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Victory ist gekommen, um zu bleiben

Stumpf schärft den Blick für weitere Übernahmen. Keystone

Die österreichische Beteiligungsgesellschaft Victory habe nach der Übernahme von OC Oerlikon und Saurer die skeptischen Schweizer überzeugt, erklärt Miteigentümer Georg Stumpf im Gespräch.

Victory hatte während des langwierigen und emotionalen Übernahmekampfes um den Technologiekonzern Oerlikon, damals Unaxis, 2005 für reichlich negative Schlagzeilen gesorgt.

Die Übernahmen von Oerlikon und im Jahr darauf des Fahrzeugteile-Herstellers Saurer hatten in der Schweiz den Ruf nach neuen Übernahme-Gesetzen verstärkt. Käufer würden demnach ihre Identität früher preisgeben müssen, als heute üblich.

Doch der Österreicher Georg Stumpf, Mitbesitzer und Verwaltungsratspräsident der OC Oerlikon, glaubt, dass die Welle der Entrüstung nach der Präsentation der besten Zahlen des Maschinenbau-Konzerns seit sechs Jahren am Dienstag vorüber ist.

Stumpf sagt, dass die Beteiligungsgesellschaft Victory zusammen mit dem russischen Millionär Viktor Vekselberg und seiner Renova Group weitere Firmenübernahmen plane. Doch tiefer in die Karten lässt er sich nicht blicken.

swissinfo: Waren Sie überrascht von der negativen Reaktion bei ihrem Eintritt in die Schweizer Wirtschaft?

Georg Stumpf: Als wir Anfang 2005 erstmals in der Schweiz aufgetreten sind, gab es viel Skepsis und Kritiker sagten, man wüsste nicht, was wir planen würden.

Ich verstehe diesen Standpunkt, denn die Oerlikon, damals Unaxis, war in dieser Zeit eine strategisch wertvolle Anlage. Falls eine fremde Gruppe die Kontrolle über eine derart beliebte Schweizer Firma übernimmt, kommt es verständlicherweise zu einem Erdbeben.

Zuerst waren die Kommentare äusserst kritisch, dann eher neutral. Nun sehen die Leute, das wir tun, was wir versprochen haben und nicht einfach mit dem Bargeld das Weite gesucht haben. Es wird anerkannt, dass wir den Konzern weiterentwickeln und vorwärts bringen. Wir sind gekommen, um zu bleiben.

swissinfo: Würden Ihre Aktivitäten durch die vorgeschlagenen Änderungen der Übernahme-Regeln in der Schweiz behindert? Grosse Aktienkäufer sollen früher identifiziert werden.

G.S.: Wir planen unsere Aktivitäten nicht nach Übernahme-Gesetzen. Sie sind eine Formalität, die wir einhalten müssen. Doch unsere Aktivitäten sind strategisch motiviert.

Wir machen weltweit Geschäfte, und überall sind die Regeln etwas anders, jedoch immer innerhalb einer gewissen Bandbreite. Falls die Schweiz ihr Übernahme-Gesetz gemäss den letzten Informationen anpassen würde, wäre es sehr gut mit dem derzeitigen Stand in England zu vergleichen. Also nichts besonderes.

swissinfo: Wie ist Ihre Beziehung zu Viktor Vekselberg und Renova, sind Sie Geschäftspartner?

G.S.: Als wir erstmals bei Oerlikon eingestiegen sind, war das nicht geplant, denn es war zu früh. Die Beziehung zu Renova entstand Anfang 2006, und wir haben nun eine sehr stabile Basis erreicht.

Als Herr Vekselberg, ein ausgezeichneter Geschäftsmann, der ein gewaltiges Konglomerat aufgebaut hat, unsere Art der Geschäftsführung kennen lernte, dachte er, das sei strategisch etwas sehr Interessantes und wollte ein Teil davon werden.

swissinfo: Werden Sie bei zukünftigen Übernahmen zusammenarbeiten?

G.S.: Ja, wir werden bei zukünftigen Übernahmen und Fusionen zusammenspannen.

Dies ist eine Geschäftsbeziehung, die auf Vertrauen und Erfolg aufgebaut ist – eine grossartige Basis für alles andere.

swissinfo: Kann Vekselberg für Oerlikon und Saurer den Zugang zum russischen Markt erleichtern?

G.S.: Russland ist ein sehr wichtiger Markt und es werden eine Menge Ding geschehen dort.

Wir denken, dass wir mit Herrn Vekselberg nicht besser positioniert sein könnten. Dies ist eine ausgezeichnete Basis, um in Russland und den zentraleuropäischen Märkten zu expandieren.

swissinfo-Interview: Matt Allen, Zürich

Am Dienstag hat der Technologiekonzern Oerlikon für 2006 einen Gewinn von rund 302 Mio. Fr. gemeldet, gegenüber 21 Mio. Fr. im Jahr 2005.
Ein Grossteil des gesteigerten Gewinns sei der Übernahme von Saurer und der darauf folgenden Umstrukturierung zuzuschreiben.
Der Österreicher Georg Stumpf besitzt über seine in Wien beheimatete Firma Millennium die Hälfte von Victory.
Die andere Hälfte gehört seinem Landsmann Ronny Pecik.
Das «OC» (für One Company) im Namen «OC Oerlikon» wird nur aus juristischen Gründen geführt, im Marktauftritt soll das Kürzel nicht vorkommen.

Die Leichtigkeit, mit der private Beteiligungsgesellschaften wie Victory und Renova Schweizer Traditionsunternehmen übernommen haben, führte zum Ruf nach strengeren Übernahme-Gesetzen.

Heute kann ein Käufer unbekannt bleiben, wenn er maximal 4,99% der Aktien einer Firma gekauft hat. Weitere 4,99% an Optionen – Verträge, die dem Besitzer den Aktienkauf zu einem späteren Zeitpunkt erlauben – sind ebenfalls erlaubt, ohne die Identität preiszugeben.

Zudem können Käufer theoretisch eine unbegrenzte Anzahl von Barauszahlungs-Optionen einer Schweizer Firma kaufen – Verträge, die gegen Bargeld oder Aktien umgetauscht werden können.

Die neuen Vorschläge würden die Identität eines Käufers ab 3% von Aktien und Optionen zusammen verlangen und das Schlupfloch mit den Barauszahlungs-Optionen schliessen. Diese Regeländerungen könnten ab Hebst in Kraft treten.

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