UBS-Aktionäre sagen Ja zu Bundes-Milliarden
Die Aktionäre der angeschlagenen Schweizer Grossbank haben das 6-Mrd.-Hilfspaket des Bundes an der Generalversammlung gutgeheissen. Präsident Peter Kurer musste wegen der Bonuszahlungen erneut schwere Kritik einstecken.
Dem staatlichen Rettungspaket für die UBS steht nichts mehr im Weg. Nachdem Nationalbank und Eidgenossenschaft per Notrecht Hilfen von rund 70 Mrd. Franken beschlossen hatten, stimmten die Aktionäre der Grossbank am Donnerstag der nötigen bedingten Kapitalerhöhung zu. Der Ja-Stimmenanteil betrug über 98%.
Dies war das einzige Traktandum der vierten ausserordentlichen UBS-Generalversammlung in diesem Jahr. In Luzern fanden sich rund 2400 Aktionäre ein.
Die Schaffung bedingten Kapitals ist nötig, damit die Finanzspritze der Eidgenossenschaft über 6 Mrd. Franken an die UBS fliessen kann.
Nicht abstimmen mussten die Aktionäre über die Auslagerung der faulen Papiere an eine Zweckgesellschaft mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Das Volumen dieser maroden Posten beträgt geschätzte 60. Mrd. Dollar.
70 Mio. Rückzahlungen sind nicht genug
Die Zustimmung zur bedingten Kapitalerhöhung mit fast sowjetischen 100% der Stimmen täuschte jedoch nicht darüber hinweg, dass Konzernleiter Peter Kurer und der UBS-Chefetage angesichts des Dauerthemas Boni-Zahlungen weiter ein sehr kalter Wind ins Gesicht bläst.
Daran änderten auch die Ankündigungen Kurers nichts, dass weitere ehemalige UBS-Manager auf umgerechnet 22 Mio. Franken Lohn und Bonus verzichtet hätten. Namen wollte der CEO aber keine nennen.
Bisher hatten Ex-Konzernchef Peter Wuffli auf zwölf sowie die einstige Führungstroika mit Marcel Ospel, Stephan Haeringer und Marco Suter auf 33 Mio. Franken verzichtet. Als Rückzahlungskandidaten waren in den Medien vor allem auch die ausländischen Ex-Manager Clive Standish, Huw Jenkins und John Costas gehandelt worden.
Damit erhöht sich die Summe der Bonus-Rückzahlungen von Ex-Manager auf knapp 70 Mio. Franken. Immerhin versicherte Kurer, dass die Abkommen über Boni-Rückzahlungen keine Klauseln enthielten, die rechtliche Klagen ausschliessen würden.
Aktionäre können Klagen
Aktionäre, die Kurer zu Verantwortlichkeitsklagen gegen die Architekten des Desasters aufriefen, erhielten grossen Applaus. Die Bank müsse von ehemaligen Chefs mit ihren Milliarden-Boni Schadenersatz fordern. Unter den Votanten, welche diese Forderung an Kurer richteten, befand sich auch Christian Levrat, Präsident der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP).
«Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden», sagte etwa ein 68 Jahre alter Aktionär. Er erklärte, er habe mit UBS-Aktien 658’000 Franken und damit den grössten Teil seiner Altervorsorge verloren.
Kurer jedoch lehnte eine Abstimmung über Verantwortlichkeitsklagen ab. Er rief den Aktionären aber in Erinnerung, dass sie selbst solche einreichen könnten.
Der UBS-Präsident verwies darauf, dass entsprechende interne Abklärungen im Gange seien. Er fügte auch an, dass die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) gemäss ihrem im Oktober veröffentlichten Bericht kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten gefunden habe.
«Boni aus Vokabular streichen!»
Zur Verhinderung künftiger Lohnexzesse bei der Bank stellte Kurer ein neues Vergütungsmodell vor. Zwar werde an leistungsabhängigen Komponenten festgehalten, allerdings mit einem auf eine längere Sicht ausgerichteten Bonus-/Malussystem.
Doch damit erntete Kurer erneute Kritik: «Solange die UBS Verluste schreibt und Staatshilfe braucht, muss das Wort Bonus aus dem Vokabular gestrichen werden», verlangte UBS-Aktionär Thomas Minder, Initiant der «Abzocker-Initiative» gegen überrissene Managerlöhne.
Die Bonizahlungen waren nicht der einzige Anlass zu Kritik, die sich der Ospel-Nachfolger an der UBS-Spitze anhören musste. Mehrere Redner sahen sich aber von Kurer getäuscht. Der VR-Präsident habe an der letzten Generalversammlung ein rosiges Bild gezeichnet; zwei Wochen bevor er beim Staat um Milliarden habe bitten müssen.
Irreführende Darstellung?
Die Lage der Bank sei offensichtlich viel dramatischer als dargestellt. Der Aktienkurs sei weiter getaucht. Kurer entgegnete, für 2009 rechne die Grossbank unverändert mit Gewinn. «Das nächste Jahr wird profitabel, dazu stehen wir», sagte er.
Zum aktuellen Geschäftsverlauf und zur Entwicklung der verwalteten Vermögen machte Kurer keine Angaben. Er warb aber mit Nachdruck um Vertrauen in die Bank und versprach, die Einlagen seien sicher. Der UBS-Präsident gelobte auch mehr Bescheidenheit und sagte: «In der UBS von heute gibt es keinen Platz mehr für Arroganz.»
swissinfo und Agenturen
Die Sozialdemokratische Partei SP ist seit kurzem Aktionärin der UBS.
Sie hat in den letzten Tagen eine Aktie der in der Krise steckenden Grossbank gekauft.
Dank ihres bescheidenen Portfolios kann die Partei nun die Generalversammlung der Bank als Podium nutzen.
Im Namen der SP in die Rednerliste der ausseroderentlichen UBS-GV in Luzern eintragen wird sich Parteipräsident Christian Levrat.
Levrat wird die Frage aufwerfen, inwiefern das einstige UBS-Management zur Verantwortung gezogen werde könne für die derzeitge Lage der Bank. Eine Klage werde geprüft.
Bei der Zürcher Staatsanwaltschaft ist am Dienstag eine Strafanzeige gegen die UBS wegen Verletzung des Bangeheimnisses eingegangen.
Die Anzeige steht im Zusammenhang mit dem Gesuch um Amtshilfe der US-Behörden, welche von der UBS Daten von amerikanischen Steuersündern will.
Eingereicht wurde die Strafanzeige laut der Internetplattform «NZZ online» von einem Zürcher Anwaltsbüro im Auftrag eines amerikanischen Klienten.
Der Bundesrat hat am 16. Oktober Massnahmen zur Stärkung des Bankensektors beschlossen.
Der Bund will die Bilanz der UBS von illiquiden Aktiven im Wert von maximal 60 Mrd. Dollar entlasten. Diese Wertpapiere werden in eine Zweckgesellschaft ausgelagert, die von der Schweizerischen Nationalbank kontrolliert werden soll.
Die Behörden haben auch die Credit Suisse ersucht, ihr Eigenkapital um 10 Mrd. Franken zu erhöhen.
Im weiteren hat die Regierung angekündigt, sie wolle die Sparguthaben besser schützen. Zur Zeit liegt der Einlegerschutz in der Schweiz bei 30’000 Franken. In der Wintersession will der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft über eine Erhöhung der geschützen Einlagen vorlegen.
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