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Umweltorganisationen kritisieren Basler Chemie

Greenpeace-Aktivisten bei einer Protest-Aktion im Mai 2000 in Bonfol. Keystone Archive

Umweltorganisationen kritisieren das Konzept der Basler Chemie zur Sanierung der jurassischen Sondermülldeponie Bonfol scharf. Sie bezeichnen das Projekt als ungenügend und fahrlässig.

Der Standortkanton Jura will sich erst im Juni äussern.

Die im «Collectif Bonfol» zusammengeschlossenen Umwelt-Organisationen fordern den Rücktritt der Projektleitung und verlangen eine unabhängige Projekt-Organisation.

Das von der Basler Chemischen Industrie (BCI) erarbeitete Konzept zur Sanierung der Sondermüll-Deponie bezeichneten sie an einer Medienorientierung als Besorgnis erregend.

«Das Sanierungskonzept ist ungenügend. Es entspricht in keiner Art und Weise dem aktuellen Stand der Techniken zur Sanierung verseuchter Deponien», klagt Philippe Riat vom WWF Schweiz gegenüber swissinfo.

Vor vier Jahren hätten Greenpeace-Aktivisten in Bonfol auf den maroden Zustand der Sondermülldeponie aufmerksam gemacht, sagte Stefan Füglister, stellvertretender Geschäftsleiter Greenpeace Schweiz.

Die Basler Chemische Industrie (BCI) habe darauf versprochen, ihre Verantwortung uneingeschränkt wahrzunehmen und alles zu tun, um Risiken für Mensch und Umwelt dauerhaft auszuschliessen.

Industrie hält Projekt für machbar

Die BCI hält ihrerseits an der Machbarkeit ihres Projekts fest. Diese sei durch Fachexperten bestätigt. Das Projekt berücksichtige auch sämtliche Umweltaspekte wie auch die der Arbeitssicherheit.

«Die Härte der Vorwürfe überrascht mich ein wenig. Andere Experten haben unser Projekt gutgeheissen. Wir müssen daran weiterarbeiten und verschiedene Details regeln», führt Projektleiter Michael Fischer im Gespräch mit swissinfo aus.

Die Industrie hat ihr Sanierungs-Konzept im vergangenen Dezember eingereicht. Es sieht vor, die rund 150’000 Tonnen Abfälle bis im Jahr 2013 auszuräumen und in Anlagen im europäischen Ausland verbrennen zu lassen. Die Kosten der Sanierung werden auf 280 Mio. Franken geschätzt.

Die Zeit eilt

Ihre Kritik stützen die Umwelt-Organisationen auf ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten. Dieses kommt zum Schluss, dass das BCI-Projekt nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht und die Durchführung zu gefährlich wäre.

Die Gutachter kritisieren unter anderem die Absicht, den ausgegrabenen Chemiemüll trotz möglicher Explosivstoffe schreddern zu lassen. Kein Verständnis zeigen sie auch für den Verzicht auf eine Abluftreinigung beim Aushub: Dabei werde die Luftreinhalteverordnung verletzt.

Nach Meinung der Gutachter wären bei dem Konzept auch die bei der Sanierung beschäftigen Arbeiter nicht ausreichend geschützt.

Die Gutachter mahnen aber auch zur Eile. Entgegen den Aussagen der BCI werde der lehmige Untergrund der Deponie von auslaufenden Flüssigkeiten immer stärker belastet. Damit werde ein Durchbruch giftiger Chemikalien ins Grundwasser immer wahrscheinlicher.

Auch Frankreich betroffen

Alain Fousseret, grüner Politiker aus der Region Franche-Comte,
machte darauf aufmerksam, dass der grösste Teil des verschmutzen
Sickerwassers aus Bonfol nach Frankreich abfliesse.

Deshalb sei Frankreich mindestens zu 120 Prozent betroffen. Es sei selten, dass für einmal alle Experten zum selben Urteil kämen, nämlich dass das Sanierungsprojekt schlampig erarbeitet worden und über weite Strecken unbrauchbar sei.

Nach Angaben der Umweltverbände wird das BCI-Projekt auch von den vom Standort-Kanton Jura eingesetzten Experten kritisiert. Der Kanton hat angekündigt, er wolle erst im Juni zum Sanierungsprojekt Stellung nehmen. Ende April hatte er allerdings von der BCI Ergänzungen zum
Projekt verlangt.

Die Gemeinde Bonfol will vorerst einmal zuwarten: «Für uns steht die Frage im Zentrum, wieso die einen Experten alles falsch sehen und die andern alles richtig. Wir warten nun die Position des Kantons ab», sagt Jean Claude Hennet, Sprecher der Gemeinde Bonfol gegenüber swissinfo.

swissinfo und Agenturen

Die Chemische Industrie versorgte von 1961 bis 1976 Abfälle in der Sondermüll-Deponie Bonfol im Kanton Jura.

Auf einer Fläche von 20’000 m2 sind 114’000 Tonnen Abfälle gelagert.

Seit 1976 wird in Bonfol kein Abfall mehr gelagert. Die Deponie wurde zugeschüttet und das Gelände wieder aufgeforstet.

1980 traten in Bonfol verschiedene Probleme auf. Die Deponie erwies sich als nicht wasserdicht, und es besteht die Gefahr der Grundwasser-Verschmutzung.

In den Jahren 1986 bis 1995 wurde Bonfol für 28 Mio. Fr. saniert. Die Probleme blieben teilweise bestehen.

Vor vier Jahren verpflichtete sich die Industrie zu einer definitiven, nachhaltigen Sanierung der Sondermülldeponie.

Im Dezember 2003 legte die Chemische Industrie Basel ein Sanierungs-Projekt vor. Voraussichtliche Kosten: 280 Mio. Fr.

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