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Telekommunikation auf Kriechspur

BAKOM-Direktor Martin Dumermuth orientiert an der Medienkonferenz in Biel. Keystone

Der Schweizer Telekommarkt verliert gegenüber den anderen Ländern Europas zunehmend an Wachstumstempo, so das Fazit einer Studie.

Wer mit dem Handy auf eine Notfallnummer anruft, soll künftig lokalisiert werden können, kündigte die Aufsichtsbehörde BAKOM an.

«Die Telekommunikation befindet sich in einer Phase der permanenten Veränderungen», sagte Martin Dumermuth, Direktor des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM), am Mittwoch an der Jahres-Medienkonferenz der Aufsichtsbehörde in Biel.

«Obschon die Entwicklung sehr schnell voranschreitet, ist es wichtig, dass wir vorausdenken», so Dumermuth gegenüber swissinfo. Oft sei es aber so, dass die Gesetzgebung hinten nach hinke und erst zum Zuge komme, wenn ein Problem gelöst werden müsse.

EU-Vergleich

Der Schweizer Telekommarkt wächst zwar weiterhin, der Boom ist allerdings fürs Erste vorbei. 2004 betrug das Wachstum noch 2,2% auf knapp 12 Mrd. Fr.. Heuer dürften es trotz neuer Technologien wie Internettelefonie nur 2% werden.

Der Schweizer Fernmeldemarkt (inklusive Kabelfernsehen) ist damit von der EU abgehängt worden. Im Schnitt erwarten die Länder der Union ein Wachstum von 4,3% nach 4,6% im letzten Jahr, wie das BAKOM auf Basis einer Studie der EU-Kommission am Mittwoch in Biel bekannt gab.

Die Studie vergleicht den Telekommarkt in der Schweiz mit entsprechenden Zahlen, welche von der EU erhoben wurden. So hatten im letzten Jahr 87% der Schweizer ein Handy, was ziemlich genau dem europäischen Durchschnitt entspricht.

Der Schweizer Telekommarkt sei wohl näher bei der Sättigung als andere Märkte Europas, begründete Peter Fischer, stellvertretender BAKOM-Direktor. Zulegen können hauptsächlich noch Mobilfunk und Datenkommunikation. Im Jahr 2000 war der Markt nach der Liberalisierung des Mobilfunks noch um 18,5% gewachsen.

Mobilfunk als unverminderte Goldgrube

Die Marktöffnung sei spät erfolgt, was den Wettbewerb immer noch behindere. In der EU fiel der Marktanteil der ehemaligen Monopolisten auf 43%, in der Schweiz hält Swisscom Mobile 61%. Es sei fraglich, ob der Wert je unter 50% fallen werde, so Fischer.

Sunrise kommt auf 21% der Mobilfunkkunden, Orange auf 18%. Nur in Zypern (100%) und in Slowenien (78%) hat der ehemalige Monopolist noch einen höheren Anteil als Swisscom Mobile.

Spitzenreiterin Swisscom

Die so genannte Marktpenetration im Schweizer Mobilfunk wuchs von 80,6 auf 86,7%. Weil jedes einzelne Abo im Verhältnis zur Bevölkerung gezählt wird, erreicht Luxemburg einen Wert von 122%. Der EU-Schnitt liegt bei 83%.

Spitzenreiterin ist die Schweiz allerdings punkto Preise: Die Swisscom hatte 2004 europaweit mit monatlich 68.50 Euro pro Mobilfunkkunde die höchsten Einnahmen. Die inzwischen eingeläutete neue Preissenkungsrunde sei dabei aber noch nicht berücksichtigt, hielt Fischer fest.

Teure Lokalgespräche

Im stagnierenden Telefonfestnetz fällt der Preisvergleich gespalten aus. Insgesamt sind die Preise zwar stark gesunken. Wegen dem eingeführten Einheitstarif sind die Lokaltarife aber vergleichsweise hoch, die nationalen Tarife dagegen tief.

Der Festnetztelefonmarkt spiele relativ gut. Es frage sich aber, ob der Wettbewerb nachhaltig sei, sagte Fischer. Denn «kleine Anbieter haben es schwer, und es besteht die Tendenz zu Oligopolen».

Im europäischen Schnitt kommen jeweils gut vier grössere Telekomkonzerne auf einen Marktanteil von 90%. In der Schweiz sind es nur drei: Swisscom mit allein 60%, Sunrise und Tele2.

Immer mehr Breitband

Mit zur Spitze zählt die Schweiz beim Breitbandmarkt. Die Marktdurchdringung beträgt bei relativ tiefen Preisen 17%. Nur Dänemark (18%) und die Niederlande (19%) kommen auf einen höheren Wert.

Die Kabelnetze hätten zwar einen bedeutenden Marktanteil, sagte Fischer. Das Wachstum sei aber tiefer als bei ADSL. Der stellvertretende BAKOM-Direktor warnte zugleich, die Innovation für hohe Bandbreiten sei relativ gering.

Schnellere Hilfe im Notfall

Wer mit dem Handy auf eine Notfallnummer von Polizei, Sanität, Rettungsflugwacht oder Feuerwehr anruft, soll künftig lokalisiert werden können, wie das BAKOM weiter informierte. Die Standortidentifikation ermögliche schnellere Hilfe. Damit sollen Alarmzentralen künftig den Aufenthaltsort von Anrufern in Not schneller eruieren können.

Der Dienst beschränkt sich vorerst auf die Angabe des «Funkreviers», aus dem der Notruf erfolgt. Die Mobilfunkanbieter müssen diesen Dienst innerhalb eines Jahres für GSM-Netze und innerhalb von zwei Jahren für UMTS-Netze einführen.

Weil die Funkzellen in städtischen Gebieten engmaschiger sind, ist dort die Ortung schneller möglich als auf dem Land, wo die Gebiete mehrere Kilometer messen können.

swissinfo

Der Telekommunikations-Markt in der Schweiz 2004:
Mobiltelefonie: 47%
Festnetz-Telefonie: 27%
Internet via Festnetz: 17%
Kabel-TV-Netz: 11%

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