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Swiss vor Übernahme: Was ist falsch gelaufen?

Aviatik-Experte Sepp Moser: Ein guter Deal für die Lufthansa. Keystone

Unter den aktuellen Marktbedingungen bleibt der Swiss nach Ansicht vieler Beobachter nicht viel anderes, als einer Übernahme durch die Lufthansa zuzustimmen.

Damit tue die Swiss, was nötig sei – leider erst nachdem Milliarden verschwendet worden seien, sagt der Aviatik-Experte Sepp Moser gegenüber swissinfo.

swissinfo: Sepp Moser, was denken Sie, wie viel werden die Grossaktionäre noch von Lufthansa erhalten?

Sepp Moser: Vermutlich nichts mehr. Der Preis ist nicht relevant, da ja nur ein kleiner Teil der Aktien gestreut ist. Grob geschätzt würde die Summe, welche die Kleinaktionäre erhalten etwa 5% des gesamten Aktienkapitals ausmachen.

Es würde auch kein eigentliches Übernahmeangebot geben, so dass der Kursanstieg der Aktien nicht von Belang ist.

swissinfo: Vor drei Jahren haben Regierung und Banken rund 2 Mrd. Franken in die Swiss gepumpt. Jetzt muss die Summe abgeschrieben werden. War das Investment lediglich eine Geldvernichtungs-Aktion?

S.M. Ganz klar! Es sind ja nicht «nur» 2 Mrd. Franken, es sind insgesamt eher 4 Milliarden. Denn zuerst musste ja der Bankrott der Swissair vermieden werden. Schon das war falsch, die alte Swissair so sanieren zu wollen.

Sie können keine Leiche wiederbeleben und sie in einen gesunden Körper einpflanzen. Man hätte den Markt spielen lassen sollen.

Konkret hätte das geheissen: Die Swissair sterben lassen und mit der Crossair weitermachen. Was da gemacht wurde, war eine «Vergewaltigung» der Marktverhältnisse. Wie sich jetzt zeigt, kann man die Realität nicht lange zum Narren halten.

swissinfo: Hätte man das damals gemacht. Wo denken Sie, wären wir heute?

S.M.: Die Crossair hätte vermutlich überlebt, denn sie war zu diesem Zeitpunkt gesund. Heute würden wir eine kleinere Crossair haben, die vermutlich etwas expandiert hätte.

Wir hätten heute so etwas wie die Finnair oder die Air Lingus, Gesellschaften die klein sind, aber Geld verdienen. Die Ambitionen der Politik mit der Swiss in der oberen Klasse mitzuspielen, waren schlicht überrissen.

swissinfo: Glauben Sie denn, dass heute eine Übernahme der Swiss durch Lufthansa die beste Strategie ist, um der Airline eine gewisse Zukunft in der Schweiz zu erhalten?

S.M: Zum heutigen Zeitpunkt ist es die einzig mögliche Strategie. Die Swiss ist gescheitert. Zwar nicht technisch bankrott aber doch fast mittellos. Sie verliert Marktanteile, Angestellte, überall etwas.

Und noch etwas: Fast jedermann bei der Swiss sucht einen andern Job. Wenn jetzt nichts geschieht, müsste die Swiss weiter schrumpfen oder innert kürzester Zeit bankrott gehen.

swissinfo–Interview: Chris Lewis
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)

Lufthansa-Umsatz 2003: fast 16 Mrd. Euro (24,8 Mrd. Fr.)

Lufthansa-Jahresgewinn 2004: rund 400 Mio. Euro (620 Mio. Fr.)

Lufthansa-Passagiere 2003: 45 Mio.

Lufthansa-Beschäftigte: 90’000

Swiss-Reinverlust 2004: 140 Mio. Fr. (2003: 687 Mio. Fr.; 2002: 980 Mio. Fr.)

Swiss-Umsatz 2004: 3,6 Mrd. Fr.

Swiss-Passagiere 2004: 9,2 Mio.

Swiss-Beschäftigte: 6625

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