UBS zwischen innenpolitischen und globalen Zwängen
Die Reaktionen auf die Rekordverluste der UBS fallen vielschichtig aus: Politische Parteien empören sich über die Bonus-Politik und den staatlichen Auffang-Fonds. Bankexperten beurteilen die Resultate globaler. Die UBS-Aktie schliesslich legte zu.
Auf eine Dividende verzichtet die UBS dieses Jahr – doch die Boni in Höhe von 2,2 Mrd. Franken bleiben. Dies sorgt vor allem im Inland für Empörung.
Die Boni gingen im Vergleich zum Vorjahr um 78% zurück, im hochdefizitären Investmentbank-Geschäftsbereich sogar um 95%, so die Bank. Und von der Bonussumme seien knapp eine Milliarde Franken vertraglich vereinbart.
Weitere 1,16 Mrd. Fr. seien freiwillig. Sie gingen in erster Linie an Kundenberater des profitablen Geschäfts mit den Reichen. Und in diesem Geschäft, dem Wealth Management, hat die UBS (ausserhalb der USA) auch 2008 über 4,3 Mrd. Franken verdient.
Die Sozialdemokratische Partei (SP), die Grünen und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) sprechen der UBS jegliches Fingerspitzengefühl ab.
Die SP kritisiert die Boni scharf, «die Uneinsichtigkeit der UBS-Spitze ist ungebrochen».
Viel Malus dank Bonus
Die Grünen ihrerseits fordern den Kopf des Chefs der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Eugen Haltiner, weil er die Boni weiter zulasse. Sie schlagen der UBS auch gleich vor, sich vom Investment-Banking zu trennen. Für einmal gleicher Meinung ist auch der Gewerbeverband.
Er fordert ausserdem, dass auch Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der FINMA Einsitz nehmen. Ebenfalls einen FINMA-Einsatz fordert die Stiftung für Konsumentenschutz für Kleinanleger und Unabhängige.
Vorab-Boni in Amerika
Andererseits berichten Branchenmedien aus dem Finanzbereich wie die Financial Times (FT), dass die UBS in Amerika bei Konkurrenzbanken wie Merrill Lynch, Morgan Stanley und Citigroup Kundenberater abwerbe und dabei Vorab-Boni offeriere – wie das in den USA die Regel sei.
Denn in den USA richte sich die Bezahlung von Beratern nach den von ihnen produzierten Einnahmen aus Kommissionen. So seien laut von der FT befragten Insidern in den letzten Monaten 400 neue Broker zum 8000 Mitarbeiter grossen Netzwerk der UBS gestossen – sehr zum Missfallen der US-Konkurrenz.
Offenbar wolle die UBS in den zur Zeit tiefroten Bereichen des US-Investmentbankings und der Vermögensverwaltung ihre Position halten, und folge dabei Regeln, die zu Hause in der Schweiz kaum auf Verständnis stiessen.
Doch das Geschäft mit den vermögenden Privaten sei immer schon eine Stärke der Schweizer Banken gewesen, leide aber unter den hohen Verlusten im Investment-Banking, schreibt Financial Times Deutschland.
«Keine Emotionen schüren»
Es sei verständlich, dass bei den Bürgern über Bonuszahlungen und vergangene Fehler der UBS Wut herrsche, sagte Stefan Brupbacher, Generalsekretär der Freisinnigdemokratischen Partei (FDP).
«Allerdings sollten die Parteien nicht Emotionen schüren, sondern die Interessen der Steuerzahler schützen.» Brupbacher sieht erste Anzeichen eines notwendigen Kulturwandels bei der Lohnpolitik der UBS. Die Bank habe immerhin im Januar 2009 Neugelder erhalten.
Die FDP begrüsst auch die Reduktion der Gesamtlohnsumme der UBS um 36% sowie die drastische Kürzung der variablen Lohnbestandteile.
SNB-Fonds – da scheiden sich die Geister
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfe nicht nur Schrott erhalten, schreibt die SP im weiteren in ihrer Reaktion.
So kommentiert die Partei den am Dienstagmorgen bekannt gewordenen Umstand, dass die SNB von der UBS deutlich weniger Risiko-Papiere als letzten Herbst geplant, übernehmen muss.
Die Risiko-Zweckgesellschaft, im Oktober 2008 zu Stande gekommen, sah einen Auffang-Fonds in der Höhe von 60 Mrd. Dollar vor, die die SNB an faulen Wertschriften übernommen hätte. Nun werden es höchstens 39,1 Millarden sein.
Die Beurteilung dieser um 20 Milliarden verkleinerten Wertberichtigung geht völlig auseinander: Im Gegensatz zur SP sprechen Finanzanalysten von einem Zeichen der Stärke. Denn anders als die UBS stehe die SNB nicht unter Zeitdruck: Sie könne warten, bis sich die Lage an den Märkten wieder beruhige.
Von der Christlich-Demokratischen Volkspartei (CVP) hingegen wird die Verkleinerung des Stabilitätsfonds begrüsst: Dass man weniger an die Nationalbank auslagere, sei positiv, urteilt die CVP. Denn damit sinke das Risiko für den Staat.
Kritisch äussert sich die CVP zu den 1,2 Mrd. Franken, die die UBS als Boni auszahlen wolle. Die Partei will von der FINMA wissen, in welche Geschäftsfelder und Länder dieses Geld fliesse. «Begrüssenswert ist, dass die UBS-Führung keine Boni erhält.»
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Schweizerische Nationalbank
Amerika abtrennen oder nicht?
Am Dienstag wurde auch bekannt, dass sich die UBS in zwei neue Unternehmensbereiche gliedere: «Wealth Management & Swiss Bank» und «Wealth Management Americas». Damit bekenne sich die Bank zu allen Unternehmensbereichen und zu ihrer Strategie, urteilen Finanzmedien – womit das Investment-Banking inbegriffen wäre, trotz Stellenabbau.
Laut dem Bankenexperten Manuel Ammann von der Uni St. Gallen «wäre es jedoch sinnvoller, die UBS würde ihr Amerika-Geschäft ganz abtrennen.» Mit ihrer geplanten Umstrukturierung belasse die Bank «vieles beim Alten».
Ammann findet die Umstrukturierung zwar grundsätzlich einen richtigen Ansatz. Doch hätten die Massnahmen weiter reichen können. Der Entscheid der Abtrennung des Amerika-Geschäfts sei nicht gefallen, so Ammann. Doch die Voraussetzung dafür seien geschaffen worden.
swissinfo, Alexander Künzle und Agenturen
Auch die Schweiz ist vom Stellenabbau bei der UBS betroffen.
Bis Ende 2009 sollen laut UBS-Chef Marcel Rohner 600 bis 800 Arbeitsplätze wegfallen.
Wobei sich der Abbau nicht nur auf den Investmentbank-Bereich beschränke (dieser sorgte für die grossen Verluste).
Es seien vielmehr alle Geschäftsbereiche betroffen, so Rohner.
Ende 2008 hat die UBS in der Schweiz rund 26’400 Mitarbeitende beschäftigt.
Der Rekordverlust der UBS 2008 ist allein zwei Geschäftsbereichen zuzuschreiben.
Defizitär waren das Investment-Banking (in den USA) mit fast 33,7 Mrd. und die US-Vermögensverwaltung mit 700 Mio. Franken.
Mit der übrigen Vermögensverwaltung verdiente die UBS über 4,3 Mrd. Franken.
Das Schweizer Bankengeschäft mit Unternehmen (Business Banking) ergab 2,5 Milliarden Profite.
Die Vermögensverwaltung für institutionelle Verwaltung (Asset Management) ergab Gewinne von 1,3 Mrd.
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