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UBS-Konzernchef Rohner geht

Keystone

Oswald Grübel, der frühere CEO der Credit Suisse, löst mit sofortiger Wirkung UBS-Chef Marcel Rohner ab. Dies gab die von der Finanzkrise und der Steueraffäre mit den USA unter Druck stehende Schweizer Grossbank bekannt.

Mit knapp 20 Milliarden Franken hat die UBS im Jahr 2008 den grössten Verlust iihrer Firmengeschichte erlitten. Mit dem Wechsel will die UBS das Vertrauen wieder herstellen.

Der neue Konzernchef Grübel war im Frühjahr 2007 bei der UBS-Konkurrentin in Pension gegangen. Er gilt als erfahrener Restrukturierungsmanager.

Der auch unter Druck stehende UBS-Verwaltungsratspräsident Peter Kurer sagte laut der UBS-Mitteilung, mit seinen unbestrittenen Führungsqualitäten und seiner grossen Erfahrung bringe Grübel die idealen Voraussetzungen mit, um zusammen mit dem Managementteam wieder Mehrwert für die Aktionäre und Kunden zu schaffen.

Kurer bleibt

Kurer selber will nicht zurücktreten. «Ich gehe jetzt nicht. Ich trete nicht zurück», sagte Kurer am Donnerstag in der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens. Es wäre auch nicht gut, jetzt einen Doppelabgang zu provozieren, weil dies eine Organisation instabil machen würde.

Kurer erwartet, dass die Ernennung von Oswald Grübel zum Konzernchef einen «Ruck durch die Organisation» auslösen wird. «Das ist genau das, was wir jetzt brauchen», sagte der UBS-Verwaltungsratspräsident.

Der Chefwechsel hat auch den Aktien der Grossbank am Donnerstag Auftrieb gegeben: Die Titel schlossen am Abend um 16,2 Prozent im Plus bei 11.74 Franken. Gestartet waren die UBS-Aktien bereits mit 14,9 Prozent im Plus.

«Faszinierende Herausforderung»

Die Leitung der in Schieflage geratenen und dank Staatshilfe geretteten UBS ist für Oswald Grübel «eine faszinierende Herausforderung». Gleichwohl habe er «den nötigen Respekt» vor dem Amt.

Grübel zeigte sich überzeugt, dass es auf dem Schweizer Finanzplatz mehr als eine globale Grossbank brauche. Die UBS mit ihrer einzigartigen Kundenbasis im Wealth Management, Investment Banking und Asset Management zu führen, bedeute eine faszinierende Herausforderung, erklärte er.

Der neue UBS-Konzernchef hat die Rückgewinnung des Vertrauens als oberstes Ziel der Grossbank bezeichnet. «Ich werde Konzernchef sein, bis der Job gemacht ist», sagte Grübel am Donnerstag. Sein Ziel sei, dass die Bank so schnell wie möglich wieder schwarze Zahlen schreibe.

«Die Einhaltung geltender Gesetze und Vorschriften ist in allen Geschäftsfeldern und weltweiten Märkten, in denen wir tätig sind, unabdingbar», erklärte Grübel.

Nicht ganz überraschender Rücktritt

Rohner habe dem Verwaltungsrat Anfang Januar mitgeteilt, dass er nach Abschluss der laufenden Repositionierung der Investmentbank, die für den massiven Verlust im vergangenen Jahr verantwortlich ist, und der Restrukturierung des Vermögensverwaltungsgeschäfts zurücktreten wolle, heisst es in der UBS-Mitteilung weiter.

Insofern kommt der Wechsel an der UBS-Spitze überraschend, denn die Umgestaltung der Bank ist gerade erst angelaufen. Und in den USA ist die Bank im Würgegriff der Justizbehörden, weil sie Anlegern dabei geholfen haben soll, ihr Geld vor dem Fiskus zu verstecken.

Rohner stand in den vergangenen Tagen im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Ihm wurde vorgehalten, dass er die Steuerprobleme der Bank in den USA mitzuverantworten habe, da zu seiner Zeit als Chef des Vermögensverwaltungsgeschäfts die der Bank vorgeworfenen Verstösse gegen die Vorschriften in den USA passiert seien.

Zu Rohners Zukunft machte die UBS keine Angaben. Der 45-jährige Rohner war im Juli 2007 an die Konzernspitze der UBS gerückt, als Peter Wuffli in einer Nacht-und-Nebel-Aktion seinen Posten räumte.

Reaktionen

Wirtschaftsministerin Doris Leuthard hat den Chefwechsel bei der UBS begrüsst. Die Bundesrätin gab sich zuversichtlich, dass das Vertrauen in die Grossbank zurückkehre. Als positiv bewertet Leuthard die internationale Vernetzung des früheren Credit-Suisse-Chefs.

Die Neubesetzung des UBS-Konzernchefs wird auch vom Eidg. Finanzdepartement (EFD) als positives Signal gewertet. Es ist zuversichtlich, dass mit dieser Wahl ein Beitrag zur Stabilisierung der Bank geleistet werde und das Vertrauen zurückgewonnen werden könne.

Fulvio Pelli, Präsident der Freisinnig Demokratischen Partei (FDP), hat sich erfreut über Grübels Ernennung geäussert. Mit Grübel habe die UBS eine Person gefunden, die sehr viel Kompetenz und Erfahrung sowie auch die notwendige Ruhe besitze, sagte der Tessiner Nationalrat.

Der Präsident der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Toni Brunner, sieht Grübels Amtsantritt als Zeichen dafür, dass es jetzt um den Bankenplatz Schweiz gehe und Animositäten zurückgestellt würden. Die SVP wiederholte die Forderung nach einer Umstrukturierung der Grossbank.

Christian Levrat, Präsident der Sozialdemokratischen Partei, betonte, frühere Äusserungen Grübels liessen immerhin darauf schliessen, dass er sich einen Finanzplatz ohne Steuerfluchtgelder vorstellen könne. Empört zeigte sich die Partei über das Drei-Millionen-Jahressälar, das der neue UBS-Chef bekommen soll.

swissinfo und Agenturen

Am Donnerstag ist eine Strafanzeige gegen die Grossbank UBS und die Finanzmarktaufsicht (Finma) wegen der Lieferung von Kundendaten an die US-Justizbehörden bei der Bundesanwaltschaft (BA) eingegangen.

Die Bundesanwaltschaft prüft diese Anzeige nun und klärt das weitere Vorgehen ab.

Weitere Angaben machte die Behörde nicht.

Der Bundesrat will ohne Verzug eine Strategie entwickeln, um die Interessen der Schweiz in der Bankenkrise zu wahren. Er setzt zu diesen Zweck einen Dreierausschuss der Landesregierung und eine Task Force mit Experten ein.

Dem von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz präsidierten Ausschuss gehören auch Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf und Aussenministerin Michelin Calmy-Rey an.

Laut Merz wird der Ausschuss in einer Arbeitsgruppe Experten zusammenführen, insbesondere solche des internationalen Rechts, des Steuerwesens und des Bankenwesens, darunter auch amerikanische.

Teil der Lösungssuche sei auch das bevorstehende Treffen von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf mit dem amerikanischen Justizminister, sagte Merz.

Der neue UBS-Chef Oswald Grübel bekommt ein fixes Jahresgehalt von 3 Mio. Franken.

Der zurückgetretene Konzernchef Marcel Rohner bekommt keine Abgangsentschädigung, bezieht aber für weitere 12 Monate seinen vertraglich festgelegten Lohn.

Das genaue bisherige Gehalt Rohners legte die Bank nicht offen.

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