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UBS-Prozess: Allfällige Einigung wäre eine Premiere

Keystone

Der für heute angesetzte UBS-Prozess in Miami ist vertagt worden, um eine aussergerichtliche Einigung zu ermöglichen. US-Anwalt Scott Michel hatte vor dem Entscheid eine Einigung als "äusserst ungewöhnlich" bezeichnet.

Richter Alan Gold gab am Montag dem gemeinsamen Gesuch von UBS und US-Behörden um Aufschub des Verfahrens über die Herausgabe von UBS-Kundendaten an die US-Steuerbehörden statt. Damit haben die beiden Parteien drei Wochen Zeit, sich aussergerichtlich zu einigen.

Sollten sie keine Lösung finden, findet die für Montag angesetzt gewesene Anhörung neu am kommenden 3. und 4. August statt.

Das swissinfo.ch-Gespräch mit US-Anwalt Scott Michel fand vor Bekanntgabe des Aufschubs durch das Bezirksgericht Florida von Montag statt.

swissinfo.ch: Bundesrichter Alan Gold, der die Parteien anhören soll, hatte von der US-Regierung wissen wollen, ob sie bereit wäre, die Vermögenswerte der UBS in den USA zu konfiszieren, falls die Schweiz der UBS, wie angekündigt, verbieten sollte, Daten an die US-Steuerbehörde (IRS) herauszugeben. Wie interpretieren Sie dies?

Scott Michel: Eine solche Anfrage, wie jene von Richter Gold, hat es noch nie gegeben. Nach meiner Einschätzung erkennt Gold eine gewisse Unschlüssigkeit in der Haltung der US-Regierung.

Auf der einen Seite nimmt Washington eine harte Linie im Rechtsstreit ein. Andererseits gibt es Gerüchte, wonach eine diplomatische Lösung nicht ausgeschlossen ist. Richter Gold versucht herauszufinden, ob die US-Regierung die UBS-Affäre wirklich gerichtlich verfolgen will. Er will keinen Gerichtsentscheid, den Washington nicht umsetzt.

swissinfo.ch: Der frühere Schweizer Bundespräsident und heutige UBS-Verwaltungsrats-Präsident Kaspar Villiger hat erklärt, die Affäre UBS-USA sei nicht mehr nur ein Konflikt zwischen der UBS und der IRS, sondern zu einer Affäre von Staat zu Staat geworden. Ein politischer Konflikt zwischen Washington und Bern?

S.M.: Das hofft zumindest die Schweiz. Die Anfrage von Bundesrichter Gold an die US-Regierung hat in Washington sicher entsprechende Diskussionen auf höchster Ebene ausgelöst.

swissinfo.ch: Welche Chancen hat eine aussergerichtliche Lösung, wie sie vom Schweizer Finanzminister und Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz erwähnt wurde?

S.M.: Es ist absolut verständlich, dass zu einem gewissen Zeitpunkt die beiden Parteien eine gütliche Beilegung diskutieren wollen. Aber hier geht es um eine Konfrontation zwischen unversöhnlichen Positionen. Die US-Regierung will die Namen von UBS-Klienten, was Bern als eine Verletzung des Schweizer Rechts betrachtet. Da gibt es keinen Mittelweg.

Ich wäre erstaunt, wenn die IRS ihre Forderung zurückziehen würde, auch wenn die UBS eine Busse akzeptieren würde. Wenn dies dennoch geschehen würde, hiesse das, dass die US-Regierung aufgrund ihrer aussenpolitischen Überlegungen zum Schluss gekommen ist, dass eine gütliche Beilegung des Konfliktes opportun ist.

Das heisst, wenn das US-Justizministerium und die IRS ein aussergerichtliches Abkommen aushandeln, müssen mindestens einige Namen von UBS-Klienten herausgegeben werden.

Wenn aber die Verhandlungen vom Aussenministerium oder dem Weissen Haus geführt werden, dann wird das Abkommen vielleicht gar keine Herausgabe von UBS-Klienten-Namen fordern.

swissinfo.ch: Was halten Sie von der Drohung des Schweizer Justizministeriums, die Namensliste der 52’000 UBS-Klienten in den USA zu konfiszieren, falls Richter Gold die Bekanntgabe derer Identität fordert?

S.M.: Was das Justizministerium sagt, ist wichtig. Im Prozessfall kann der Richter die Position der US-Regierung übernehmen und der UBS befehlen, die Namen der Kontoinhaber herauszugeben. Aber eine solche Anweisung des Richters hat keine Sanktionen zur Folge, ob die UBS nun gehorcht oder nicht.

Wenn die UBS nicht gehorcht, kann die IRS einen Antrag auf Beleidigung des Gerichtes erheben. In diesem Fall könnte sich die UBS auf die Erklärung des Schweizer Justizministeriums berufen und sagen, es sei ihr nicht möglich, dem Richter zu folgen, weil die Schweizer Regierung die Liste der UBS-Klienten in den USA beschlagnahmt habe.

Das ist ein absolut legitimer Verteidigungs-Mechanismus: Die Schweizer Regierung hilft der UBS, damit diese nicht bestraft wird, auch wenn die Bank einem Befehl des amerikanischen Bundesrichters nicht folgt. Wenn die ganze Sache so enden würde, dann hätte die IRS zwar den Kampf für einen gerichtlichen Befehl gewonnen, aber die Schlacht um die Herausgabe der UBS-Klienten-Namen verloren.

swissinifo.ch: Kommt es in den USA häufig vor, dass ein Prozess in einer aussergerichtlichen Vereinbarung endet?

S.M.: Ja. Man kann eine gütliche Beilegung aushandeln, während und sogar nach einem Prozess und einem Gerichtsentscheid. Aber dies kommt überhaupt nicht häufig vor, wenn die IRS ein Gerichtsurteil fordert.

Eine aussergerichtliche Einigung wäre sehr ungewöhnlich in einem Fall, in dem die IRS eine gerichtliche Aufforderung erreichen will, die eine Bank zur Herausgabe der Namen ihrer Kunden zwingt und keine Entschädigungsforderungen oder gerichtliche Folgen zu erwarten sind.

swissinfo.ch: Schadet der Fall UBS dem Image der Schweiz in den USA?

S.M.: Ich bin viel in der Schweiz. Ich habe dort Freunde. Ich liebe dieses Land. Ganz persönlich glaube ich, dass die Schweizer das tun, was sie für richtig halten. Die UBS-Frage ist von grosser Wichtigkeit für den Schweizer Finanzplatz.

In den USA denken gewisse Leute, die Schweiz wolle ihren Status als Steuerparadies schützen. Ich meinerseits glaube, dass die ganze Sache eher eine wirtschaftliche Frage ist, nicht unbedingt eine lebenswichtige, aber doch eine extrem wichtige.

Marie-Christine Bonzom, New York, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)

UBS in den USA

Beschäftigte: 27’000
Filialen: 414
Vermögenswerte: 600 Mrd. Fr., ein Drittel der weltweiten Vermögenswerte

Der amerikanische Anwalt Scott Michel ist ein Steuerrechts-Experte. Er vertritt die Interessen von hundert UBS-Klienten, die im Konflikt mit der US-Steuerbehörde IRS stehen.

Michel ist derzeit Leiter des renommierten Anwaltsbüros Caplin & Drysdale in Washington.

Er figurierte 2008 und 2009 auf der von der eigenen Berufskategorie erstellten Liste der «besten amerikanischen Anwälte».

Diplomiert an der Universität von Virginia, gilt Michel als internationaler Experte für Offshore-Steuerfragen.

Er tritt oft in Zürich und Genf als Berater oder Referent auf, insbesondere vor der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer.

Die UBS setzt derweil ihre Bemühungen zum Rückzug aus dem grenzüberschreitenden US-Geschäft fort. US-Kunden, die noch nicht auf den Ausstiegsplan der UBS reagiert haben, wird seit dem 1. Juli 2009 der Zugriff auf ihr Konto vorerst verwehrt.

Zehntausende von US-Kunden wurden in den letzten Monaten von der UBS angeschrieben und über den Plan informiert. Die US-Kunden wurden aufgefordert, der Bank mitzuteilen, ob die Depotwerte auf eine in der USA lizenzierte Gesellschaft überwiesen oder in Form eines Checks ausbezahlt werden sollen.

Die Kunden müssen davon ausgehen, dass die Transaktion den Steuerbehörden ihres Landes bekannt wird.

Da es sich bei einem ansehnlichen Teil der Vermögen um nichtdeklarierte Gelder handeln dürfte, riskieren die Betroffenen hohe Nachsteuern oder sogar Gefängnisstrafen.

Die UBS empfiehlt ihnen, eine freiwillige Deklaration zu erwägen.

Die US-Steuerbehörde IRS offeriert bis Ende September einen reduzierten Straftarif.

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