Swissmetal entlässt Kader
Am 20. Streiktag im Werk Reconvilier hat die Firmenleitung dem Grossteil der Kader-Angestellten im Berner Jura fristlos gekündigt.
Der Streik wird fortgesetzt, während der von der Schweizer Regierung eingesetzte Mediator Rolf Bloch weiter nach einer Verhandlungslösung sucht.
Am 25. Januar 2006 traten die Arbeiter im Swissmetal-Werk im bernischen Reconvilier in Streik. Sie wehrten sich gegen die Ende 2005 durch die Direktion angekündigten Restrukturierungen.
Am 9. Februar kündigte die Direktion den «beschleunigten Abbau» von 120 Stellen an. Swissmetal will in Reconvilier rund 200 Jobs streichen und die Giesserei nach Dornach verlagern. Am Standort Reconvilier soll festgehalten werden.
Trotz eines Ultimatums seien 21 Kaderangestelle am Montagmorgen um 9 Uhr nicht wie gefordert am Firmensitz in Dornach (SO) zur Arbeit erschienen, sagte Swissmetal-Sprecherin Lucie Lusa. Lediglich vier Personen, die für beide Standorte arbeiteten, seien erschienen.
«Hart durchgreifen»
Die Gewerkschaft Unia rät den Entlassenen, die Kündigungen anzufechten, wie Sprecher Bruno Schmucki sagte. Es seien bereits Juristen eingeschaltet worden. Er kritisierte, dass die Mitarbeiter aus den Medien von ihrer Entlassung erfahren haben. Weiter warf Schmucki der Swissmetal-Leitung vor, nicht alles für eine Verhandlungslösung zu unternehmen.
Swissmetal hatte die Entlassungen angekündigt, weil der seit nunmehr 20 Tagen andauernde Streik illegal sei. «Wir haben keine andere Wahl, als hart durchzugreifen», hatte der Präsident des Verwaltungsrats, Friedrich Sauerländer, am Wochenende gewarnt.
Schlimmeres verhindern
Es gehe um mehr als nur den Standort Reconvilier, sagte Juliane Kloubert von Swissmetal. Wegen des Streiks sei der Auftrags-Eingang deutlich zurückgegangen. Die Unternehmensleitung müsse deshalb ihre Verantwortung wahrnehmen, um Schlimmeres zu verhindern.
Die Gewerkschaft Unia reagierte schockiert auf die Entlassungen. «Wenn die Swissmetal-Leitung an einer raschen Lösung des Konflikts interessiert wäre, würde sie solche Schritte unterlassen», sagte Unia-Sprecher Nico Lutz. Mit solchen Signalen riskiere die Konzernleitung eine weitere Eskalation.
An einer Lösung sei auch Swissmetal interessiert, bekräftigte Kloubert: «Wir versprechen uns viel von der Mediation.» Aber es gebe Grenzen. «Der Streik ist und bleibt illegal. Verlorene Aufträge oder abgewanderte Kunden bringt auch eine Mediation nicht zurück.»
Bloch: kein Kommentar
Unter diesen schwierigen Vorzeichen traf sich der von Bundesrat Joseph Deiss eingesetzte Mediator Rolf Bloch am Montagmorgen mit Unia-Vertretern. Bloch ist Ehrenpräsident der Chocolats Camille Bloch SA.
Ein erstes Sondierungsgespräch mit der Leitung des Unternehmens hatte bereits am Wochenende stattgefunden.
«Ich bin nicht blauäugig. Aber ich hoffe, dass wir aus dem Graben wieder herausfinden», sagte Bloch. Man müsse endlich einen neuen Weg finden und nicht nur immer mit Medienmitteilungen oder eingeschriebenen Briefen kommunizieren.
Zu den Treffen am Montag wollte sich Bloch nicht konkret äussern. Er müsse nach diesen Gesprächen «eine Nacht darüber schlafen». Erst danach sei er in der Lage, konkrete Aussagen über das weitere Vorgehen machen zu können.
Streik geht weiter
Ungeachtet der Vermittlungs-Versuche geht der Streik weiter. Eine Betriebsversammlung, an der über den Fortgang hätte entschieden werden sollen, wurde abgesagt. Zu den Gründen wurde nichts gesagt.
Am Morgen wurden drei Lastwagen, die Material abholen sollten, an der Zufahrt gehindert. Wegen einer Auto-Blockade von Sympathisanten der Streikenden kamen die Lastwagen nicht bis zum Werk.
swissinfo und Agenturen
Swissmetal stellt hochwertige Produkte aus Kupfer und Kupferlegierungen her für die Elektro-, Automobil-, Schreibwaren- und Uhren-Industrie sowie für Luftfahrt und Telekommunikation.
Swissmetal hat einen Fünfjahres-Plan ausgearbeitet, der auf einer Kompetenzen-Konzentration zwischen den zwei Entwicklungs- und Produktions-Standorten in Reconvilier (Bern) und Dornach (Solothurn) basiert.
In Dornach soll die Giesserei konzentriert werden. In Reconvilier würde nur die Endbearbeitung im Bereich Drähte und Stangen beibehalten. Diese Strategie wird Arbeitsplätze kosten.
25.01.06: Die Arbeitenden des Swissmetal-Werkes in Reconvilier lancieren ihren 2. Streik innerhalb eines Jahres. Sie protestieren gegen die vom Management Ende 2005 angekündigten Restrukturierungen.
09.02.2006: Die Direktion kündigt den beschleunigten Abbau von 120 Arbeitsplätzen in Reconvilier an. Rolf Bloch wird am selben Tag von Bundesrat Joseph Deiss zum Mediator ernannt.
10.02.06: Swissmetal gibt den Kauf einer Ex-Filiale (Busch-Jaeger) in Deutschland bekannt.
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