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Swiss streicht Strecken-Netz um einen Viertel

Schon heute Realität: Leere Abfertigungshalle im Basel EuroAirport. Keystone

Ab Oktober wird Swiss statt der geplanten 96 nur noch 71 Destinationen anfliegen.

Diese am Freitag verkündete Massnahme ist Teil einer Redimensionierung, die auch den Abbau von 3000 Stellen vorsieht.

Die Fluggesellschaft Swiss hat ihre Umbaupläne konkretisiert: Mit einer Flotte von 79 Flugzeugen (bisher 108 ohne Charter) sollen ab Ende Oktober nur noch 71 (ursprünglich geplant: 96) Destinationen angeflogen werden.

In Europa will das Unternehmen noch 41 Städte anfliegen. Gestrichen werden 15 Destinationen. Auch im Interkontinental-Verkehr fallen 10 Strecken dem Rotstift zum Opfer. Übrig bleiben 30 Destinationen.

Der Flughafen Genf-Cointrin verliert 8 seiner 18 Strecken, Basel-Mülhausen 8 von 21, Zürich 22 von 92. Bern wird im Streckennetz der Swiss nicht mehr bedient, Lugano-Agno wird nur noch von Zürich aus angeflogen.

Auf der Suche nach Profitabilität

Durch die Konzentration auf gewinnbringende und zukunftsträchtige Strecken will die Swiss die nötige Profitabilität erreichen, wie es in einer Mitteilung heisst. Sie sehe sich weiterhin durch eine starke Konkurrenz und die nach wie vor schwache Konjunktur herausgefordert, teilte die Airline mit.

Die Halbjahreszahlen widerspiegelten ein schwaches erstes Quartal, allerdings mit einer spürbaren Verbesserung der Auslastung im Mai und Juni, hiess es weiter.

Die Radikalkur kostet bei Swiss rund 3’000 Stellen und weitere 2’500 bei ihren Zulieferern. Zusammen mit einem neuen Europakonzept will die Swiss damit 1,6 Mrd. Franken sparen.

Tiefe Sitzladefaktoren

Im Europaverkehr betrug der durchschnittliche Sitzladefaktor in den vergangenen sechs Monaten 54,7%. Diese Zahl liegt leicht unter dem Vorjahreswert von 55%.

Im Interkontinental-Verkehr wurde ein Sitzladefaktor von 75,3% erreicht, so die Swiss. Dieser Faktor liegt leicht unter dem Vorjahreswert von 76,9%.

«Dieses Ergebnis wurde durch Kapazitäts-Reduzierungen, insbesondere auf den Strecken in den Nahen und Mittleren Osten, nach Afrika und Nordamerika innerhalb der letzten drei Monate, beeinflusst», begründete die Fluggesellschaft in ihrer Mitteilung.

Kuoni hat Verständnis

Der Reisekonzern Kuoni hat Verständnis für den Abbau des Swiss-Streckennetzes. Im Kurzstrecken-Bereich gebe es ohnehin genügend Alternativen.

Aber bei den Langstrecken seien die Alternativen teilweise mit Verschlechterungen für die Kunden verbunden.

«Im Ferienreise-Verkehr tangiert der Abbau des Swiss-Streckennetzes Kuoni derzeit recht wenig», sagte Kuoni-Sprecher Stephan Wehrle. Ein grosser Teil der notwendigen Kapazitäten werde über die eigene Chartergesellschaft Air Edelweiss abgedeckt.

Schlechte Nachrichten für Genf

Für die Genfer Volkswirtschafts-Direktion ist die Streichung der Swiss-Destinationen «keine gute Nachricht». Die Massnahme kostet den Flughafen mindestens 300 Stellen.

Nun sucht Genf nach Alternativen, um die von Swiss gestrichenen Destinationen weiter bedienen zu können. Die wichtigsten Destinationen würden aber weiterhin durch Swiss bedient, so dass die wirtschaftliche Entwicklung von Genf nicht betroffen sei.

Und da Genf weiterhin 70 Destinationen mit Direktflügen bediene, werde die Attraktivität des Flughafens für die Westschweiz und die benachbarten französischen Regionen nicht allzu stark geschwächt, hiess es weiter.

Zürich nicht überrascht

Die Betreiberin des Flughafens Zürich-Kloten, Unique, zeigt sich nicht überrascht von der Reduktion des Streckennetzes.

Die angekündigte Reduktion entspreche weitgehend der von Unique selbst erarbeiteten Verkehrsplanung für den Flughafen Zürich. Unique habe bereits mit zahlreichen Fluggesellschaften Gespräche geführt, die nun vertieft werden könnten. Ein Teil der von Swiss im Winter nicht mehr bedienten Destinationen werde zudem schon heute von anderen Fluggesellschaften direkt angeflogen.

Die Zürcher Regierung bedauert vor allem den grossen Verlust an Arbeitsplätzen, hält aber den Entscheid von Swiss für richtig. Der Abbau werde vor allem negative Auswirkungen auf Zulieferer-Betriebe im Kanton Zürich haben, jedoch auch auf die gesamte Schweizer Volkswirtschaft.

Kein Kahlschlag in Basel

Mit dem Abbau von acht von 21 Swiss-Destinationen bleibt am EuroAirport Basel-Mülhausen der befürchtete Kahlschlag aus.

Die Regierungen beider Basel reagieren mit einer gewissen Erleichterung. Bei der Flughafendirektion bleibt Skepsis.

Bern nimmt es locker

Der Ausfall der Swiss – eine einzige Verbindung nach Basel – am Flughafen Bern-Belp ist laut den Berner Behörden zwar bedauerlich, aber ohne grosse Konsequenzen.

«Wir mussten bereits seit einiger Zeit davon ausgehen», sagte Adrian Studer, Leiter des Berner Wirtschaftsamtes.

Seit einiger Zeit habe die Berner Flughafen-Betreiberin Alpar, an der der Kanton Bern beteiligt ist, eine Vorwärtsstrategie betrieben und versucht, neue Fluggesellschaften nach Bern zu führen.

So würden zum Beispiel die Lufthansa, Intersky und die Air Alps neue Destinationen ab Bern-Belp anbieten. Der erwartete Ausfall der Swiss sei damit kompensiert worden, sagte Studer.

swissinfo mit Agenturen

Im ersten Halbjahr 2003 hat die Swiss auf ihren Linienflügen insgesamt 5,3 Mio. Passagiere befördert.

Der durchschnittliche Sitzauslastung lag zwischen Januar und Juni bei 68,7%.

Im ersten Halbjahr 2003 waren 17,5 Mrd. Sitz-Kilometer angeboten worden. Ab Oktober verringern sich die angebotenen Sitz-Kilometer um 27%.

Die Radikalkur kostet bei Swiss 3’000 Stellen und 2’500 bei ihren Zulieferern.

Zusammen mit einem neuen Europakonzept will die Swiss damit 1,6 Mrd. Franken sparen.

Der Abbau im Streckennetz der Swiss hat am Freitag in den betroffenen Regionen Bedauern, aber keine Überraschung ausgelöst.

Die Flughäfen suchen nach Alternativen für die von Swiss gestrichenen Destinationen.

Auch die Schweizer Reiseveranstalter erwarten keine grossen Auswirkungen.

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