UBS-Bonus-Politik macht die Angestellten sauer
Die Ankündigung der Schweizer Grossbank, für 2009 rund 3 Milliarden Franken an Boni auszuzahlen, erntete nicht nur Kritik von aussen. Auch Mitarbeiter der Bank selbst fühlen sich betrogen.
Zahlreiche Angestellte fühlen sich übergangen, umso mehr, als ihnen beschieden worden war, dass ihre Leistungen im letzten Jahr gut gewesen seien.
Einige von ihnen haben sich in ihrem Ärger an swissinfo.ch gewandt, um sich Gehör zu verschaffen.
Obwohl die Bank 2009 grosse Verluste erlitten hatte, erhöhte die Chefetage den Boni-Posten markant. 2008 hatte dieser noch 1,7 Mrd. Franken betragen.
CEO Oswald Grübel gab an, keinen Bonus zu beziehen. Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger soll laut Presseberichten ebenfalls auf einen Boni-Bezug verzichten.
Ausserhalb der UBS gibt es wohl nicht viele Personen, die Tränen darüber vergiessen, dass das Institut Mitgliedern des obersten Kaders 300 Mio. Franken an Boni strich, weil die Jahresziele nicht erreicht worden waren.
Auf Stufe des mittleren Kaders hingegen fragen sich zahlreiche UBS-Mitarbeitende, weshalb sie leer ausgegangen sind, obwohl sie die individuellen Ziele erreicht hatten. Der Bonus-Topf von rund 3 Mrd. Franken wird auf weniger Mitarbeiter verteilt, weil die UBS 2009 ihren Bestand um 12’550 auf noch 65’000 Angestellte verkleinerte.
«Die Mitarbeiter wurden dieses Jahr informiert, dass die Ziele nach oben gesetzt wurden. Deshalb verpassen sie ohne Rechtfertigung ihre Boni, was sie wütend macht», erzählt ein Mitarbeiter der IT-Abteilung, der anonym bleiben will.
Grosse Wut
Ein anderer UBS-Angestellter, der sich telefonisch bei swissinfo.ch gemeldet hatte, sagte, dass er vor Wut «ausser Rand und Band» sei über die geänderte Bonus-Politik.
«Wir haben 2009 einen Verlust gemacht, ich wäre einverstanden gewesen, wenn niemand einen Bonus erhalten hätte», sagte er. «Aber wenn der Boni-Topf sogar noch aufgefüllt wird, wäre es nichts als richtig gewesen, denjenigen ein paar Brotkrumen zu überlassen, die Überstunden geleistet und an Wochenenden gearbeitet haben.»
Diese Angestellten erwarteten nicht Millionen-Boni, aber wenn sie eine gute Leistung erbrächten, würden sie normalerweise einen Extra-Monatslohn erhalten.
Die Unzufriedenheit sei weit verbreitet in der UBS-Belegschaft, sagt Elli Planta, Präsidentin der internen Arbeitnehmervertretung der UBS.
In der Vergangenheit wurde der Belegschaft gesagt, dass Anspruch auf einen Bonus hätte, wessen Leistung als zufriedenstellend beurteilt werde. «Es gibt Leute, die im letzten Jahr unter schwierigen Umständen eine gute Leistung erbrachten und jetzt die Welt nicht mehr verstehen.»
Ein Teil des Problems ist auf Kommunikationsmängel des Managements zurückzuführen, auf neue Parameter zur Bestimmung der Bonusberechtigung, sagt Planta. Das neue abgestufte Bonussystem scheine Konfusion und Frustration zu verursachen.
«Die Boni-Verteilung ist nicht transparent und wird nicht verstanden», sagt sie. «Die Leute akzeptieren Einiges, aber nur wenn sie verstehen, was passiert.»
Druck der Finma
Die Verbände haben auch kritisiert, dass die Boni willkürlich und frustrierend seien. Anders als bei den Basissalären hätten sie weder Mitsprache- noch Verhandlungsberechtigung bezüglich Höhe und Verteilung der leistungsbezogenen Entlohnung.
«Das zeigt, dass die Boni im Interesse der Bank und nicht der Angestellten stünden. Einige Leute erhalten viel Geld und andere gar nichts», sagt Denise Chervet, Generalsekretärin des Schweizerischen Bankangestelltenverbands, gegenüber swissinfo.ch.
Die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (Finma) hatte von der UBS verlangt, dass diese ihre Boni 2008 um rund 80 Prozent reduziere. Aber sie hat keine Berechtigung mehr, direkt in die bankinterne Bonuspolitik einzugreifen, seitdem die UBS letzten Sommer den staatlichen Stützungsfonds zurückbezahlt hat.
Schweizer Medien spekulierten, dass die Finma Druck auf die UBS ausübte, damit diese ihren Boni-Topf 2009 um eine Milliarde Franken verringere. Aber UBS-CEO Oswald Grübel hat dies im Februar dementiert.
Atlantische Kluft
Die Bank hat ihre leistungsbezogene Entlohnung geändert, indem sie langfristige Ziele setzt, grosse Bonuszahlungen aufschiebt und Boni oder Teile davon zurückfordert, wenn die Ziele nicht erreicht werden.
Auf Anfrage von swissinfo.ch wollte die UBS ihre Boni-Verteilung nicht offenlegen und auch die Kriterien dafür nicht nennen. Aber sie macht kein Geheimnis daraus, dass sie die Abwanderung von Leistungsträgern zu Konkurrenzunternehmen eindämmen möchte, vor allem im Vermögensverwaltungs-Geschäft.
In dieser Beziehung wurde die Bank von ihrer Konkurrenz nicht entlastet, vor allem nicht in den USA, wo sich die Boni 2009 substanziell erhöhten. Das hat den Argwohn der Schweizer Belegschaft noch vergrössert, dass ein grosser Teil des Boni-Topfs nun über den Atlantik wandert.
Laut Planta führt dies zu einer Vergrösserung der Kulturkluft innerhalb der Bank, die in den letzten Jahren mit der Expansion der UBS in den USA begonnen hatte.
«Der Schweizer Finanzmarkt ist gewinnorientiert, aber wir teilen die angelsächsische Philosophie des ’schnellen Geldes› nicht», sagt sie. «Wir sind an einem Punkt angelangt, wo die Leute sagen, dass sie genug hätten.»
Matthew Allen, Zürich, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Peter Siegenthaler und Renat Künzi)
Nach der Finanzkrise von 2008 und den Rettungsaktionen für manche Banken, für die Steuergelder verwendet wurden, wurde die Frage der Bonuszahlungen für Banker ein heisses Eisen in vielen Ländern.
In der Schweiz war die UBS die einzige Bank, die finanzielle Hilfe vom Staat erhielt. Sie wurde letztes Jahr zurückbezahlt.
Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma hat neue Regeln für die variablen Lohnbestandteile erlassen, die nächstes Jahr in Kraft treten. Sie verlangen eine Verbindung zwischen Auszahlung und längerfristigen Zielen und mehr Transparenz.
UBS und Credit Suisse haben beide neue Boni-Systeme eingeführt, die die Auszahlung eines Teils der Boni für drei Jahre aufschiebt. Sie werden erst bezahlt, wenn die Ziele erreicht sind.
Bei der UBS nahmen die Boni von 1,8 Mrd. Fr. im Jahr 2008 auf 2,9 Mrd. im Jahr 2009 zu. 60% werden bei gut verdienenden Angestellten ausgesetzt.
Es wird erwartet, dass die Bank für das Jahr 2009 um Verluste von 2,7 Mrd. vermelden wird. 2008 waren es 21 Mrd. Fr. gewesen.
Die Credit Suisse wird 40% der 6,85 Mrd. Fr. ihres Bonus-Pools aufschieben. Die Bank konnte letztes Jahr einen Gewinn von 6,7 Mrd. Fr. vermelden. 2008 verzeichnete sie einen Verlust von 8,22 Mrd.
Die Boni an der Wall Street nahmen gemäss der Kontrollstelle des Staates New York um 17% auf mehr als 20 Mrd. Dollar (21,5 Mrd. Fr. ) zu.
In Grossbritannien stellte die Royal Bank of Scotland 1,3 Mrd. Pfund für Boni zur Verfügung, obwohl sie 3,6 Mrd. Verlust gemacht hatte.
Sowohl Grossbritannien als auch Frankreich haben letztes Jahr eine neue Steuer auf Boni eingeführt, um einen Teil des Geldes, das zur Rettung der Banken verwendet wurde, wieder der öffentlichen Hand zurückzugeben.
Viele Banker haben sich dem Druck von Öffentlichkeit und Politik gebeugt und verzichteten 2009 auf Boni oder bezogen grössere Anteile in Aktien.
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