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Swisscom senkt Roaming-Tarife in der EU

Aus London in die Schweiz telefonieren Handy-Kunden der Swisscom künftig für 85 Rappen. Keystone

Wer in der EU mit dem Handy telefoniert, bezahlt beim grössten Schweizer Telekomkonzern künftig weniger. Am 22. September senkt die Swisscom die Tarife deutlich.

Die Swisscom reagiert damit auf die Preissenkungen, welche die EU in diesem Sommer verordnet hat. Die Konkurrenz zeigt sich überrascht, die Konsumenten sind erfreut.

Bereits ab dem 22. September zahlen Kunden der Swisscom für Telefonate mit dem Handy innerhalb der Europäischen Union (EU) und von der EU in die Schweiz nur noch 85 Rappen statt 1,50 Franken pro Minute. Für Prepaidkunden fällt die Senkung noch deutlicher aus, und zwar von bisher 2 Franken auf ebenfalls 85 Rappen.

Neben den europäischen Minutenpreisen werden auch die weltweit gültigen Minutentarife angepasst und die SMS-Tarife auf 40 Rappen pro Kurzmitteilung vereinheitlicht, wie der Schweizer Branchenleader weiter mitteilte.

Die Verbilligung wird mit Verhandlungserfolgen begründet, die Swisscom mit den europäischen Mobilfunkanbietern ausgehandelt hat und noch aushandeln will.

«Natürlich hat die Entscheidung des EU-Parlaments im Frühling, die Tarife für das Roaming zu senken, einen gewissen Druck auf die anderen Anbieter ausgeübt», sagt Marc Furrer, Präsident der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom), gegenüber swissinfo.

«Der Markt kann sich selbst regeln, allerdings müssen diese Abkommen dann auch auf ihre Einhaltung kontrolliert werden. Aber ein gewisser Wettbewerb ist da.»

Furrer, der die Schweiz in der Europäischen Kommission und in der Europäischen Konferenz für Post und Telekommunikation (CEPT) vertritt, betont, dass nicht nur die Swisscom verhandelt habe.

«Auch die ComCom hat verhandelt mit der Swisscom. Und im auch im Rahmen der CEPT haben wir von unserer Seite aus aktiv mitgewirkt», so Furrer.

Positive Reaktion

Der Preisüberwacher begrüsst die Senkung der Roaming-Tarife durch die Swisscom. Rudolf Strahm glaubt, dass die Swisscom-Tarifsenkung eine Reaktion auf den politischen Druck und die «drohende Regulierung» sei.

Die Schweizer Mobilfunkkunden profitierten im Schlepptau der EU-Regulierung. Mit den neuen Tarifen seien diese Obergrenzen erfüllt, wie sie die EU den Telekomfirmen vorschreibt.

Geregelt seien damit sowohl Anrufe mit Schweizer Handy aus EU-Ländern in die Schweiz als auch Telefonate mit dem Schweizer Handy innerhalb eines EU-Landes. Noch nicht gesichert sei dagegen die Senkung der Roaming-Tarife des ausländischen Operateurs für Anrufe aus der Schweiz in EU-Länder.

Konkurrenten müssen nachziehen

An die Adresse der Swisscom-Konkurrenz geht eine klare Forderung Strahms: «Orange und Sunrise müssen auch senken». Und zwar müssten die Standard-Tarife für Roaming sinken, das Angebot spezieller Preisoptionen mit zum Teil tieferen Tarifen genüge nicht.

In einer ersten Reaktion erklärte Orange, sie ändere ihre Tarifstruktur vorerst nicht. Bei Sunrise und Tele2 war noch keine Stellungnahme erhältlich.

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) bezeichnete die Senkung der Roaming-Tarife bei der Swisscom einerseits als eine gute Botschaft. Anderseits hinterlasse sie auch ein schales Gefühl, weil sich die Frage stelle, ob die Konsumenten bisher zu viel bezahlt hätten und ob dieser Schritt nicht schon vorher und auch ohne Druck von aussen möglich gewesen wäre, sagte SKS-Geschäftsführerin Jacqueline Bachmann.

Der Schritt habe nichts mit Wettbewerb zu tun, sondern zeige viel mehr, wie gross die Abhängigkeit von einem Anbieter sei. Die SKS hat laut Bachmann nun klar die Erwartung, dass auch die beiden anderen Mobilfunkanbieter nachziehen.

Teurere Gespräche aus nichteuropäischen Ländern

Der Internet-Vergleichsdienst Comparis begrüsst die sinkenden Roaming-Tarife bei Swisscom. Comparis kritisiert aber die geänderte Taktung: Swisscom rechnet neu auf die ganze Minute ab, statt wie bisher alle 30 Sekunden. «Unschön», findet Comparis.

Dadurch würden Gespräche aus nichteuropäischen Ländern wie Ägypten, Tunesien und der Türkei nicht günstiger, sondern sogar teurer. Denn ein Kunde, der 2:02 Minuten telefoniert, muss neu 3 Minuten bezahlen statt wie bisher 2:30.

swissinfo und Agenturen

Unter Roaming (Engl.: Herumstreifen) versteht man die Möglichkeit, in einem anderen als dem Heimnetzwerk automatisch Anrufe und SMS tätigen oder empfangen zu können.

Roaming kommt dann zum Zug, wenn ein Mobiltelefonie-Abonnent ausserhalb des geographischen Gebietes telefoniert, das durch sein Heimnetzwerk abgedeckt wird.

Dies aber nur, falls sein Anbieter entsprechende Roaming-Verträge mit ausländischen Anbietern abgeschlossen hat.

Der neue EU-Tarif begrenzt die Gebühren für aktive Auslandgespräche auf 49 Cent (ohne Mehrwertsteuer) pro Minute.

Für eingehende Anrufe auf einem Fremdnetz sollen Kunden nicht mehr als 24 Cent zahlen müssen.

Nach einem weiteren Jahr sollen die Gebühren auf 46 Cent, im dritten Jahr auf 43 Cent sinken, während angenommene Anrufe noch 22, dann 19 Cent kosten sollen.

Laut der Dachorganisation der Mobiltelefonie-Anbieter, welche die neuen Regeln bekämpfen, sind die Tarife in den letzten beiden Jahren bereits um rund 30% gesunken.

Die durchschnittlichen Kosten für Anrufe im Ausland sind von 83 auf 59 Cent pro Minute gesenkt worden. Trotzdem verlangen gewisse Anbieter heute noch bis 3 Euro pro Minute.

Der Schweizer Anbieter Swisscom verrechnet für im Ausland getätigte Anrufe neu 85 Rappen (bisher 1,50 Franken = 90 Cent) pro Minute, Sunrise und Orange 1,70 Franken (1 Euro).

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