Swisscom-Boss: «Glaubwürdigkeit verloren»
Der zurückgetretene Swisscom-Konzernchef Jens Alder habe das Vertrauen der Partner verloren, sagt Verwaltungsrats-Präsident Markus Rauh.
Alder habe das Handtuch geworfen, nachdem die Schweizer Regierung, der grösste Aktionär, die Strategie des Wachstums durch Übernahmen im Ausland gebremst hatte, so Rauh im Gespräch mit swissinfo.
Jens Alder sagte an der Pressekonferenz am Freitag, dass er seinen Posten verlasse, um einer frischen Kraft die Umsetzung der neuen Strategie zu überlassen.
Der Bund als Mehrheitsaktionär der Swisscom hat die Pläne von Jens Alder gestoppt, welche auf eine Übernahme der Telekommunikations-Unternehmen Eircom und Tele Danmark zielten.
Gleichzeitig sprach die Regierung davon, sich von der Mehrheit der Aktien an der Swisscom zu trennen.
Panagiotis Spiliopoulos, Analyst der Telekombranche bei der Bank Vontobel, glaubt, dass Alder die neue Strategie, die Übernahmen im Ausland quasi verbietet, nicht mehr mittragen wollte.
«Das war für Alder nicht genug, der die Vision von einem paneuropäischen Telekommunikations-Anbieter hatte», sagte Spiliopoulos gegenüber swissinfo.
Doch gemäss Swisscom-Verwaltungsrats-Präsident Markus Rauh hat sein Konzern die Differenzen mit der Schweizer Regierung nach hinten geschoben und will versuchen, in Europa organisch weiter zu wachsen.
swissinfo: Warum war Jens Alders Position unhaltbar?
Markus Rauh: Der Mehrheitsaktionär (die Schweizer Regierung) hat die allgemeine strategische Ausrichtung des Unternehmens geändert. Und Jens Alder hat die Glaubwürdigkeit verloren, besonders gegenüber den Finanzmärkten. Aber auch als Verhandlungs-Partner und in Diskussionen mit Dritten.
Wir waren mitten in ernsthaften Verhandlungen über Übernahmen im Ausland. Dann mussten wir uns zurückziehen und allen sagen, dass das bisher Verhandelte ungültig sei.
Da haben wir an Glaubwürdigkeit verloren. Ein Spitzenmanager, der seine Glaubwürdigkeit verliert, hat ein Problem.
swissinfo: Hat sich die Politik zu stark in das Management der Swisscom eingemischt?
M.R.: Die letzten acht Jahr, bis zum 25. November, als die Regierung eine Strategie-Änderung verlangte, hat sich die Politik nie in die Geschäfte der Swisscom eingemischt. Das ist jetzt bereinigt. Nun haben wir eine solide Zusammenarbeit ohne politische Beeinflussung.
Die Zusammenarbeit mit der Regierung ist wieder auf demselben Stand wie vor dem 25. November. Seither hatten wir sehr konstruktive Treffen und haben die Vergangenheit hinter uns gelassen.
swissinfo: Kann der neue CEO, Carsten Schloter, nun überzeugender mit dem Mehrheitsaktionär umgehen?
M.R.: Wir haben kein Problem mit dem Mehrheitsaktionär und müssen von nichts überzeugen. Die Regierung lässt uns das machen, was wir für richtig halten, und was unsere strategischen Ziele sind.
Herr Schloter ist ein guter Kommunikator, ein zielgerichteter Analyst und ein Macher. Charakteristiken, die auch Jens Alder auszeichnen.
swissinfo: Wohin steuert die Swisscom nun?
M.R.: Wir wollen weiterhin der dominierende Telekommunikations-Anbieter sein. Wir sind dabei, unser Tätigkeitsgebiet in der Schweiz auszuweiten. Und in Europa wollen wir organisch wachsen.
Wir haben genügend Geldmittel, um zu tun, was wir tun wollen. Wir werden sehen, wie wir mit der Einschränkung, dass wir keine ausländischen Festnetzanbieter kaufen dürfen, klarkommen.
Dies wird das Risikomanagement und auch das Anforderungsprofil ändern, um erfolgreich zu sein.
swissinfo: Wie wollen Sie das ramponierte Image der Swisscom aufbessern?
M.R.: Die ersten Schritte dazu haben wir bereits getan. Wir sagten, wir sind auf der sicheren Seite, wir sind positiv eingestellt und überzeugt, dass es zahlreiche Gelegenheiten geben wird, die wir packen können.
swissinfo: Haben Sie gegenüber ihren Konkurrenten an Boden verloren?
M.R.: Im Moment kann ich das nicht sehen. Doch es ist ein harter Kampf, und wir nehmen ihn auf.
swissinfo-Interview: Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)
Jens Alder kam 1998 zu Swisscom und wurde 1999 CEO.
Er trat am Freitag zurück und wird durch den deutschen Carsten Schloter ersetzt, der bislang Chef von Swisscom-Mobile war.
Alder wird 1,54 Mio. Franken Abgangs-Entschädigung erhalten (enthalten ist ein Jahresgehalt und Bonus)
Die Schweizer Regierung kündigte am 23. November 2005 an, die Mehrheit der Aktien an der Swisscom zu verkaufen. In den kommenden Tagen untersagte die Regierung gewisse Ausland-Beteiligungen, darunter eine Übernahme der irischen Eircom.
In der Schweiz ist Swisscom die Nummer 1 (61% Marktanteil) vor Sunrise (21,3%9 und Orange (17,7%).
Der Bund hält eine Mehrheit von 66% der Swisscom-Aktien.
Dann gibt es weitere 64’000 Aktionäre. 12 davon besitzen mehr als 100’00 Aktien.
Der deutsche Staat hält 37% an der Deutschen Telekom. Der französische Staat 33% an France Telecom.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch