Unterstützung für Wolfowitz als Weltbank-Chef
Trotz heftiger Kritik an der Nominierung von Paul Wolfowitz für den Vorsitz der Weltbank stellt sich Bundesrat Joseph Deiss hinter dessen Kandidatur.
Deiss zeigte sich nach einer Anhörung mit dem umstrittenen Vize-Verteidigungsminister der USA beeindruckt, er habe ein «sehr gutes Gefühl».
«Ich denke, dass die Schweiz die Kandidatur von Paul Wolfowitz für diesen Posten unterstützen wird», erklärte Deiss nach der Anhörung in Brüssel. Wolfowitz habe einen «sehr guten Eindruck» hinterlassen bei der Beantwortung zahlreicher Fragen aus dem europäischen Lager. Die Antworten seien zufriedenstellend gewesen.
Laut Deiss sind zwei Elemente wichtig: Der Multilateralismus und die Arbeit mit Nichtregierungs-Organisationen (NGO).
Als Falke kritisiert
Die Nominierung von Wolfowitz war bei Politikern in Europa sowie bei Entwicklungshilfe- und Menschenrechtsgruppen auf Kritik gestossen. Wolfowitz gilt als Falke innerhalb der Bush-Verwaltung und als stellvertretender US-Verteidigungsminister gehörte er zu den intellektuellen Wegbereitern des Irak-Krieges.
Deiss hatte in der Funktion eines Gouverneurs der Weltbank an der Anhörung des Amerikaners teilgenommen. Der Bundesrat folgte damit einer Einladung des luxemburgischen Premierministers und gegenwärtigen EU-Ratsvorsitzenden Jean-Claude Juncker an die europäischen Weltbank-Gouverneure.
Multinationale Mannschaft
An der Anhörung erklärte der designierte Weltbank-Präsident, er wolle nach seinem Amtsantritt auf eine «multinationale» Führungsmannschaft an der Spitze der Organisation setzen. «Es ist sehr wichtig, dass das führende Management der Bank die Tatsache widerspiegelt, dass sie eine multilaterale Institution ist», sagte Wolfowitz.
Die Frage, ob er einen Europäer als Stellvertreter ernennen werde, liess er offen. Er habe für sein Führungsteam die Absicht, «die besten Talente aus aller Welt zu suchen», erklärte Wolfowitz.
Die Europäer hatten trotz Kritik schon in der vergangenen Woche beim EU-Gipfel keinen offenen Widerstand gegen Wolfowitz› Ernennung mehr geäussert. Stattdessen stellten sie Personalforderungen.
Konkrete Vorschläge
Frankreich hatte nach Angaben von Diplomaten bereits zwei konkrete Personalvorschläge für den Stellvertreter-Posten gemacht, den zur Zeit der Chinese Shengman Zhang innehat. Zudem sprach sich Paris dafür aus, einen weiteren Posten an einen Vertreter aus einem Entwicklungsland zu vergeben.
Bei den französischen Kandidaten handelt es sich zum einen um den Chef des Pariser Clubs der Gläubiger-Staaten, Jean-Pierre Jouyet. Der zweite Favorit ist Jean-Pierre Landau, Vordenker der von Frankreichs Präsident Jacques Chirac vorgeschlagenen internationalen Steuer zur Finanzierung von Entwicklungshilfe.
Wolfowitz will laut eigenen Angaben berücksichtigen, dass Europa als Ganzes der wichtigste Geldgeber der Weltbank sei. Die Institution müsse «aber auch die ganze Vielfalt der Geber und Empfänger widerspiegeln». Wolfowitz betonte weiter, es gebe für die Weltbank-Führung gute Köpfe in Europa, aber auch «einige beeindruckende Leute in der sich entwickelnden Welt».
Er freue sich darauf, ein wirklich multinationales Team von Mitarbeitern zusammenzustellen. «Ich brauche alle Hilfe, die ich kriegen kann», sagte Wolfowitz.
swissinfo und Agenturen
Die Weltbank hat den Auftrag, in den Entwicklungsländern die Armut zu bekämpfen und den Lebensstandard zu verbessern.
Um die Armut zu verringern, gewährt sie Ländern mit tiefen und mittleren Einkommen Kredite, politische Beratung, technische Unterstützung und sorgt für einen Wissenstransfer.
Sie fördert zudem das Wachstum, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und armen Menschen damit eine neue Chance zu verschaffen.
Nach einem Volksentscheid trat die Schweiz 1992 der Weltbank-Gruppe bei, zu der auch der Internationale Währungsfonds gehört.
Dort vertritt sie eine Stimmrechtsgruppe von insgesamt acht Ländern, die Helvetistan genannt wird.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch