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Swissgrid sorgt neu für Hochspannung

Die Stromproduzenten wollen ihr Netzwerk behalten - Swissgrid soll es lediglich managen. swissinfo.ch

Die Netzgesellschaft Swissgrid übernimmt die Verantwortung für den Betrieb des schweizerischen Hochspannungsnetzes und reagiert damit auf die EU-Strommarktöffnung.

Die Elektrizitätswirtschaft kommt damit Auflagen des geplanten Stromversorgungsgesetzes (StromVG) zuvor.

«Wir sind freiwillig mit der Netzgesellschaft gestartet», betont Hans Schweickardt, Präsident der Swisselectric, dem Verband der sechs Verbundunternehmen, denen das Übertragungsnetz gehört. Das StromVG ist derzeit noch in der parlamentarischen Beratung; es könnte – ohne Referendum – frühestens 2008 in Kraft treten.

Mit der Netzgesellschaft, die seit Freitag für den Betrieb des schweizerischen Hochspannungsnetzes verantwortlich ist, reagieren die Verbundunternehmen auf die Marktöffnung in den EU-Ländern. In der Schweiz war das Elektrizitätsmarktgesetz (EMG), das eine Marktliberalisierung vorsah, 2002 vom Stimmvolk abgelehnt worden. Die Netzgesellschaft gilt auch als Voraussetzung für die 2007 startenden bilateralen Verhandlungen mit der EU über den Strommarkt.

In der Swissgrid in Laufenburg sind rund 130 Personen mit der Überwachung und Steuerung des rund 6700 Kilometer langen Höchstspannungsnetzes beschäftigt. Bereits heute sei der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz für alle Stromunternehmen gegeben, betont Swissgrid-Direktor Hans-Peter Aebi.

Zwischenschritt

Die jetzige Swissgrid erfüllt aber erst zu einem Teil die voraussichtlichen Vorstellungen des Stromversorgungsgesetzes: «Beim Start der Swissgrid handelt es sich um einen Zwischenschritt», meint denn auch etwa Walter Steinmann, Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE).

Insbesondere fehlt heute noch eine Regulierungsbehörde. Die vom Gesetz vorgesehene «Elcom» muss nicht zuletzt den Preis, also die Netznutzungstarife, überwachen. Sie bestimmt damit auch über die Rendite des Übertragungsnetzes.

Diese werde wohl nicht allzu hoch ausfallen, meint Steinmann, es handle sich ja um ein natürliches Monopol: «Man kann nicht eine 15-prozentige Eigenkapital-Rendite wie bei einer Grossbank erwarten.» Das Interesse der Eigentümer nehme damit längerfristig wohl auch ab.

Eigentumsfrage

Heftig umstritten ist aber vor allem die Trennung des Netzes von den Stromproduzenten. Am Montag hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat diese Forderung ins StromVG aufgenommen. Damit soll das Netzeigentum an die Swissgrid übergehen, die heutigen Besitzer sollen zu Aktionären werden.

Während man bei der Swissgrid einer Übernahme des Netzeigentums nicht abgeneigt ist, stösst dies bei den Überlandwerken auf vehemente Ablehnung: Eine «politische Zwangslösung» sei dies, meint Swisselectric-Präsident Schweickardt: «Wir überholen damit die Europäische Union rechts auf dem Pannenstreifen.»

Infrastruktur-Ausbau

Probleme sieht Schweickardt vor allem beim künftigen Ausbau des Übertragungsnetzes, das bereits heute an seine Kapazitätsgrenzen stösst. Künftig werde an den Bedürfnissen der Stromproduzenten vorbei etwa gemäss regionalpolitischen Interessen entschieden. «Die Folge sind mehr Blackouts», ist Schweickardt überzeugt.

Befürchtungen, die der BFE-Direktor nicht teilt. Für Fragen der Investitionen in die Netzinfrastruktur sei bereits eine Gruppe von Fachleuten eingesetzt. Diese werde gemäss Gesetz bei Ausbauentscheiden auch regionalpolitische Aspekte berücksichtigen.

Die Mehrheit der Länder Europas habe eine ähnliche Lösung bezüglich Koppelung von Betrieb und Netzeigentum wie im StromVG vorgesehen, meint Steinmann zudem. Die restlichen EU-Länder würden wohl 2007 von der EU-Kommission dazu verpflichtet.

swissinfo und Agenturen

Vor dem Hintergrund der Strommarktliberalisierung in Europa gründen die Energieversorger ATEL, BKW und EOS 1998/99 die Schweizerische Netzgesellschaft SNG. Parallel dazu legen EWZ Zürich, CKW, EGL und NOK ihre Übertragungsnetze zusammen.

Die Gesellschaften beider Gruppen gründen Ende 1999 die gemeinsame ETRANS AG, die per Anfang 2000 ihre Arbeit aufnimmt.

Im April 2002 gründen die Elektrizitätsunternehmen ATEL, BKW, CKW, EGL, EOS und NOK die Organisation der schweizerischen Stromverbundunternehmen Swisselectric.

In der Eidg. Abstimmung vom 22.09.2002 wird das Elektrizitätsmarktgesetz mit 52,6% Nein verworfen. Mit der schrittweisen Öffnung des Strommarktes hätte eine einzige nationale Netzgesellschaft aufgebaut werden sollen.

Am 30.04.2004 ruft Swisselectric eine schweizerische Netzgesellschaft mit dem Namen Swissgrid ins Leben. Sie soll für den Betrieb des Schweizer Übertragungsnetzes und den internationalen Stromtransit verantwortlich sein.

Nach einem Hin und Her zwischen Wettbewerbskommission, Rekurskommission und Bundesgericht nimmt Swissgrid mit rund einjähriger Verspätung am 15. Dezember 2006 den Betrieb auf.

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