dass die Sicherheit in unsern Flugzeugen gewährleistet ist», sagte Donzel.
Konflikt schwelt schon lange
Die Pilotengewerkschaft der ehemaligen Crossair-Piloten, «Swiss Pilots», hatte bereits Ende April beim Schiedsgericht in Basel Klage gegen die Swiss eingereicht. Die konsequente Nichtumsetzung des Gründungsauftrags der Swiss habe zu einer fortgesetzten Dezimierung und Diskriminierung des Crossair-Piloten-Korps geführt, kritisierte die Gewerkschaft damals.
Die Fluggesellschaft habe mehrfachen Vertragsbruch begangen. Von ursprünglich 1050 Pilotinnen und Piloten der ehemaligen Crossair, aus der die Swiss entstanden ist, seien bereits 580 Stellen abgebaut worden. «Und nun fordert die Swiss weitere Opfer», schrieb die Gewerkschaft im April.
Besser ausgelastet
Die Auslastung der zur deutschen Lufthansa gehörenden Swiss hat sich im Juni 2005 im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Der Sitzladefaktor verbesserte sich zum Vorjahresmonat um 81,5% (+5%), teilte Swiss am Dienstag mit. Auch im Vergleich zum Vormonat verbesserte sich die Auslastung: Im Mai hatte sie noch 77,6% betragen.
Im ersten Halbjahr 2005 habe der durchschnittliche Sitzladefaktor für das gesamte Netz bei 76,9% gelegen. Insgesamt beförderte Swiss in diesem Zeitraum rund 4,69 Mio. Passagiere.
swissinfo und Agenturen
Am 18. Januar kündigte die Swiss den Abbau von mindestens 13 der insgesamt 62 Flugzeuge an.
Bis 2006 sollen 800 bis 1000 Stellen verloren gehen.
Die Regionalflotte besteht aus 7 Saab-, 19 Jumbolino- und 11 Embraer-Maschinen.
Laut Zeitungsberichten sollen alle Saab, zwei Jumbolinos und 4 Embraer verschwinden.
Das wird 207 Regionalpiloten die Stelle kosten. 73 Langstreckenpiloten sollen ebenfalls ihre Stelle verlieren.
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